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Der große Disziplin-Check 2019 – Marathon Männer

Die Wettkampfsaison 2019 ist Geschichte. Ein langes Jahr, ein spannendes Jahr Leichtathletik liegt hinter uns. Der Höhepunkt? Zweifelsohne die WM in Doha. Doch auch in der Halle und bei den internationalen Nachwuchs-Meisterschaften machten die deutschen Athleten von sich reden. Wir blicken in unseren jährlichen Disziplinanalysen zurück und ziehen Bilanz. Heute: Marathon der Männer.
Pamela Lechner

Fazit der Bundestrainerin

Katrin Dörre-Heinig, wie fällt Ihre Bilanz für das WM-Jahr 2019 aus?

Katrin Dörre-Heinig:

Für uns Marathonläufer war dieses Jahr ein sogenanntes Zwischenjahr, schon mit dem Fokus auf der kommenden Saison mit dem Höhepunkt der Olympischen Spiele. Da die WM in Doha stattfand, wo die klimatischen Bedingungen ein gesundheitliches Risiko für die Athleten, die außerhalb des Stadions ihre Wettkämpfe austragen mussten, darstellten, entschieden sich die deutschen Marathonläufer gegen eine Teilnahme. Einige nutzten das Jahr, um Verletzungen auszukurieren, andere wollten schon die von World Athletics geforderte Olympia-Nominierungsrichtzeit von 2:11:30 Stunden unterbieten. Somit fand der WM-Marathon ohne deutsche Beteiligung statt.

Bei den Männern gibt es dieses Jahr eine Menge Erfreuliches zu berichten. An erster Stelle muss man das Marathondebüt von Amanal Petros hervorheben, der mit seiner gelaufenen Zeit von 2:10:29 Stunden die von World Athletics geforderte Nominierungsrichtzeit für die Olympischen Spiele gleich um eine Minute unterbot. Außerdem positiv zu erwähnen ist die Titelverteidigung bei der Deutschen Meisterschaft durch Tom Gröschel mit neuer persönlicher Bestzeit von 2:13:49 Stunden. Auch der elfte Platz bei den World Marathon Majors (WMM) in New York von Arne Gabius lässt hoffen, schrammte er doch nur einen Platz an der direkten Qualifikation für Tokio vorbei. Platz eins bis zehn bei den sechs Läufen der WMM-Serie bedeutet ebenfalls, unabhängig von der gelaufenen Zeit, den Zugang zu den Olympischen Spielen. Beide Athleten konnten den ersten Schritt tun, um wichtige Punkte zu sammeln, um sich über die neu eingeführten Rankings die Möglichkeit zu verschaffen, sich ebenfalls für Tokio bzw. Sapporo anzubieten. Etwas Pech bei seinem Marathon hatte Hendrik Pfeiffer, der nach längerer Verletzung mit persönlicher Bestzeit über die Halbmarathondistanz mit 63:17 Minuten ins Wettkampfgeschehen zurückkehrte.

Was war für Sie das ganz persönliche Highlight?

Katrin Dörre-Heinig:

Mein persönliches Highlight in diesem Jahr war klar der Marathon in Valencia. Beeindruckend, wie Amanal Petros bei seinem ersten Marathon eine so starke Leistung erbringen konnte. 2:10:29 Stunden, so ein Debüt gelang von den deutschen Läufern bisher nur Arne Gabius, der seinen ersten Marathon 2014 in Frankfurt in 2:09:32 Stunden finishte. Einzigartig auch Amanals Bandbreite, lief er in diesem Jahr über 5.000 Meter 13:22,52 Minuten, über 10.000m Meter 27:52,25 Minuten und über die Halbmarathondistanz 62:32 Minuten, alles persönliche Bestzeiten, die auch international Beachtung finden.

Worin sehen Sie die Aufgaben und Ziele für die kommende Saison mit den Olympischen Spielen 2020 in Tokio?

