Doping und kein Ende - der russische Sport kommt aus den Negativ-Schlagzeilen nicht heraus. Bei den Nachkontrollen von den Olympischen Spielen 2008 sind gleich 14 russische Sportler betroffen. Darunter auch Anna Chicherova, die Hochsprung-Olympiasiegerin von London.
Russland versinkt immer tiefer im Dopingsumpf und muss mehr denn je den Ausschluss von den Olympischen Spielen in Rio fürchten. Gut zwei Wochen nach Bekanntwerden des mutmaßlichen Skandals um die systematische Manipulation von Dopingproben bei den Winterspielen in Sotschi 2014 wurde die Sportnation am Dienstag von den nächsten Negativ-Schlagzeilen erschüttert. Gleich 14 russische Athleten stehen bei den Nachkontrollen der Sommerspiele 2008 in Peking unter Dopingverdacht. Das berichtet das Nationale Olympische Komitee von Russland (ROC) und gab bekannt, dass betroffene Athleten die Öffnung der B-Proben am 31. Mai und 1. Juni in Lausanne erwirken könnten.
Als erster Name wurde der von Hochsprung-Olympiasiegerin Anna Chicherova publik, die 2008 Bronze geholt und vier Jahre später in London Gold gewonnen hatte. „Anna hat vor drei Tagen eine Nachricht erhalten, dass ihre Probe von den Olympischen Spielen in Peking bei einem Nachtest positiv war“, sagte ihr Trainer Yevgeny Zagorulko laut AP gegenüber der russischen Nachrichtenagentur TASS. Allerdings befände sich der Fall noch in der Entwicklungsphase, eine Bestätigung läge noch nicht vor, ergänzte Zagorulko.
Athleten aus zwölf Ländern und sechs Sportarten
Bei den 14 verdächtigen russischen Peking-Teilnehmern sollen in erster Linie Leichtathleten betroffen sein, wie TASS berichtet. Auf welche Mittel die Athleten positiv getestet wurden, ist bislang nicht bekannt. Auch das IOC hat aus taktischen Gründen darauf verzichtet, in welche Richtung die Nachkontrollen abzielten. Die Aktion war aber offenbar ein voller Erfolg.
Damit stammt fast die Hälfte der in Nachkontrollen verdächtigen Proben von russischen Sportlern. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte jüngst mitgeteilt, dass durch verfeinerte Testverfahren zu den Spielen in China 31 Proben auffällig geworden waren. Namen wurden zunächst nicht genannt, deutsche Sportler sollen nicht darunter sein. Die betroffenen Athleten kommen aus zwölf verschiedenen Ländern, sechs Sportarten sind betroffen.
Sörgel fordert harte Strafe, Mutko wehrt sich
Allen voran aber wieder die russischen Sportler. Es ist die Fortsetzung einer nicht enden wollenden Skandal-Serie. Kein Wunder, dass immer mehr Sportler, Funktionäre und Fachleute einen Olympia-Bann für Russland fordern, wie etwa Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel. „Alles andere als eine saftige Strafe, wie ein Ausschluss von den Spielen in Rio, würde doch niemand mehr verstehen. Nur das würde zumindest kurzfristig Wirkung zeigen und anderen Ländern eine Warnung sein. Russland gehört auf die Anklagebank“, sagte Sörgel der Deutschen Presse-Agentur.
Derartigen Forderungen trat der russische Sportminister Witali Mutko sogleich entgegen. „Wenn das ganze Team in Rio suspendiert wird, kehren wir zu Zeiten der Boykotte zurück. Der Staat hat niemals Doping unterstützt“, sagte Mutko. Doch es könnte in Sachen Dopingskandale noch schlimmer für Russland kommen. Innerhalb der nächsten zwei Wochen sollen die Nachanalysen von den Sommerspielen in London vorliegen.
IAAF entscheidet am 17. Juni
Dass bei den Peking-Proben wieder zahlreiche russische Athleten betroffen sein sollen, ist für Sörgel keine Überraschung. „Es ist lediglich der Beweis, dass all die schlimmen Vorfälle, die in den letzten zwei Jahren bis in die letzten Tage bekannt wurden, Teil eines über viele Jahre praktizierten Staatsdoping waren. Wenn man noch andere Proben aus anderen Wettbewerben seit Peking hätte, könnte man die Doping-Geschichte Russlands sogar lückenlos darstellen.“
Der Welt-Leichtathletik-Verband IAAF will am 17. Juni entscheiden, ob die Suspendierung der russischen Leichtathleten aufgehoben oder die Sperre bis über die Olympischen Spiele in Rio hinaus verlängert wird.
Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)
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