| ISTAF Indoor Berlin

Armand Duplantis verfehlt Weltrekord hauchdünn, Zernikel glänzt als Dritter mit Bestleistung

Das 9. ISTAF Indoor Berlin hat am Freitag wieder einmal eindrucksvoll gezeigt, dass Weltklasseleichtathletik auch vor wenig Publikum möglich ist. Ein nahezu perfektes Rennen mit Hallen-WM-Norm über 60 Meter zeigte Sophia Junk. Für ein Highlight sorgte einmal mehr der Überflieger und Olympiasieger im Stabhochsprung, Armand Duplantis aus Schweden. Erst im letzten Moment fiel die Latte auf einer neuen Weltrekordhöhe dann doch noch runter. Im Weitsprung belegten Merle Homeier und Olympiasiegerin Malaika Mihambo weitengleich die Plätze zwei und drei.
Jane Sichting

Die Feuerwerfer flammten auf und das Publikum setzte bereits zum Applaus an, als die Latte doch noch von der Halterung fiel. Armand Duplantis versteckte das Gesicht kurz hinter seinen Händen – nur hauchdünn hatte er es in diesem Moment verpasst, seinen eigenen Weltrekord auf 6,19 Meter zu steigern. Übersprungene 6,03 Meter bedeuteten für den Olympiasieger aus Schweden bei seiner Premiere in der Mercedes-Benz-Arena am Ende immerhin noch Weltjahresbestleistung und Meetingrekord. Diesen hatte zuvor kein Geringerer als der Franzose Renaud Lavillenie, Duplantis' Vorgänger als Weltrekordhalter, inne.

Sich hinter dem Überflieger aus Schweden keinesfalls verstecken muss sich der Deutsche Meister von 2021, Oleg Zernikel (ASV Landau). Das ISTAF Indoor Berlin erwies sich wie bereits im Vorjahr als gutes Pflaster für den 26-Jährigen. 2021 sprang er hier mit 5,72 Metern auf Platz drei, am Freitag steigerte er diese Hallen-Bestleistung um satte neun Zentimeter und überquerte im ersten Versuch 5,81 Meter. „Jede Höhe im ersten Versuch, das ist ein gutes Zeichen. Heute hat vieles sehr gut funktioniert. Mein Ziel ist es, mich von Jahr zu Jahr weiter zu steigern. Es war schön, heute wieder vor Zuschauern zu springen. Das hat geholfen“, sagte Zernikel. Auch seinen Freiluft-Hausrekord von 5,80 Metern konnte der Olympia-Finalist in Berlin überbieten und erfüllte auf den Zentimeter genau den Richtwert für die Hallen-WM in Belgrad (Serbien; 18. bis 20. März). Zwischen Duplantis und Zernikel schob sich als Zweiter der US-Amerikaner KC Lightfoot, der 5,92 Meter meisterte.

Mit seiner Leistung nicht zufrieden war Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen). Übersprungene 5,70 Metern bedeuteten für ihn Platz fünf: „5,70 Meter ist keine schlechte Höhe, aber ich traue mir mehr zu.“ Leider nicht an seine Saisonbestleistung anknüpfen konnte der Zweite des Vorjahres, Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen). Der Deutsche Hallenmeister von 2021 musste den Stab bereits nach übersprungenen 5,45 Metern wieder einpacken.

Sophia Junk mit Hallen-WM-Norm auf Platz drei

Was für ein Finale über 60 Meter der Frauen! In persönlicher Bestzeit nach 7,15 Sekunden als Erste über die Ziellinie sprintete die zweimalige Olympia-Bronzemedaillengewinnerin mit der britischen 4x100 Meter-Staffel Daryll Neita. Platz zwei sicherte sich ebenfalls in persönlicher Bestleistung (7,28 sec) die Italienerin Zaynab Dosso, Dritte wurde die aktuell schnellste Deutsche Sophia Junk (LG Rhein-Wied). Ihre 7,29 Sekunden bedeuteten nicht nur Bestzeit, sondern auch Hallen-WM-Norm. „Ich habe versucht, alles zu geben. Das Publikum hat heute total beflügelt. Mit persönlicher Bestleistung kann man stolz sein“, sagte sie noch am Hallenmikrofon.