Katrin Dörre-Heinig:

Im kommenden Jahr stehen die Olympischen Spiele als größtes Event eines jeden Sportlers als internationaler Höhepunkt an. Einen Läufer mit Normerfüllung haben wir bei den deutschen Männern mit Amanal bereits. Weitere Marathonis können im Frühjahr nachziehen. Wichtig ist es, Verletzungen vorzubeugen, um ein volles Team mit drei Läufern an den Start in Sapporo, die Marathonläufe werden auf Grund der zu erwartenden klimatischen Bedingungen dort ausgetragen, zu bekommen. Das sollte machbar sein, da anhand der erbrachten Leistungen und den dabei gesammelten Punkten in den Rankings weitere Athleten die Chance haben, von World Athletics ohne direkte Normerfüllung eingeladen zu werden. Ein weiterer internationaler Wettkampfhöhepunkt 2020 ist die „kleine EM“. In Paris gibt es für uns einen Halbmarathon, bei dem es erneut eine Teamwertung geben wird. Die Motivation ist groß, denn es können dort fünf Athleten an den Start gehen. Wenn die besten Deutschen zur Verfügung stehen, hätten wir eine berechtigte Chance, auf´s Treppchen zu laufen.

Internationale Erfolge 2019

  Medaillen (Weitere) Top-12-Platzierungen
WM  –  –

Die deutschen Top Ten 2019

Zeit Name Jahrgang Verein
2:10:29 h Amanal Petros 1995 TV Wattenscheid 01
2:12:57 h Arne Gabius 1981 TherapieReha Bottwartal
2:13:49 h Tom Gröschel 1991 TC Fiko Rostock
2:14:54 h Jens Nerkamp 1989 Laufteam Kassel
2:15:19 h Hendrik Pfeiffer 1993 TV Wattenscheid 01
2:16:09 h Simon Stützel 1986 LG Region Karlsruhe
2:16:55 h Frank Schauer 1989 Tangermünder Elbdeichmarathon
2:17:54 h Karl Junghannß 1996 LAC Erfurt Top Team
2:18:30 h Homiyu Tesfaye 1993 LG Eintracht Frankfurt
2:18:32 h Erik Hille 1988 LG Telis Finanz Regensburg

*2:14:02 h / Mustapha El Quartassy (1. VfL Fortuna Marzahn; Marokko) | 2:17:44 h / Mitku Seboka (LAC Quelle Fürth; Äthopien). International 2019 nicht für Deutschland startberechtigt.

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau

Jahr ≥ 2:13 h
(WM-Norm 2017)
Schnitt Top 3 Schnitt Top 5 Schnitt Top 10
2005  – 2:20:16 2:21:43 2:24:33
2006  – 2:16:39 2:18:40 2:21:43
2007  – 2:16:15 2:17:11 2:19:44
2008  – 2:14:06 2:15:16 2:17:48
2009  – 2:14:40 2:15:55 2:17:52
2010  – 2:19:08 2:20:08 2:22:06
2011  – 2:17:29 2:18:07 2:19:37
2012  – 2:14:35 2:15:50 2:18:12
2013  – 2:14:13 2:15:27 2:18:11
2014 1 2:12:37 2:14:38 2:17:48
2015 1 2:10:47 2:13:50 2:16:40
2016  – 2:15:07 2:16:44 2:18:53
2017 1 2:13:14 2:15:39 2:16:52
2018 1 2:13:35 2:14:26 2:15:50
2019 2 2:12:25 2:13:29 2:15:33

Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 2:18:43 (U. Steidl) 2:07:38 (Rey/ESP) 11:05 2:06:20 (Gebrselassie/ETH) 12:23
2006 2:16:02 (U. Steidl 2:06:52 (Rey/ESP) 9:10 2:05:56 (Gebrselassie/ETH) 10:06
2007 2:15:22 (M. Beckmann) 2:07:33 (Kuzin/UKR) 7:49 2:04:26 (Gebrselassie/ETH) 10:56
2008 2:13:30 (F. Cierpinski) 2:07:33 (Röthlin/SUI) 5:57 2:03:59 (Gebrselassie/ETH) 9:31
2009 2:13:09 (A. Pollmächer 2:09:53 (Pertile/ITA) 3:16 2:04:27 (Kibet/KEN) 8:42
2010 2:17:18 (F. Cierpinski) 2:08:32 (Musinschi/MDA) 8:46 2:04:48 (Makau/KEN)

