| Todestag

Ein Jahr nach Christian Fuchs – wir erinnern uns

„Wenn ihr dahin kommt, wohin ich gegangen bin, werdet ihr euch fragen, warum ihr geweint habt.“ Mit diesem Zitat aus dem Roman „Der kleine Prinz“ hat sich Christian Fuchs auf seiner eigenen Trauerfeier verabschiedet. Heute vor einem Jahr ist der Gründer von leichtathletik.de nach schwerer Krankheit im Alter von 43 Jahren verstorben. Was ist von ihm geblieben? Freunde, Wegbegleiter und ehemalige Kollegen erinnern sich. Ein gemeinsames Danke, Christian.
Alexandra Dersch

Peter Schmitt – DLV-Mediendirektor

„Hallo Christian, auch wenn Du nicht mehr in unserer Welt lebst, in unserem Herzen bist Du nach wie vor lebendig. Vor einem Jahr hast Du Dich für immer verabschiedet, doch so ganz wirst Du uns nie verlassen. Dein Lieblingskind leichtathletik.de wächst und gedeiht und Du kannst Dich zusammen mit uns freuen. Dein Stern leuchtet jetzt auf einem anderen Planeten, aber die Erinnerungen an Dich bleiben für immer. Vor einem Jahr durfte ich den Nachruf auf Dich schreiben, einer der schwersten Momente für mich seit ich beim DLV bin. Dieser Artikel war der meistgelesene Artikel 2018 auf leichtathletik.de, was zeigt wie sehr die Leichtathletik-Familie Dich geschätzt hat. An Deinem ersten Todestag sende ich Dir ein Gedicht von Rainer Maria Rilke:“

„Dass wir erschraken, da du starbst, nein, dass
dein starker Tod uns dunkel unterbrach,
das Bisdahin abreißend vom Seither:
das geht uns an; das einzuordnen wird
die Arbeit sein, die wir mit allem tun.“

Silke Bernhart - Leiterin Digitale Medien

„Eine Trauerkarte mit seinem Foto und eine Kerze. Sie liegen noch immer bei mir zuhause im Regal – scheinbar die letzten Erinnerungen an Christian Fuchs. Aber doch nur die materiellen. Er hat viele Spuren hinterlassen, in so vielen Leben, aber doch besonders auch in meinem. Es war 2008, als ich erst eine Absage und dann doch eine große Chance bekam: Keine feste Stelle bei leichtathletik.de, aber die Möglichkeit, als Freie im Team mitzuarbeiten. Mit der Mail von Christian Fuchs nahm mein Leben eine neue Richtung. Das wusste ich damals noch nicht, aber das weiß ich heute, da ich seit nunmehr fünf Jahren seine Nachfolgerin als Projektleiterin von leichtathletik.de bin. Die Chance, die Christian mir gab, hat in mir die Liebe zur Leichtathletik neu geweckt, und jetzt bestimmt sie sowohl beruflich als auch privat meinen Alltag. Christian ist dabei weiterhin an meiner Seite. Ich kann ihn nicht mehr anrufen, und ich kann mich nicht mehr mit ihm austauschen. Aber immer wenn ich feststecke oder wenn knifflige Entscheidungen zu treffen sind, dann frage ich mich: Was hätte Christian gemacht? Ja, er ist nicht mehr unter uns. Und doch sitzt er immer noch irgendwie, ein ganz kleines bisschen, mit am Steuer seines 'Babys'. Wer ihn gekannt hat, der weiß: Das ist keine schlechte Sache.“

Alexandra Dersch - Online-Redakteurin leichtathletik.de

„Es muss im Herbst 2007 gewesen sein, als Christian mich in Dortmund besucht hat. Um ein Eishockeyspiel zu sehen, seine zweite große Liebe neben der Leichtathletik. Es war aber auch der Besuch in einer Stadt, der uns zurück zu den Anfängen unserer Zusammenarbeit führte. In Dortmund war es nämlich auch, dass ich 2001 als 16-jährige Schülerin erstmals für leichtathletik.de unterwegs war. Danny Ecker war gerade über sechs Meter gesprungen, als mich Christian zum Interview mit ihm in den Innenraum schickte. Es war der Beginn einer Zusammenarbeit, aus der trotz unserer Unterschiede mit der Zeit eine Freundschaft wuchs. Was konnten wir diskutieren. Zwei Charaktere, zwei Meinungen. Aber so sehr er von seiner eigenen Meinung überzeugt war, er hatte die Stärke, die Meinung des anderen auszuhalten. Sie stehen zu lassen. Und sich im Zweifel von der Mehrheit überstimmen zu lassen. Eine Eigenschaft, die ich ihm als Kopf dieser Redaktion auch immer als Stärke hoch angerechnet habe. Es war eine Freundschaft, die für mich auch nach seiner letzten Whatsapp-Nachricht kurz nach Silvester 2018 fortbesteht. Heute vor einem Jahr ist nicht nur der geniale Kopf hinter leichtathletik.de, der Perfektionist und Gründer gestorben, sondern vor allem ein toller Mensch. Du fehlst.“