Mit 7,33 Sekunden und damit Rang fünf meldete sich nach 1.099 Tagen ohne Hallen-Wettkampf Gina Lückenkemper (SCC Berlin) in der Mercedes-Benz-Arena auf der blauen Bahn zurück. Zwar waren ihre Rennen noch nicht ganz rund und „ausbaufähig“, wie sie sagte, doch von einem gelungenen Auftakt in ihre kurze Hallensaison könne man trotzdem sprechen: „Ich hatte viel Spaß. Der Vorlauf war nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich bin an der technischen Umsetzung gescheitert und habe meinem Trainer geschrieben, dass ich in Schönheit gestorben bin. Ich habe zwar endlich mal reagiert, was ich sonst nicht so gut hinbekomme. Aber danach hat das Feuer gefehlt. Das ist mir im Finale besser gelungen. Für den ersten Hallenwettkampf nach über 1.000 Tagen kann ich mit 7,33 Sekunden zufrieden sein, das war ein Schritt in die richtige Richtung.“

Ebenfalls rasant ging es im Finale über 60 Meter der Männer zu. Seiner Favoritenrolle gerecht geworden ist der zweifache Olympiasieger Lamont Marcell Jacobs (Italien). Der Start in Berlin war für ihn der erste nach seinem Doppel-Triumph über 100 und 4x100-Meter in Tokio (Japan). Musste er sich im Vorjahr noch mit Platz zwei zufriedengeben, lief er am Freitag in europäischer Jahresbestleistung von 6,51 Sekunden der Konkurrenz davon. Der ivorische Top-Sprinter und Vorjahressieger Arthur Cissé (6,60 sec) belegte Platz zwei vor Jimmy Vicaut (Frankreich, 6,61 sec). Der Deutsche Rekordhalter Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar) wurde in 6,66 Sekunden Vierter, Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV; 6,71 sec) rannte auf Platz sechs.

Knapper Weitsprung mit dem besten Ende für Khaddi Sagnia

Für den zweiten schwedischen Sieg des Abends sorgte im Weitsprung Khaddi Sagnia: Im fünften Durchgang gelang ihr ein Satz auf 6,68 Meter. Damit verdrängte sie die bis dahin mit 6,59 Metern führende Merle Homeier (LG Göttingen) auf Platz zwei. Mit nur zwei gültigen Versuchen verlief der Wettkampf für Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) noch nicht wie gewünscht. Einzig beim letzten Versuch traf sie das Brett und landete nach 6,66 Metern.

Nach dem letzten Sprung von Merle Homeier musste Mihambo Rang zwei allerdings wieder abgeben: Die Göttingerin flog auf den Zentimeter genau gleich weit und schob sich mit dieser neuen Hallen-Bestleistung dank des besseren zweiten Versuches wieder an der Welt- und Europameisterin vorbei. „Die 6,66 Meter waren in Ordnung. Was ich gemerkt habe, war, dass mir der Sprint vorher sehr gut getan hat. Ich war sehr schnell im Anlauf. Ich habe einiges ausgetestet, das hat sich gut angefühlt. Das ist die Hauptsache“, resümierte Malaika Mihambo.

Anne Weigold auch ohne Finaleinzug zufrieden

Der schnellste Mann durch den 60 Meter langen Hürdenwald war am Freitagabend Olympiafinalist Aurel Manga aus Frankreich. In 7,62 Sekunden setzte er sich vor dem Niederländer Koen Smet (7,68 sec) und Rafael Pereira (7,68 sec) durch. Der Brasilianer überzeugte noch im Vorlauf mit neuem Südamerikarekord (7,58 sec). Für Routinier Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) standen am Ende 7,69 Sekunden und Platz vier.

Ohne deutsche Beteiligung fand das Finale über 60 Meter Hürden der Frauen statt. In 7,99 Sekunden siegte Reetta Hurske (Finnland) vor der Niederländerin Zoë Sedney (8,05 sec) und Landsfrau Nooralotta Neziri (8,08 sec). Nach ihrem starken Saison-Einstieg mit Hallen-WM-Norm in Chemnitz war Anne Weigold (LG Mittweida; 8,11 sec) in Berlin trotz Vorlauf-Aus zufrieden: „Der Lauf war nicht so schön und rund. Die erste Hürde war nicht ganz sauber, da bin ich zu nahe aufgelaufen. Es war schwierig, danach den Rhythmus wieder zu finden. Die WM-Norm habe ich schon abgehakt, da freue ich mich drauf.“ Wieder ein Stück näher zur alten Leistungsstärke ging es für Cindy Roleder. Die Athletin vom SV Halle steigerte ihre Saisonbestleistung auf 8,21 Sekunden.

Meeting-Direktor Martin Seeber sagte zum Abschluss: „Ein herzliches Dankeschön an die Athletinnen und Athleten und an die Fans, dass sie Berlin diesen tollen Leichtathletik-Abend geschenkt haben. In diesen herausfordernden Zeiten war das ISTAF Indoor in der Sportmetropole ein wunderschöner Lichtblick. Wir haben überragende Leistungen erlebt – und der Weltrekord im Stabhochsprung hat sprichwörtlich gewackelt.“

Die vollständigen Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik ...

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