| Trainingslager IV

DLV-Springer fliegen über den Rasen von Potchefstroom

Schönes Wetter, tolle Gegend und viel Schweiß: Nach der Hallensaison heißt es für die Top-Athleten Grundlagen, Athletik und Kraft für eine erfolgreiche Sommersaison aufbauen – das geht am besten in klimatisch günstig gelegenen Trainingslagern. Wir haben die verschiedenen Disziplingruppen aufgespürt und nachgefragt, wie die Vorbereitung läuft. Heute: die Springer in Potchefstroom (Südafrika).
Pamela Ruprecht

Fast ein kleines Höhentrainingslager haben die DLV-Springer im südafrikanischen Potchefstroom hinter sich. Vom 16. März bis zum 4. April waren sie als Sprung-Team zum ersten Mal in der 43.000-Einwohner-Stadt in der Mitte des Landes, die rund 1.500 Meter über dem Meeresspiegel liegt. „Wir sind begeistert von den Trainingsmöglichkeiten hier“, sagt der Leitende Bundestrainer Sprung Uwe Florczak. „Es gibt eine feste 400-Meter-Grasbahn, auf der man gelenkschonend laufen und springen kann.“ Zusätzlich befinden sich auf dem Gelände Kunststoffbahnen mit Weitsprung- und Dreisprung-Gruben sowie Hochsprung-Anlagen und ein sehr gut ausgestatteter Kraftraum.

Alles ist vom Gästehaus Ma Cachette, in dem das DLV-Team untergebracht ist, fußläufig erreichbar. Ein komplettes Leichtathletik-Stadion gibt es in zwei Kilometern Entfernung. „Potchefstroom ist sicher eine gute Alternative zu Stellenbosch“, sagt Uwe Florczak. In Stellenbosch hatte parallel Hochsprung-Bundestrainerin Brigitte Kurschilgen mit ihren Athleten die Zelte aufgeschlagen. Unter anderem mit dabei: Olympia-Teilnehmer Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen) und U18-Europameister Lucas Mihota (SG DJK Rosenheim).

Mini-Höhen-Effekt bemerkbar, aber nicht leistungsrelevant

Aufgrund der Lage von Potchefstroom benötigen die Athleten ungefähr drei Tage zur Eingewöhnung, in denen sie das Training etwas ruhiger angingen. Für die Leistungsfähigkeit der Springer – anders als bei den Läufern – spielt der Höhen-Effekt, der so richtig erst jenseits der 2.000 Meter zum Tragen kommt, jedoch keine explizite Rolle. „Bei uns ist der Höhen-Effekt sicher zu vernachlässigen“, meint Uwe Florczak über seine Disziplingruppe. Spürbar war die höhere Lage vor allem durch einen höheren Herzschlagbei den Tempoläufen. Auch dem Leitenden Bundestrainer fiel bei seinem dreimal wöchentlichen Jogging auf, dass er pro Kilometer zehn bis 15 Sekunden langsamer war als sonst.

Stattdessen besteht die Vermutung, in der Höhe ein bisschen schneller sprinten und höher und weiter springen zu können („was man allerdings kaum merkt“). Ein Beispiel: der sensationelle 8,90-Meter-Weltrekord-Sprung von Bob Beamon (USA) bei den Olympischen Spielen 1968 in der Höhe von Mexiko-City, der erst 1991 von Mike Powell (USA) auf 8,95 Meter verbessert werden konnte.

Mit den Bedingungen und dem Verlauf des Camps zeigt sich Uwe Florczak ziemlich zufrieden. Das Wetter sei über den gesamten Zeitraum „top“ gewesen, mit Sonnenschein und Temperaturen um 30 Grad. „Wir sind guter Dinge. Was ich gesehen habe, gefällt mir gut.“ In der spezifischen Phase stehen Schnelligkeitsausdauer, Maximalkraft und Mehrfachsprung-Entwicklung im Mittelpunkt. Ende April geht es zur Leistungsausprägung (Schnelligkeits- und Technikausbildung) nach Monte Gordo (Portugal).

Marie-Laurence Jungfleisch kommt mit gutem Gefühl zurück

In Potchefstroom trainierten diesmal die Trainingsgruppen von Dreisprung-Bundestrainer Charles Friedek und Hochsprung-Teamleiter Tamas Kiss. Friedek betreute neben seinen Weitsprung-Schützlingen Alexandra Wester und Alyn Camara (beide ASV Köln) auch Dreispringerin Jenny Elbe (Dresdner SC 1898). Kiss arbeitete mit Weitspringer Fabian Heinle, den Hochspringern Marie-Laurence Jungfleisch (beide VfB Stuttgart) und Martin Günther (LG Eintracht Frankfurt), der U20-WM-Sechsten im Weitsprung Anna Bühler (Unterländer LG) und Nachwuchs-Dreispringer Benjamin Gassioui (VfB Stuttgart). Außerdem dabei: Nadja Käther (Hamburger SV), Neunte der EM 2016 und Heim-Athletin von Uwe Florzcak.

