| München 2022

EM Tag 6 | Leo Köpp an spanischem Geher-Morgen glücklicher Neunter, Tränen bei Nils Brembach

So nah liegen Freud und Leid beieinander. Während Geher Leo Köpp nach 20 Kilometern die Ziellinie als Neunter mit Freudentränen überquerte, waren es bei Teamkollege Nils Brembach nach dem vorzeitigen Aus nach Disqualifikation Tränen der Enttäuschung. Dominiert wurde der Start ins EM-Wochenende von einem spanischen Quartett.
Jane Sichting

Mit der Medaillenentscheidung hatten die deutschen Geher über die 20 Kilometer bereits frühzeitig nichts mehr zu tun. Nach einer knappen halben Stunde fiel das Trio um Nils Brembach (SC Potsdam), Karl Junghannß (LC TopTeam Thüringen) und Leo Köpp (LG Nord Berlin) hinter die Spitzengruppe zurück. Und während sich Leo Köpp dennoch auf Kurs Saisonbestleistung hielt, handelte sich Nils Brembach nach rund sieben Kilometern durch drei Verwarnungen eine Zeitstrafe ein.

Mit der Gewissheit, damit prompt zwei Minuten zu verlieren und somit definitiv nichts mehr mit der Entscheidung zu tun zu haben, kämpfte der 29-Jährige bereits mit den Tränen. Und nur wenig später gab es kein Halten mehr. Tränenaufgelöst musste Brembach das Rennen nach der vierten und letzten Verwarnung frühzeitig beenden – ausgerechnet bei der Heim-EM in München! Selbst Bundestrainer Ronald Weigel konnte sich am ARD-Mikrofon nicht daran erinnern, dass sein Schützling zuvor schon einmal disqualifiziert wurde.

Erfolgreiche Titelverteidigung vom Spanier Álvaro Martín          

Für die beiden anderen DLV-Athleten schmolz die Hoffnung auf Edelmetall im eigenen Land indes weiter. Wenngleich Köpp sich nach einer kleinen Aufholjagd zwischenzeitlich auf Rang acht vorkämpfte, spielten an der Spitze des Feldes drei andere Athleten die Hauptrolle. Nach einer guten Stunde zog der WM-Dritte Perseus Karlström aus Schweden plötzlich das Tempo an und versuchte, seine Konkurrenz zu distanzieren.

Doch die Attacke kam zu früh, Titelverteidiger Álvaro Martín (Spanien) hatte die besseren Beine und setzte sich an die Spitze des Feldes. Ungefährdet behielt er die Führung bis ins Ziel bei und gewann souverän die Goldmedaille vor dem Schweden Perseus Karlström. Komplettiert wurde der spanische Geher-Erfolg von Diego García Carrera auf Platz drei, Iván López auf dem vierten und Iván López auf dem elften Rang.

Leo Köpp, der im vergangenen Jahr bei seinem Debüt auf großer internationaler Bühne Olympia-Platz 22 erreichte, schaffte es bei der Heim-EM in der Münchner Innenstadt in die Top Ten und wurde nur knapp hinter Olympiasieger Massimo Stano (Italien) glücklicher Neunter (1:21:36 h). Karl Junghanß überquerte das Ziel als 20. (1:28:21 h).

Stimmen zum Wettbewerb

Leo Köpp (LG Nord Berlin; 1:21:36 h):
„Es war richtig cool. Ich meine, es war eine Heim-EM, die Stimmung ist phänomenal und man kann es sich gar nicht besser erträumen lassen. Ich war auch froh, dass die Ukrainer wieder dabei waren, die haben wir bei der Team-EM vermisst. Also von Anfang an war ich total hyped und dann hat dieses Feeling zu Hause in Deutschland noch einmal einen oben draufgesetzt. Das hier sind Freudentränen. Ich bin wirklich stolz, hier alles fürs Team gegeben zu haben und erster Deutscher geworden zu sein. Ich glaube, die Zeit ist auch ganz gut. Dafür, dass ich im postolympischen Examen sehr vermindert trainieren musste. Ich bin wirklich richtig froh, dass es hier so rund lief. Das mit Nils [Brembach] habe ich mitbekommen, das war zufällig genau dann, als ich auf der Gegengerade war. Das war natürlich schade und ich habe ein bisschen Gänsehaut bekommen. Aber man kann aus so einem Adrenalinkick auch etwas Positives ziehen und mit Mentaltraining geht das dann. Ich habe Energie draus gezogen und mir gedacht, dass ich jetzt für Nils mitkämpfen muss und das habe ich nach bestem Wissen und Gewissen auch gemacht. Im Leistungssport ist das Ziel immer eins, das muss auch nicht realistisch sein. Trotzdem freue ich mich über Platz neun total. Am Ende hat das Rennen sogar noch einmal richtig Spaß gemacht, mit so einem kleinen Battle mit dem Olympiasieger. Ich bin da sogar noch ein Stück rangekommen. Das ist natürlich geil und man hat richtig Spaß an einem Wettkampf, wenn man sieht, dass man sich mit den Besten der Welt misst – und das auf Heim-Terrain.“

Karl Junghannß (LC TopTeam Thüringen; 1:28:21 h):
„Es war heute sehr schwer. Ich muss sagen, dass es vor allem mental heute nicht leicht für mich war. Nicht, dass ich zu nervös war. Aber es war nach der Saison einfach mental die Luft raus und ich konnte mich überhaupt nicht mehr auf das Rennen fokussieren. Ich war eigentlich sehr gut in Form und habe im Training super Werte gebracht. Aber heute ging es irgendwie gar nicht. Wir haben jetzt seit März die Saison und ich muss es vielleicht ein bisschen anders machen. Weil ich ja doch über das ganze Jahr über sehr motiviert bin, auch im Training. Dann reicht es hinten nicht mehr. Es ist schade, dass es jetzt so ausgeht bei der Heim-EM. Aber ich wollte nicht aussteigen. Jetzt werde ich erstmal ein paar Monate ein bisschen Abstand vom Gehen nehmen und mehr auf den Lauf schauen. Im Oktober möchte ich gern einen Marathon laufen, da habe ich gerade einfach mehr Lust drauf.“

Nils Brembach (SC Potsdam; DQ):
„Eine Erklärung habe ich noch nicht wirklich. Es war nur auffällig, dass sich die Kampfrichter ziemlich früh einig waren. Ich habe versucht, noch gegenzusteuern und den Schritt flach zu ziehen. Woran es jetzt genau gelegen hat, kann ich jetzt noch nicht sagen. Es scheint heute alles nicht so funktioniert zu haben, wie ich mir das vorgestellt hatte. Meine Familie – Eltern, Schwiegereltern, Frau und Kind – alle sind für mich hier in München. Da tut es mir natürlich leid, dass ich mit keinem Ergebnis nach Hause fahren muss. Die Bedingungen waren gut und ich hatte mich auch gut gefühlt. Es lief eigentlich alles so, wie ich es mir vorgestellt habe – wären die Kampfrichter nicht da gewesen. Schade, dass ich die Erfahrung machen muss und dass ich sie hier machen muss.“

EM 2022 München

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