| Nach Achillessehnen-Riss

Victoria von Eynatten ist wieder in Aufbruchstimmung

Der erste Einsatz im Nationaltrikot - die Hallen-EM in Prag (Tschechien) - war in greifbarer Nähe, Stabhochspringerin Victoria von Eynatten hatte sich im Februar auf starke 4,51 Meter verbessert. Aber nur eine Woche nach ihrem Höhenflug riss ihre linke Achillessehne. Acht Monate später hat die 23-Jährige den Stab wieder in der Hand und will sich mit Freude dahin zurücktasten, wo sie aufgehört hat.
Pamela Ruprecht

Die ersten Technikeinheiten nach der langen Verletzungspause sind vollbracht. „Es macht unheimlich viel Spaß, wieder in der Gruppe zu sein und wieder schneller vorwärts zu kommen als während der langen Zeit mit den Krücken“, beschreibt Victoria von Eynatten ihre Rückkehr ins Stabhochsprung-Training. Der erste Muskelkater ist groß - er zeugt davon, dass die Saisonvorbereitung in vollem Gange ist.

Den Einstieg absolviert die Leverkusenerin genauso wie ihre übrige Gruppe, darunter Katharina Bauer und Tobias Scherbarth. Sprünge mit wenig Stabbiegung aus zwei, vier und sechs Schritten Anlauf stehen auf dem Programm. Danach wird sich zeigen, ob Victoria von Eynatten schon mit den anderen „mithalten“ kann oder vorerst noch weiter aus verkürztem Anlauf trainiert.

In den vergangenen Monaten hat die Studentin gelernt, auf den Körper zu hören. „Wir haben einen ganz guten Weg gefunden“, sagt sie über die Zusammenarbeit mit Leszek Klima. Wenn Übungsserien zu viel werden, steigt sie einfach aus. Eine Prognose, wann und mit welchem Leistungsvermögen sie wieder an Wettkämpfen teilnehmen wird, wagt sie nicht, weil ihr Sprungfuß betroffen ist. Sie hofft, dass der Absprung wieder genauso wie vor dem Malheur funktioniert.

Folgenreiche Attacke auf die Jahresbestleistung

Es war ein frustrierender Schlag für die 23-Jährige, als sie mit der Norm für die Hallen-EM in der Tasche bei den Westdeutschen Hallenmeisterschaften das Saison-Aus ereilte. Die neue Meisterin ließ die Höhe von 4,61 Metern auflegen.  Schon mehrmals musste sie im Wettbewerb den Schuh ausziehen, weil die Ferse Probleme machte.

Die Achillessehne, an der sie schon 2014 laborierte, meldete Überlastung an. Ihr Trainer Leszek Klima riet ihr dazu, den Wettkampf abzubrechen. Doch Victoria von Eynatten wollte die deutsche Jahresbestleistung attackieren – sie war in Bestform - und lief zum dritten Mal an.

Aber anstatt über die Latte zu fliegen, landete die Stab-Artistin zwei Tage später mit einem Achillessehnen-Riss auf dem Operationstisch der Unfallklinik Tübingen. Zwischen Ablauf und Anlage fiel sie zu Boden. „Als es Peng gemacht hat, wusste ich sofort, was los war.“ Die Schmerzen hat sie kaum gespürt,  „weil vor meinem Auge erst mal abgelaufen ist, was mir alles flöten geht.“ Ihr erster möglicher internationaler Einsatz bei den Erwachsenen.

Langfristige Perspektive

Ersten Trost und Versorgung gab es unter anderem von ihrer Mitbewohnerin und Disziplinkollegin Lilli Schnitzerling. „So habe ich das ganz gut verkraftet“, blickt Victoria von Eynatten zurück. Die Rehabilitation absolvierte sie in der Fußball-Werkstatt des TSV Bayer 04 Leverkusen („Das war eine super Möglichkeit für mich."). Dort gibt es Geräte, die sich in der Leichtathletik-Abteilung nicht finden. Zum Beispiel ein Laufband, auf dem man mit der Belastung des halben Körpergewichts trainieren kann. Auch sehr geholfen hat ihr die weiterführende Reha bei Klaus Breitung und in Köln.

„Ich werde auf jeden Fall alles dafür tun, dass ich dort anknüpfen kann, wo ich aufgehört habe“, sagt die Dritte der deutschen Jahresbestenliste der Hallensaison 2015. Zu viel Druck will sie sich nach dem entgangenen Jahr aber nicht machen. Deshalb liegt der Fokus auf der nächsten Freiluft-Saison. Je nachdem wie es vorangeht, sind einzelne Hallen-Wettkämpfe denkbar - an Wettkampflust fehlt es nicht.

Zwischen Leistungssprüngen und Verletzungen

Unter dem Dach stellte Victoria von Eynatten oft Bestleistungen auf. 2012 ging es über 4,37 Meter, 2013 über 4,40 Meter und 2015 über 4,51 Meter. Nur im Jahr 2014 war kein Leistungssprung drin, da sie sich nach ihrem Wechsel von Sindelfingen nach Leverkusen im Januar 2014 bei einem Kaderlehrgang einen Zehbruch zuzog. Mit zusätzlichen Achillessehnen-Schmerzen und Beugerproblemen war auch der Sommer gelaufen. Sie brach das Jahr ab und therapierte die Blessuren aus.

„Ich bin ein recht verletzungsgeplagter Mensch“, erzählt Victoria von Eynatten über ihre Erfahrungen als U23-Athletin. In ihrem Abi-Jahr 2010 war sie als Sechste der Meldeliste U20-Vize-Weltmeisterin in Moncton (Kanada) geworden. „Das war natürlich ein absoluter Traum.“ In ihrem ersten Aktivenjahr startete sie 2011 anschließend bei der U23-EM in Ostrava (Tschechien) durch. Bei der Universiade in Shenzhen (China) verletzte sie sich am Fuß. Am Saisonende wurde ein Knochenmarks-Ödem im Sprunggelenk diagnostiziert. Sie war kurz vorm Ermüdungsbruch. 

Sportstudium und Stabhochsprung gut vereinbar

Auch die nächsten beiden Jahre waren von Höhen und Tiefen gekennzeichnet: 2012 ging sie für ein Auslandssemester in die USA und wurde mit 4,37 Meter Atlantic Coast Conference Champion. Als sie nach Deutschland zurückkehrte, fiel die Freiluftsaison aus, die Knochenmarks-Probleme traten erneut auf. Im Winter 2013 schaffte sie 4,40 Meter. Nach einer erfolglosen Freiluftsaison wechselte sie im November des Jahres mit Ablauf des U23-Status in die Trainingsgruppe von Leszek Klima. Dort folgte nach anfänglichem Verletzungspech der nächste Leistungssprung.

Parallel zum Leistungssport macht die Stabhochspringerin derzeit ihren Master in Sport, Medien- und Kommunikationsforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln. Der Stundenplan des anlaufenden Wintersemesters lässt sich mit dem Training „super vereinbaren“. Statt zwei Einheiten pro Tag packt die 23-Jährige alles in eine lange Trainingssession. Dass es zurück zur Bestform ein langer Weg ist, weiß Victoria von Eynatten. Doch die Verletzungen sind dank der Auszeit alle ausgeheilt. Die Motivation ist da, der Spaß am Sport groß wie eh und je. Gute Voraussetzungen dafür, dass sie auch aus diesem Tief gestärkt zurückkehren wird.

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