12:30

2011 2:15:40 (J. Fitschen) 2:09:26 (Sitkovskyy) 6:14 2:03:38 (Makau/KEN) 12:02
2012 2:13:10 (J. Fitschen) 2:07:30 (Tambwé/FRA) 5:40 2:04:16 (Mutai/KEN) 8:55
2013 2:13:05 (A. Pollmächer) 2:08:33 (A. Kiprotich/FRA) 4:32 2:03:23 (Kipsang/KEN) 9:42
2014 2:09:32 (A. Gabius) 2:08:21 (Farah/GBR) 1:11 2:02:57 (Kimetto / KEN) 7:35
2015 2:08:33 (A. Gabius) 2:08:33 (Gabius/GER) 0:00 2:04:00 (Kipchoge / KEN) 4:33
2016 2:13:09 (H. Pfeiffer) 2:06:10 (Özbilen/TUR) 6:49 2:03:03 (Bekele/ETH) 10:06
2017 2:09:59 (A. Gabius) 2:08:16 (Nageeye/ NED) 1:43 2:03:32 (Kipchoge/KEN) 6:27
2018 2:11:45 (A. Gabius) 2:05:11 (Farah/GBR) 6:34 2:01:39 (Kipchoge/KEN) 10:06
2019 2:10:29 (A. Petros) 2:04:16 (Özbilen/TUR) 6:13 2:01:41 (Bekele/ETH) 8:48

Das fällt auf

  • Amanal Petros hat in Valencia ein glänzendes Marathon-Debüt mit Olympianorm gegeben und ist auf Anhieb auf Platz neun der ewigen deutschen Bestenliste gelaufen. In den vergangenen zehn Jahren war in Deutschland nur der Deutsche Rekordhalter Arne Gabius schneller.
  • Arne Gabius wiederum verpasste die Olympia-Qualifikation in New York als Elfter nur knapp. Mit einem Rang in den Top Ten hätte der 38-Jährige das Ticket für Tokio lösen können.
  • Seinen deutschen Meistertitel verteidigte Tom Gröschel erfolgreich in Düsseldorf mit neuer persönlicher Bestleistung, was ihm Rang drei in der DLV-Jahresbestenliste einbrachte.
  • Dank dieser drei guten Leistungen ist der Top Drei-Schnitt erstmals seit 2015 wieder unter 2:13 Stunden gesunken. Der Top Fünf- und Top Ten-Schnitt sind sogar die besten seit Beginn unserer Analyse (2005).
  • International steigt das Spitzenniveau: Der Türke Kaan Kigen Özbilen hat den Europarekord in Valencia auf 2:04:16 Stunden verbessert. Der Äthiopier Kenenisa Bekele schrammte beim Berlin Marathon nur um zwei Sekunden am Weltrekord vorbei. Vier Läufer blieben dieses Jahr unter 2:03 Stunden, neun Läufer unter 2:04 Stunden.
  • Keinen Eintrag in den Rekordlisten, aber in den Geschichtsbüchern findet der erste Marathon unter zwei Stunden von Weltrekordler Eliud Kipchoge in Wien. Bei perfektionierten Bedingungen rannte der Kenianer mit wechselnden Tempomachern 1:59:40 Stunden.

Die Disziplin-Analysen im Überblick:

Sprint – Männer
Sprint – Frauen
Langsprint – Männer
Langsprint – Frauen
Mittelstrecke – Männer
Mittelstrecke – Frauen
Langstrecke – Männer
Langstrecke – Frauen
Hürdensprint – Männer
Hürdensprint – Frauen
Langhürden –- Männer
Langhürden – Frauen
Hindernislauf – Männer
Hindernislauf – Frauen
Gehen – Männer
Gehen – Frauen
Hochsprung – Männer
Hochsprung – Frauen
Stabhochsprung – Männer
Stabhochsprung – Frauen
Weitsprung – Männer
Weitsprung – Frauen
Dreisprung Männer
Dreisprung – Frauen

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