Pamela Lechner – Online-Redakteurin leichtathletik.de

„Ich erinnere mich gerne an meinen ersten internationalen Redaktions-Einsatz beim Diamond League-Finale Ende August 2015 in Zürich, zu dem ich mit dem Zug angereist bin. Christian arbeitete zu dieser Zeit für die Presseabteilung des renommierten Meetings und holte mich vom Bahnhof ab. Er begleitete mich netterweise zum Medien-Hotel direkt neben dem Stadion, wo bald die Auftakt-Pressekonferenz mit den internationalen Stars stattfinden sollte. Christian war entspannt, gut gelaunt und erzählte mir auf dem Weg die ein oder andere Anekdote aus seinem Leichtathletik-Erfahrungsschatz. Er animierte mich, bei der Pressekonferenz doch auch eine Frage an die Athleten zu stellen. So fragte ich Jamaikas Sprint-Queen Shelly-Ann Fraser-Pryce, ob sie in Zukunft auch mal wieder die 200 Meter laufen werde. Insgesamt hatte ich durch Christian eine super Medien-Betreuung während des tollen Zürich-Aufenthalts. Danke dafür!“

Jan-Henner Reitze – Freier Mitarbeiter bei leichtathletik.de

"Mir bleibt Christian einerseits als mein Chef in Erinnerung, den ich als 'achtarmig' bezeichnet habe. Er war immer so viel schneller als ich und konnte mehrere Kanäle, Mitarbeiter sowie Wettkämpfe gleichzeitig inhaltlich, organisatorisch und technisch bearbeiten. Mit zwei Armen geht das gar nicht.

Auch auf persönlicher Ebene bleiben viele besondere Erinnerungen an die Reisen zu internationalen Meisterschaften mit ihm. In Helsinki blieb er im Gegensatz zu mir ganz ruhig, als wir spät am Abend ins Straßenbahndepot gefahren sind statt zu unserer Unterkunft. In Prag war er dank seiner Ortskenntnisse der perfekte Reiseführer. Ein bisschen abenteuerlich, aber auch humorvoll wie selten war unsere Reise zur Hallen-EM im März 2017 in Belgrad. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass Christian nur ein dreiviertel Jahr später nicht mehr gelebt hat."

Christian Klaue - Associate Communications Direktor des IOC

"Seine letzte Nachricht kam am Heiligen Abend 2017 per WhatsApp. Es war ein Foto vom Weihnachtsbaum verbunden mit herzlichen Grüßen. Seit ich Christian im Jahr 2001 das erste Mal angerufen hatte, um für steeple.de einen Bericht über das Dom-Springen in Köln anzubieten, waren wir in regelmäßigem Austausch. Nicht nur, dass wir in den Leichtathletik-Stadien dieser Welt für leichtathletik.de gemeinsam auf den Tribünen saßen und später auch in meiner Zeit beim SID eng zusammen arbeiteten, wir sahen uns auch darüber hinaus regelmäßig. Ein Telefonat alle zwei, drei Wochen war Pflicht. Die Welt der Leichtathletik faszinierte uns beide, wir gingen gelegentlich zusammen zum Eishockey und philosophierten über das Leben. So unterschiedlich wir auch waren, so ähnlich dachten wir doch.

Den Austausch, die gemeinsamen Erlebnisse - all das vermisse ich. Und trotzdem fühle ich mich ihm weiter nahe. Dabei hilft die Musik. Christian plante stets im Voraus, so auch seine Trauerfeier, die im tiefen Schnee von Stallwang am Rande des Bayerischen Waldes am 20. Januar 2018 stattfand. Drei hochemotionale Lieder hatte sich Christian dafür gewünscht: I'll fly away von Joey Feek, die selbst an Krebs gestorben war, Down to the river to pray von Alison Krauss und Weit weit weg von Hubert von Goisern. Drei Lieder, die mich seit diesem Tag regelmäßig begleiten. Du bleibst unvergessen, Christian.“

Christian Ermert - Geschäftsführender Chefredakteur laufen.de

"Es war 2007. Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Osaka. Tagsüber war es superheiß in Japan. Aber da schien wenigstens noch die Sonne und sorgte dafür, dass sich die Luftfeuchtigkeit in Grenzen hielt. Nach Sonnenuntergang blieb es heiß. Und wurde fast unerträglich schwül. Vor allem auf der Pressetribüne unter dem Dach des Stadions. An so einem Abend präsentierte Christian seine neueste japanische Errungenschaft. Einen Mini-Ventilator, der über den USB-Anschluss des Notebooks mit Strom versorgt wurde und so dafür sorgte, dass Christian bei seiner Arbeit bis spät in die Nacht immer von einem kühlenden Lufthauch umfächelt war. So war er: Immer bereit, sich für technische Neuheiten zu begeistern, die seine Arbeit noch besser machten."

