Mit den Ergebnissen in den vergangenen Wochen war Gina Lückenkemper (LG Olympia Dortmund) gar nicht zufrieden. Bei der DM in Erfurt präsentierte sich die 20-Jährige aber wieder in Top-Form. Im 100-Meter-Vorlauf stürmte sie in 11,01 Sekunden zur neuen Bestzeit, das Finale dominierte sie in 11,10 Sekunden. Bei den Männern sprintete Julian Reus (TV Wattenscheid 01) über 100 Meter in 10,10 Sekunden zur WM-Norm und Titel.
Alle anderen Sprinterinnen waren nach dem 100-Meter-Vorlauf bei den Deutschen Meisterschaften am Samstag in Erfurt längst in den Katakomben verschwunden, da schrieb Gina Lückenkemper noch Dutzende Autogramme und machte mit den Smartphones ihrer Fans in der Zielkurve ein Selfie nach dem anderen. Kurz zuvor war die Sprinterin der LG Olympia Dortmund bei Windstille nach 11,01 Sekunden ins Ziel gestürmt. Damit lag sie nicht nur deutlich vor der Konkurrenz, sondern steigerte auch ihre ohnehin schon starke Bestzeit um drei Hundertstel. „Ich kann also doch noch rennen“, jubelte die 20-Jährige.
Um die Leistung einzuordnen: Die letzte deutsche Sprinterin, die unter der „magischen“ Elf-Sekunden-Marke geblieben ist, war Katrin Krabbe vor nunmehr 26 Jahren. Exakt 11,00 Sekunden lief Tatjana Pinto (LC Paderborn) im vergangenen Jahr. Im selben Rennen in Mannheim war Gina Lückenkemper ihr „alte“ Bestzeit von 11,04 Sekunden gelaufen. Seitdem hat sie kein direktes Duell über 60, 100 oder 200 Meter gegen die nationale Konkurrenz mehr verloren.
Mit 11,01 Sekunden war Gina Lückenkemper übrigens genauso schnell wie die bekannteste Dortmunder Sprinterin der Geschichte. Denn exakt dieselbe Zeit - damals sogar Weltrekord - war Annegret Richter 1976 auf dem Weg zu ihrem Olympiasieg im Halbfinale von Montreal (Finale: 11,08 sec) gelaufen. Die zweimalige Olympiasiegerin startete damals für den OSC Dortmund. Der OSC ist einer der beiden Gründervereine der LG Olympia Dortmund, dem Verein der neuen Deutschen 100-Meter-Meisterin.
Strauchler im Finale
Im Windschatten von Gina Lückenkemper verbesserte sich Amelie-Sophie Lederer (LAC Quelle Fürth) um zwölf Hundertstel auf 11,28 Sekunden. Auch die drittplatzierte Keshia Kwadwo (TV Wattenscheid 01; 11,37 sec) steigerte auf der nagelneuen Bahn im Steigerwaldstadion ihre Bestzeit um eine Hundertstel. Tatjana Pinto lief in ihrem Vorlauf 11,33 Sekunden.
Das Finale begann für Gina Lückenkemper dann allerdings mit einem Schock. Nach den ersten Schritten lag sie fast auf der Nase. „Ich bin richtig aus dem Block gestolpert. Aber der Rest des Rennens hat gepasst“, jubelte die LGO-Sprinterin. Und wie es passte: Nach dem Strauchler stürmte sie vorweg und in 11,10 Sekunden (-0,7 m/sec) zum Titel. Bei den vergangenen zehn Deutschen Meisterschaften war lediglich Verena Sailer bei ihrem Gold-Sprint 2013 eine Hundertstel schneller.
Amtierende Deutsche Meisterin über 60, 100 und 200 Meter
„Ich bin überglücklich. Die Pause vor der DM hat mir gut getan“, sagte die nunwenigstens bis Sonntag amtierende Deutsche Meisterin über 60 Meter, 100 Meter und 200 Meter. Im Juni war Gina Lückenkemper bei mehreren internationalen Meetings gestartet, die Reisestrapazen hatten ihr dabei merklich zugesetzt. „Mein Kopf stand kurz vor der Kernschmelze. Ich brauchte die Pause unbedingt, das war ein übles Gefühl“, sagte die Soesterin, die morgen wieder am Start ist. Und das gleich doppelt über 200 Meter und mit der 4x100-Meter-Staffel der LG Olympia Dortmund.
Auf der halben Stadionrunde trifft Gina Lückenkemper erneut auf Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge). Die dreifache U23-Europameisterin lief auf der Außenbahn in 11,22 Sekunden zu Silber vor Titelverteidigerin Tatjana Pinto (11,27 sec). Außerdem wird am Sonntag Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar) über 200 Meter ins Geschehen eingreifen. Die Hessin führt mit 22,64 Sekunden die Meldeliste vor Rebekka Haase (22,76 sec) an. Titelverteidigerin Gina Lückenkemper lief bisher „nur“ 23,04 Sekunden. Nach ihrer Vorstellung über 100 Meter scheint für sie aber eine deutliche Steigerung über ihre Lieblingsstrecke möglich.
Julian Reus knackt die WM-Norm, Michael Pohl jubelt über Silber
Während die deutschen Sprinterinnen in dieser Saison WM-Normen in Serie ablieferten, hetzten die schnellsten deutschen Männer der 100-Meter-Vorgabe über Wochen hinterher. Bis zum DM-Finale von Erfurt. Lokalmatador Julian Reus, der seit Jahren für den TV Wattenscheid 01 startet, jagte in 10,10 Sekunden die Sprintgerade hinunter – zwei Hundertstel unter der von der IAAF geforderter WM-Norm.
„Mit drei Rennen war es ein anstrengender Tag. Ich bin echt froh, die WM-Norm gelaufen zu sein“, jubelte Julian Reus, der bei seinem „Heimspiel“ von den Fans frenetisch gefeiert wurde. Für den 29-Jährigen war es der fünfte DM-Titel über 100 Meter in Folge und die achtschnellste Zeit seiner Karriere. Das soll es in Erfurt aber noch lange nicht gewesen sein. „Morgen geht es weiter“, kündigte Julian Reus an. Dann tritt er über 200 Meter und mit der Sprintstaffel des TV Wattenscheid 01 an, um das Sprint-Triple zu holen.
Hinter dem Deutschen Meister schrie Michael Pohl (Wiesbadener LV) seine Freude über Silber hinaus. Mit 10,26 Sekunden steigerte er im wichtigsten Rennen des Jahres seine erst eine Woche alte Bestzeit um eine Hundertstel. Es ist für den 27-Jährigen der mit Abstand größte sportliche Erfolg seiner bisherigen Karriere. Zwei Hundertstel dahinter ging Bronze an Roy Schmidt (SC DHfK Leipzig), der seine Bestzeit einstellte und den Deutschen 60-Meter-Hallenmeister Michael Bryan (TSG Weinheim; 10,32 sec) in Schach hielt.
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