| Erdgas Mehrkampf-Meeting

Arthur Abele hat Großes vor

Schrader, Behrenbruch, Freimuth, Kazmirek, Knobel, Müller, Prey: Diese Zehnkämpfer hatte man für einen EM-Start in Zürich auf dem Zettel. Einige Ambitionen haben sich zwar längst verletzungsbedingt zerschlagen. Dafür will sich ein schon Fast-Vergessener am Wochenende beim Erdgas Mehrkampf-Meeting in Ratingen den Weg nach Zürich bahnen: Arthur Abele. Der Ulmer hat Großes vor.
Martin Neumann

Redet man im Vorfeld wichtiger Wettkämpfe mit den Athleten über Minimalziele, Hoffnungen im Optimalfall oder die zurechtgelegte Taktik, bekommt man häufig nur Standardantworten zu hören. Worte wie Tagesform, Wettkampfrhythmus oder Konkurrenzsituation fallen. Da ist das Gespräch mit Arthur Abele vor dem Mehrkampfmeeting dieses Wochenende in Ratingen eine erfreuliche Ausnahme.

Der Ulmer Zehnkämpfer geht voller Selbstbewusstsein ins Rennen um die EM-Tickets, die ab 8.050 Punkten zu haben sind: „Ich bin in einer sensationellen Form. Da sollte schon eine persönliche Bestleistung drin sein.“
Der verbale Fehdehandschuh Richtung Rico Freimuth (SV Halle; 8.317 Punkte in Götzis) und Pascal Behrenbruch (LG Eintracht Frankfurt; in Götzis nach einer Erkrankung ausgestiegen) ist geworfen.

Kai Kazmirek verzichtet

Das Duo plus Abele scheinen die in Ratingen aussichtsreichsten drei Anwärter auf (wohl) nur noch zwei Startplätze bei der EM in Zürich Mitte August zu sein. Denn U23-Europameister Kai Kazmirek hat nach seiner 8.471-Punkte-Vorgabe von Götzis die Fahrkarte Richtung Letzigrund schon fast sicher. Auf einen Start in Ratingen verzichtet er.

„In der Euphorie dieses Punktestands hatte er zwar gesagt, auch in Ratingen antreten zu wollen, doch es galt abzuwägen, ob so eine Belastung vor der EM richtig wäre oder Reha nicht besser ist“, erklärte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen.

Sprint mit Rückenwind

Als dritter deutscher Zehnkämpfer übertraf Johannes Hock (TSV Bayer 04 Leverkusen) bei den US-Studentenmeisterschaften Mitte Juni mit 8.092 Punkten die EM-Norm. Er ist aber nur in Zürich dabei, sofern nach Kazmirek und Freimuth kein weiterer Athlet die Vorgabe übertrifft. Ein äußerst unwahrscheinliches Szenario, zumal in Ratingen bei Gegenwind die 100 Meter entgegengesetzt gelaufen und so keine Punkte eingebüßt werden.

Abeles Angriffslust kommt umso überraschender, da er seit Jahren von einer Verletzung zur nächsten eilte und zwischen 2009 und 2012 gar keinen Zehnkampf beendete. So wird er zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder in Ratingen dabei sein. 2008 hatte er sich dort mit 8.372 Punkten für die Olympischen Spiele qualifiziert.

Danach folgten die „Seuchenjahre“ mit Schambeinentzündung, diversen muskulären Problemen, und, und, und. Lediglich 2013 hatte er mit 8.251 Punkten als Deutscher Meister in Lage für Aufsehen gesorgt. Doch vor vier Wochen in Götzis musste er erneut passen – der Oberschenkel streikte.

Offensiv ins Rennen

Nun also der Angriff auf die deutsche Zehnkampf-Elite. „Ich habe im Training eine Bestleistung nach der anderen aufgestellt. Die Konkurrenz soll ruhig wissen, dass ich gut drauf bin“, gibt sich der Schützling von Christopher Hallmann selbstbewusst.

Und genau diese Sätze nimmt man dem Ulmer ab. Schließlich kennt er nach den ganzen Verletzungen seinen Körper ganz genau, weiß, welche Trainingsreize ansprechen. Daraus leitet der 27-Jährige eine einfache Zielstellung ab: „Ich will das Ding in Ratingen rocken.“

Hürden-Gala

Die ersten Testwettkämpfe verliefen im Frühjahr sehr vielversprechend. So sprintete Abele die 110 Meter Hürden – seine Paradedisziplin – in Neuwied in 13,66 Sekunden. Damit fehlen ihm nur zwölf Hundertstel zur EM-Norm der Spezialisten. Auch im Stabhochsprung – eine seiner durchschnittlichen Disziplinen – hat er den Schalter umgelegt. Früher kam er zu spät im Anlauf auf Touren, nun startet er nicht mehr aus dem Stand, sondern aus einem langsamen Angehen. „So halte ich meine Hüfte höher und muss nicht mehr so viel Druck machen, um meine Zwischenmarken zu treffen“, erklärt Abele. Ein geschmeidiger Anlauf für neue Höhenflüge.

Ohnehin ist der zweite Tag der bessere des Ulmers. Mit Diskus und Speer kommt er sehr gut zurecht, über 1.500 Meter kann er der Konkurrenz 15 bis 20 Sekunden abnehmen. Schneller als seine 4:15,35 Minuten aus dem Jahr 2008 war noch kein Zehnkämpfer in Ratingen. „Die letzten Disziplinen sind mein Druckmittel“, weiß Abele und lacht. Für den ersten Tag hat er sich mindes-tens 4.200 Punkte zum Ziel gesetzt.

EM ohne den Titelverteidiger?

Da werden Europameister Pascal Behrenbruch, der Olympia-Sechste Rico Freimuth sowie die EM-Außenseiter Norman Müller (Hallesche LAF) und Matthias Prey (SC Rönnau 74) im wahrsten Sinne des Wortes einen Zehnkampf hinlegen müssen, um den Rückkehrer zu stoppen. Denn im Vorbeigehen macht keiner von ihnen 8.350 bis 8.400 Punkte.

Abele glaubt, dass in diesen Regionen die EM-Tickets vergeben werden. Sollte der Ulmer am Sonntagnachmittag seine Form in Punkte umgemünzt haben, darf man sich schon jetzt auf das Gespräch vor dem EM-Zehnkampf in Zürich freuen.

<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift

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