Anja Herrlitz – Redaktionsleiterin laufen.de

"Ich erinnere mich noch genau an einen Frühsommertag 2005, als ich auf dem Parkplatz eines Elektrofachgeschäfts einen Anruf von Christian bekam. Ob ich mir vorstellen könne, mit ihm zur WM nach Helsinki zu fahren und von dort zu berichten. Überlegen musste ich nicht lange, eigentlich gar nicht. Für mich als Studentin, die seit rund zwei Jahren als freie Mitarbeiterin bei leichtathletik.de aushalf, war das ein riesiges Ding und eine unglaubliche Chance, die Christian mir da bot. Also bewohnten wir im August 2005 zusammen mit Fotograf Theo Kiefner eine Wohnung nahe des Stadions in Helsinki. Zwar zeigte sich der finnische Sommer nicht von seiner besten Seite und ich trug zeitweise einen Großteil meiner Kleidung gleichzeitig oder saß in Plastik gehüllt bibbernd auf der Tribüne. Zwar begann der Arbeitstag für uns meist gegen acht und endete nicht vor zwei oder drei Uhr. Und zwar waren die Arbeitsbedingungen damals noch andere – Wifi hatten wir nicht, Christian und ich teilten uns zum Onlinestellen der Artikel ein Kabel, das wir abwechselnd in unsere Laptops steckten. Für mich war es aber eine unglaublich spannende Zeit, in der ich – vor allem von Christian – viel gelernt habe, in der ich viel Spaß hatte und die mich für meinen weiteren Weg sicherlich geprägt hat. Insofern hat Christian nicht unerheblichen Anteil daran, wo ich heute stehe."

Martin Neumann – ehemaliger Redaktionsleiter Zeitschrift „Leichtathletik“

"Christian war nicht nur von seiner Statur her der „Fels in der Brandung“, sondern auch von seinem Naturell. Egal wie quirlig es in der Mixed-Zone einer großen Meisterschaft zuging: Er behielt immer die Ruhe. Eine Eigenschaft, die in der Hektik des journalistischen Alltags von unschätzbarem Wert ist. Auch nach vielen langen Stunden im Stadion hatte er stets gute Laune und freute sich schon auf den nächsten Tag mit neuen Herausforderungen. Selbstverständlich war es für ihn, einem Kollegen zu helfen, wenn dieser beispielsweise ein Zitat von Sportler X benötigte. Christian hat mit seiner charmant-professionellen Art die Leichtathletik-Szene bereichert. Er fehlt uns."

Harald Koken, Freier Mitarbeiter bei leichtathletik.de

"Es war ein Sonntag Mitte Februar 2017. Am Rande der Deutschen Hallenmeisterschaften saßen wir beisammen, um das Vorgehen bei den zwei Wochen später stattfindenden Hallen-Europameisterschaften in Belgrad zu besprechen. Klar war, dass Christian vor Ort sein und aus der Mixed Zone O-Töne zuliefern würde, die ich im Home Office verarbeiten sollte. Was ich damals nicht ahnte: Es war unsere letzte Begegnung. Und ein Telefonat am EM-Samstag unser letztes Gespräch. Während ich mich am heimischen Schreibtisch auf die bald beginnenden Wettkämpfe einstimmte, wählte ich versehentlich Christians Nummer. „Was gibt’s, Harald?“ meldete er sich. Was ich geantwortet habe, weiß ich nicht mehr. Die Erinnerung ist aber noch mehr als wach – auch an seinen typisch niederbayerischen Akzent."

