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Über „Running with the Legends“ nach Berlin: Johannes Motschmann startet durch

Johannes Motschmann hatte bezüglich eines möglichen Marathon-Startplatzes bei einer großen internationalen Meisterschaft noch vor eineinhalb Jahren vermutlich kaum jemand auf dem Zettel. Doch inzwischen hat der Athlet vom Marathon Team Berlin die Norm für die EM bereits deutlich unterboten. Beim Hamburg-Marathon am 24. April könnte nun auch der Richtwert für die WM fallen. Dass der 27-Jährige für Berlin startet, hängt dabei eng mit einem Buch zusammen.
Jörg Wenig

Magdeburg, New York (USA), Berlin und Bochum – das sind die wichtigen Stationen von Johannes Motschmann. Der 27-jährige Langstreckenläufer stammt aus Magdeburg, studierte mit einem Sport-Stipendium Psychologie am Iona College nördlich von New York City, startet für den SCC Berlin und ist im vierten Semester seines Medizinstudiums an der Universität Bochum. Die Semesterferien verbringt er dabei meist in New York, da dort seine Freundin zu Hause ist. „Laufen und Studium – das ist ganz schön anstrengend“, sagt Johannes Motschmann während eines Telefonats aus New York.

Dass er aus New York am Ende seines ersten Studiums den Weg zum SCC Berlin und dort zum damaligen SCC Events Pro-Team, das jetzt Marathon Team Berlin heißt, gefunden hat, basiert auf einem großen Zufall. Die Großeltern seiner Freundin schenkten Johannes Motschmann vor drei Jahren ein Buch: „Running with the Legends“. „In einem Kapitel ging es um Uta Pippig und Dieter Hogen. Kurz nachdem ich das gelesen hatte, sah ich einen Artikel zum Berliner Pro-Team und las, dass Dieter dort der Cheftrainer ist“, erzählt Johannes Motschmann. „Danach stand für mich fest: Wenn ich zurück nach Deutschland komme, will ich zu Dieter Hogen.“

Als Johannes Motschmann nach Berlin kam, waren die 3.000 Meter Hindernis seine Hauptstrecke. „Das passte aber nicht, denn seine Technik war nicht gut genug“, sagt Dieter Hogen. Und der Läufer fügt hinzu: „Verglichen zum Trainingsaufwand lief es schlecht.“ Noch bevor die Zusammenarbeit mit einer neuen Zielsetzung in Richtung Marathon wirklich beginnen konnte, erhielt Johannes Motschmann jedoch die Zulassung zum Medizinstudium in Bochum. Dort wohnt er nun während des Semesters, sofern die Kurse nicht aufgrund der Corona-Pandemie online stattfinden. 2020 und 2021 war das der Fall, sodass Johannes Motschmann zeitweilig in Magdeburg bei seiner Mutter lebte.

Bester Deutscher in Berlin

Im Juni 2020 ließ er bereits einmal aufhorchen, als er das „Berlin 10k Invitational“-Rennen unerwartet mit einer Bestzeit von 29:11 Minuten gewann. Einige Monate später verbesserte er diese Zeit in Dresden auf 28:51 Minuten. In Magdeburg trainierte Johannes Motschmann damals zusammen mit dem Marathonläufer Frank Schauer (Tangermünder Elbdeichmarathon; Bestzeit: 2:14:43 h). „Eigentlich wollte ich bei Crossrennen starten, aber die fielen alle aufgrund der Corona-Pandemie aus“, erzählt Johannes Motschmann. „Ich hatte schon immer im Kopf, dass ich eines Tages mal einen Marathon laufe. Das war dann eine neue Herausforderung im Herbst 2020.“

In Wien lief er im Dezember 2020 sein Debüt und überzeugte mit 2:14:38 Stunden. Im Oktober 2021 steigerte sich Johannes Motschmann dann in Rotterdam (Niederlande) auf 2:12:18 Stunden, nachdem er zuvor seine Halbmarathon-Bestzeit in Valley Cottage (New York) auf 62:42 Minuten verbessert hatte. Über die „halbe Distanz“ war er nun am vergangenen Sonntag in Berlin überraschend der beste deutsche Läufer und steigerte sich auf 61:45 Minuten.

Rang zehn in ewiger Bestenliste

Damit wurde er in dem internationalen Feld Zehnter und schob sich auch in der Liste der schnellsten deutschen Läufer aller Zeiten über die 21,0975 Kilometer auf Rang zehn nach vorne. Angesichts dieser Steigerung scheint ein Ergebnis von unter 2:11 Stunden tatsächlich möglich, sofern die Wetterbedingungen mitspielen. Die Norm für die diesjährigen Weltmeisterschaften in Eugene (USA; 15. bis 24. Juli) liegt bei 2:11:30 Stunden. Beim Marathon in Hamburg (24. April) könnte diese Marke nun fallen.

Sein Training steuert Johannes Motschmann in der Vorbereitung darauf weitestgehend alleine. „Wenn ich Fragen habe, kann ich mich jeder Zeit an Dieter wenden. Aber ich habe zudem in Bochum auch Bundestrainer Tono Kirschbaum und seine Läufer-Gruppe vor Ort“, sagt Johannes Motschmann. Entweder bei den Europa- oder den Weltmeisterschaften im Sommer zu starten, ist das große Saisonziel. „Johannes ist ein sehr guter Wettkämpfer, der sehr zielgerichtet und verlässlich ist“, zeigt sich Dieter Hogen optimistisch für die Zukunft seines Schützlings.

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