Eine positive Trainingslager-Bilanz zog Marie-Laurence Jungfleisch. „Ich fühle mich gut und hoffe, dass die Vorbereitung auf die Freiluftsaison erfolgreich weiter verläuft“, berichtet die Olympia-Siebte im Hochsprung. „Wir waren sehr oft im Kraftraum und haben uns auf allgemeine Sprünge und längere Läufe konzentriert.“ Daneben wurde die Schrittgestaltung optimiert. Die Stimmung unter den Athleten sei gut gewesen, auch wenn sich aufgrund des hohen Pensums gegen Ende langsam die Müdigkeit einschlich.

Ihr Trainingspartner Fabian Heinle freut sich, dass sein Schambein keine Probleme mehr macht. „Wir konnten eigentlich alles nach Plan absolvieren“, erzählt der U23-Europameister im Weitsprung. „Die härtesten Einheiten waren für mich die Läufe, da ich nach der langen Zeit ohne richtiges Training meine Kondition verloren habe.“ Umso mehr Spaß machten ihm die Mehrfachsprünge. In der anstehenden Saison will sich der 22-Jährige bei Weiten um die acht Meter stabilisieren. „Und dann ist natürlich die WM in London das große Ziel.“

Alexandra Wester zu 90 Prozent auf der Grasbahn

Für Hallen-EM-Teilnehmerin Alexandra Wester lohnte sich der Aufenthalt ebenso. „Das Trainingslager hier in Potch war optimal, um eine gute Grundlage zu schaffen. Ich bin so viel barfuß gejoggt, gerannt und gesprungen wie noch nie. Die sehr ebene Grasbahn erlaubt es einem halt“, sagt die 23-Jährige, die zu 90 Prozent auf dem Rasen trainierte. Auch im Kraftraum ließ sie die Turnschuhe weg, „da jetzt einfach die Füße und damit mein Kapital gestärkt werden müssen“, erklärt die Olympia-Starterin. Die Tempoläufe seien nicht so ihr „Lieblingsding“, aber gemeinsam mit Jenny Elbe meisterte sie an ihrem Geburtstag auch die 300 Meter.

Entspannen konnte die Weitspringerin bei einem Kaffee oder mit einer Kugel Eis. Für Abwechslung sorgten Ausflüge: Ob in den Freizeitpark, auf Safari in die wilde Natur oder in die Stadt Johannesburg mit Zimmer-Kollegin Marie-Laurence Jungfleisch. „Südafrika ist kulturell vielfältig, wenn auch noch gespalten. Es war mir daher wichtig, die freie Zeit richtig zu nutzen und mehr von den Sehenswürdigkeiten, dem Flair sowie den Menschen mitzubekommen“, meint Alexandra Wester.

Gregor Traber trainiert für Traum vom WM-Finale

Neben den deutschen Springern wählten auch Hürdensprinter Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) mit Coach Marlon Odom und Bundestrainer Jan May oder Langhürdler Felix Franz (LG Neckar/Enz) Potchefstroom zur Saisonvorbereitung. Dazu tummeln sich zahlreiche internationale Top-Athleten an der Anlage: 2,42-Meter-Hochspringer Bohdan Bondarenko (Ukraine), die südafrikanische 800-Meter-Olympiasiegerin Caster Semanya oder die Speerwerfer des tschechischen Weltrekordlers Jan Železný. Die DLV-Speerwerfer mit Teamleiter Boris Obergföll kommen zu einem späteren Zeitpunkt.

Vom intensiven Training dort in der Sonne profitiert momentan Gregor Traber. „Über den Winter haben wir viel an der Grundlage gearbeitet, vor allem im Fitness- und Kraftbereich. Die neu gewonnene Power versuchen wir nun auf die Bahn zu bekommen“, sagt der Olympia-Halbfinalist von Rio de Janeiro (Brasilien), der sich gerade auf die drei Blöcke Sprint, Hürde und Sprünge konzentriert. „Die Bedingungen dazu sind hier perfekt.“

Der 24-Jährige hatte sich nach der kräftezehrenden Olympiasaison bewusst dafür entschieden, keine Hallensaison zu bestreiten und den Fokus im Winter auf das Studium und die Schaffung einer guten Basis für den Sommer zu legen. Sein Ziel für die Weltmeisterschaften: „In London möchte ich ins Finale. Dafür trainiere ich. Wichtig ist mir dabei, jeden Moment zu genießen und dankbar zu sein." Ein Lernprozess. "Durch die vielen Rückschläge und Verletzungen gehe ich nun entspannter an das Ganze ran und kann es besser wertschätzen.“ Gregor Traber freut sich wie viele Athleten auf die Freiluft-Saison 2017.

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