Ivo Koken – Digital Communication Manager Weltklasse Zürich

„Wir sehen uns spätestens im August“, sprach Christian ins Telefon. Seine letzten Worte, an die ich mich erinnern kann. Gemeint war ein gemeinsamer Einsatz bei Weltklasse Zürich, dem Diamond League Finale in der Schweiz. Christian hatte einst den Kontakt zwischen den Meeting-Machern und mir hergestellt und dafür war ich ihm beim nächsten Treffen mindestens ein Bier schuldig. Dazu hatten wir uns gerade verabredet, doch es kam nicht mehr dazu. Kurz zuvor hatten wir noch über unser vermeintlich erstes Aufeinandertreffen gescherzt. Es lag gut zehn Jahre zurück. Ich interviewte als junger Schüler beim Leverkusener Bayer Meeting Weltklasse-Hammerwerfer Markus Esser. Als wäre ich nicht nervös genug gewesen, tauchten neben mir Kameras und weitere Mikrofone auf und zeichneten alles auf. Ein Foto entlarvte später den Mann, der neben mir stand: Christian Fuchs."

Niels Michalk (geb. Bubel) - Freier Mitarbeiter bei leichtathletik.TV

"Christian hat mich seit unserem ersten Kontakt im Herbst 2008 immer wieder aufs Neue inspiriert, motiviert und ist in meinem Leben ein ganz besonderer Mensch für mich gewesen. Auch nach unserer Zusammenarbeit für leichtathletik.TV blieben wir in Kontakt. Sein Tod hat nichts daran geändert, dass ich mich mit ihm eng verbunden fühle. Christian zeichnete ein tolles Gespür aus. Er war ein Vordenker und hat uns als Kollegen sein Vertrauen geschenkt. Dafür habe ich ihn sehr bewundert.“

Lukas Ziegler – Medieninformatiker / Red Bull Media House

"Ein Mensch, der unserer Zeit um einige Jahre voraus war. Christian bin ich das erste Mal bei der Sparkassen Gala in Regensburg begegnet, und seither verband uns eine gemeinsame Vision für die Zukunft der Leichtathletik im Internetzeitalter. Basierend auf seiner Vision half ich ihm 2008 das Projekt leichtathletik.TV umzusetzen. Laut Christian waren wir bereits einige Jahre hinten dran mit dem Portal, rückwirkend betrachtet waren wir anderen deutschsprachigen Portalen um einige Schritte voraus. Von ihm zu lernen, war eine große Bereicherung. Er war ein Visionär und prägt mich als Person und in meiner Arbeitsweise noch immer."

Dirk Gantenberg – Fotograf

„Ich erinnere mich gerne noch an die EM 2002 in München. Es war meine erste internationale Meisterschaft mit Christian Fuchs. Er hatte sie mir ermöglicht, obwohl ich damals noch nicht professionell fotografiert habe. Am meisten hat mich immer an Christian beeindruckt, wie er aus wenigen Informationen einen lebhaften Bericht schreiben konnte. Außerdem überzeugte mich seine Multitasking-Fähigkeit. Er konnte sich auf der Pressetribüne mit mehreren Leuten unterhalten, während er einen Artikel schrieb."

Ewald Walker – Freier Mitarbeiter von leichtathletik.de

"Das blaue T-Shirt im Kleiderschrank mit der Aufschrift 'steeple' ist nicht irgendeines – es ist ein Erinnerungsstück an Christian Fuchs, den Gründer des DLV-Online-Magazins 'leichtathletik.de', das in den 90er Jahren unter dem Namen „steeple“ gestartet war. Christian Fuchs hatte mich mit dem T-Shirt als Mitarbeiter geworben für eine Sache, die zu seinem Lebenswerk werden sollte. Gemeinsam haben wir in Stadien auf der Pressetribüne oder in Mixed-Zonen gestanden und diskutiert, Artikel abgesprochen, gefachsimpelt, die Leichtathletik analysiert und in die Zukunft geschaut. Christian war ein überaus angenehmer Gesprächspartner, immer mit (s)einem Lächeln im Gesicht…

Und dann standen wir am 20. Januar 2018 plötzlich im bayrischen Wetzelsberg im Schnee an seinem Grab. Clemens Prokop, ehemaliger DLV-Präsident und enger Wegbegleiter, hatte zuvor in der Pfarrkirche passende, den Menschen Christian Fuchs würdigende Worte gefunden, ihn als „weitsichtigen" Menschen bezeichnet, als "Pionier der deutschen Leichtathletik“. Der Abschied fiel schwer, die Erinnerung an ihn steckt in uns. Wer genau hinschaut, kann Christian auf den Pressetribünen der Stadien und Hallen noch immer wahrnehmen, er bleibt einer von uns."


„Es weht der Wind ein Blatt vom Baum,
von vielen Blättern eines,
dies eine Blatt, man merkt es kaum,
denn eines ist ja keines.
Doch dieses Blatt allein,
war Teil von unserem Leben,
drum wird dies eine Blatt allein,
uns immer wieder fehlen.“

Gedicht von unbekanntem Autor

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