Er hat am vergangenen Wochenende beim 24. Internationalen Läufermeeting in Pliezhausen für eine große Überraschung gesorgt: Timo Benitz. Der 22-Jährige gewann mit einem unwiderstehlichen Schlussspurt die 1.000 Meter in 2:16,90 Minuten, schlug den WM-Fünften Homiyu Tesfaye und katapultierte sich damit auf Rang elf in der ewigen deutschen Bestenliste. Jetzt hat der Läufer der LG farbtex Nordschwarzwald die EM-Norm (3:37,70 min) über 1.500 Meter im Visier.
Er riss die Arme hoch, ballte die Faust und sprintete mit dem EM-Maskottchen „Cooly“ auf die Ehrenrunde. Timo Benitz wusste im Ziel gar nicht wohin mit seinen Emotionen. 2:16,90 Minuten war der 22-Jährige am Sonntag in Pliezhausen über 1.000 Meter gelaufen. Fast sechs Sekunden schneller als seine bisherige Bestzeit und so schnell wie kein deutscher Läufer seit 1993. Damals lief Jens-Peter Herold 2:16,52 Minuten.
Noch wichtiger als die Zeit war Benitz aber der Sieg. Kein Wunder. Der Deutsche Vizemeister des Jahres 2011 über 800 Meter hatte soeben den WM-Fünften über 1.500 Meter, Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt), den U20-Europameister über 800 Meter, Patrick Zwicker (LC Rehlingen), und den Deutschen Hallenmeister über 800 Meter, Andreas Lange (LG Reinbeck-Ohe), bezwungen und damit auch den Bundestrainer überrascht. „Mit dem Ausgang habe ich wirklich nicht gerechnet. Das ist ein Leistungssprung für Timo“, sagte Jens Boyde.
Den WM-Fünften überholt
Auch der Sieger selbst konnte es kaum fassen. „Von dieser Zeit habe ich nicht einmal geträumt“, sagte Benitz, der sich lange Zeit klug in der Mitte des Feldes aufgehalten hatte und erst auf den letzten 300 Metern den Turbo zündete.
Stück für Stück schob sich der 22-Jährige mit seinen kurzen Schritten und seiner hohen Frequenz an Tesfaye heran. „150 Meter vor dem Ziel wusste ich, dass ich gewinnen kann. Wenn die anderen dir entgegenkommen, vergisst du einfach das ganze Laktat in den Beinen“, sagte Benitz, der die letzte Runde in 54 Sekunden absolvierte.
Training allein
Den Grund für die Leistungssteigerung machte Benitz sofort aus: „Ich bin verletzungsfrei durch den Winter gekommen und habe gut trainiert.“ Und das obwohl er alles andere als Profi-Bedingungen hat. An der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Friedrichshafen studiert Benitz Luft- und Raumfahrttechnik. Ein Studiengang, der viel Zeit in Anspruch nimmt.
„Der Junge hat echt viel zu tun und verdient Respekt dafür, dass er Sport und Studium so gut unter einen Hut bekommt“, lobt Boyde den 22-Jährigen, der mit der Situation ganz gut zurechtkommt. „Ich trainiere allein, dann kann ich trainieren, wenn es mir zeitlich am besten passt und muss mich an niemandem orientieren. Optimal ist das natürlich nicht, aber es geht schon.“
Nur selten zwei Einheiten am Tag
Bei einer Arbeitswoche von 35 Stunden bleibt Benitz so meistens nur am Wochenende und in Trainingslagern Zeit für zwei Trainingseinheiten pro Tag. 100 bis 160 Wochenkilometer kommen so zusammen. Das nächste Ziel hat Benitz auch schon ins Visier genommen. „Ich will zur EM“, sagt der 22-Jährige.
Dafür muss Benitz über 1.500 Meter 3:37,70 Minuten laufen. Am 11. Juni soll der erste Angriff in Dessau erfolgen. „Eigentlich sollte ich das schaffen“, sagt Benitz. Auch der Mittelstrecken-Bundestrainer ist sich sicher: „Mit dieser 1.000-Meter-Zeit sollte das kein Problem sein.“ Boyde geht sogar noch einen Schritt weiter. „Genau solche Leute wie Timo brauchen wir. Mit seinem Kick kann man auch bei internationalen Meisterschaften Medaillen holen.“
Woher Benitz seine hervorragenden Endspurtfähigkeiten hat, weiß er gar nicht genau. „Ich will einfach gewinnen, ganz egal, was ich fühle oder wie groß der Schmerz ist. Ich will einfach unbedingt gewinnen“, sagt Benitz, der weiß, dass ihm sein Kick gerade in großen Rennen hilft. „Ich kann mich auf meinen Kick verlassen. Nur deswegen kann ich während des Rennens so entspannt bleiben und muss mir keinen Kopf machen.“
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<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift