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Sören Klose – Leistungsschub ins internationale Geschäft

© Theo Kiefner
In Kassel haben im vergangenen Sommer zehn Athletinnen und Athleten erstmals bei Deutschen Meisterschaften ganz oben gestanden. Dazu zählen viele junge, neue Gesichter in der DLV-Spitze. Wir stellen sie vor. Heute: Hammerwerfer Sören Klose (Eintracht Frankfurt).
Jan-Henner Reitze

Sören Klose
Eintracht Frankfurt

Bestleistung: 

Hammerwurf: 76,06 m (2023)

Erfolge:

Bronze U23-EM 2023
Sechster U18-EM 2018
Deutscher Meister 2023

Hinter Sören Klose liegt ein Jahr mit einer enormen Leistungsentwicklung. Erst im Februar übertraf der Hammerwerfer erstmals die 70-Meter-Marke. Der Sommer brachte stabile Weiten zwischen 72 und 74 Meter, inklusive eines Ausreißers nach oben auf die aktuelle Bestleistung von 76,06 Metern. In Kassel sicherte sich der 21-Jährige seinen ersten deutschen Meistertitel in der Männerklasse, bei der U23-EM im Espoo (Finnland) gewann er Bronze, In Budapest (Ungarn) folgte außerdem die erste WM-Teilnahme.

Professionalisiertes Training mit dem Wechsel in die Gruppe von Michael Deyhle sowie nach erfolgreichem Ausbildungs-Abschluss die Aufnahme in die Sportfördergruppe der Bundeswehr ermöglichten diesen Leistungsschub, und dass der Athlet von Eintracht Frankfurt seine gewonnene Kraft und Schnelligkeit in der komplizierten Disziplin technisch in Weite umsetzen konnte. Dabei kam ihm möglicherweise zugute, dass Hammerwurf schon seit seiner frühesten Kindheit Teil seines Alltags und eine echte Familienangelegenheit ist.

Für das kommende Jahr ist die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris (Frankreich; 1. bis 11. August) das große Ziel. Auf dem Weg dorthin wird der Hoffnungsträger mit dem gestarteten Aufbau von Helge Zöllkau trainiert.

Auf dem Sportplatz groß geworden

Hammerwurf gehörte schon immer zum Leben von Sören Klose, der in Porta Westfalica in Nordrhein-Westfalen aufgewachsen ist. Seine Mutter Kirsten gewann unter ihrem Geburtsnamen Kirsten Münchow bei der Olympia-Premiere des Frauen-Hammerwurf im Jahr 2000 die Bronzemedaille, außerdem EM-Bronze 1998. Vater Holger Klose hat eine Bestleistung von 82,22 Metern und nahm viermal an Weltmeisterschaften teil. Großmutter Karin ist bis heute leidenschaftliche Hammerwurftrainerin und Abteilungsleiterin beim VfR Evesen.

„Ich bin schon im Kinderwagen auf den Sportplatz geschoben worden. Später wollte ich immer lieber dort beim Training dabei sein, als in den Kindergarten“, erinnert sich der heutige Leistungssportler schmunzelnd. Als Spielzeug bekam er schon einen Hammer zusammengebastelt.

Oma Karin die erste Trainerin

Spielerisch begann auch das Training in der Kinderleichtathletik-Gruppe beim VfR Evesen. „Mit dem Hammerwurf so richtig begonnen habe ich mit sechs oder sieben Jahren“, erzählt der Aufsteiger, natürlich unter der Anleitung von Großmutter Karin. Unbedingt etwas anderes ausprobieren wollte der damalige Schüler nicht. Und auch eine Karriere im Leistungssport anzustreben, war kein Gedanke, der sich mit der Zeit entwickelte, sondern gehörte einfach dazu.

Dass die Perspektive dazu besteht, zeigte sich erstmals so richtig in der U16: In der Altersklasse M14, wie auch ein Jahr später in der M15, stellte der junge Athlet jeweils DLV-Bestleistungen auf. Im Jahr 2016 schleuderte der damals 14-Jährige den Vier-Kilo-Hammer auf 68,86 Meter. 2017 gelangen ihm 75,82 Meter sowie der Sieg bei der U16-DM in Bremen (75,17 m).

Im ersten U18-Jahr setzten sich die Erfolge mit dem Sieg bei der Jugend-DM in Rostock mit dem Fünf-Kilo-Gerät (75,43 m) fort. Dazu kamen die ersten Einsätze im National-Trikot, die Platz sechs bei der U18-EM in Györ (Ungarn) sowie Rang zehn bei den Olympischen Jugendspielen in Buenos Aires (Argentinien; 71,12 m / 67,97 m) brachten.

Ausbildung dämpft Leistung in der U20-Zeit

Schon damals war dem jungen Hammerwerfer mit Merlin Hummel (UAC Kulmbach), ebenfalls Jahrgang 2002, ein starker nationaler Konkurrent dicht auf den Fersen. „Das ist bis heute wirklich schön. Wir haben uns schon zu dieser Zeit gegenseitig motiviert und tun das bis heute“, erzählt Sören Klose. Merlin Hummel hatte im vergangenen Jahr seinen ersten DM-Titel gewonnen. Beide befinden sich an einem ähnlichen Punkt ihrer Karriere.

Nachdem Sören Klose als U16- und U18-Athlet die Nase vorn hatte, wendete sich in der U20 das Blatt. Merlin Hummel übernahm mit Weiten um die 80 Meter inklusive dem deutschen U20-Rekord (81,21 m) 2021 die nationale Spitzenposition. Sören Klose lag mit seiner Bestleistung von 72,72 Metern mit dem Sechs-Kilo-Gerät deutlich zurück.

„Das lag daran, dass ich in dieser Zeit meine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker gemacht habe“ erklärt Sören Klose. „Mein Ausbildungsbetrieb in Bückeburg war super, mein Chef total sportbegeistert. Er hat meine sportlichen Ambitionen unterstützt.“ Trotzdem fiel es dem damaligen U20-Athleten schwer, sich nach acht Stunden körperlicher Arbeit noch für das Training zu motivieren. „Darunter hat meine Leistung zu diesem Zeitpunkt gelitten. Aber ich habe mich bewusst und gerne für die Ausbildung entschieden.“ Für die Teilnahme an der U20-EM reichte es trotzdem, in Tallinn (Estland) fehlte in der Qualifikation (68,88 m) ein halber Meter zum Finale.

Wechsel zu Michael Deyhle und Professionalisierung bringen Leistungsschub

Nach dem erfolgreichem Abschluss der Ausbildung Ende 2021 wollte der 19-Jährige aber doch wissen, wie weit er es im Sport schaffen kann. Nach dem behutsamen Aufbau durch Karin Münchow als Trainerin wechselte er zu Eintracht Frankfurt in die Gruppe von Michael Deyhle und wurde später auch in die Sportfördergruppe der Bundeswehr aufgenommen.

Obwohl er erst im Februar an seinem neuen Trainingsstandort startete und damit schon einen Teil des Saisonaufbaus verpasst hatte, ging es im Sommer 2022 schon wieder deutlich bergauf. Mit 69,79 Metern steigerte Sören Klose seine Bestleistung in seinem ersten offiziellen Jahr mit dem Männer-Hammer (7,26 kg) um fast fünf Meter. Dazu kam mit Bronze in Berlin (67,39 m) die erste DM-Medaille bei den Männern.

Erste internationale Medaille in Espoo

Der Fortschritt ging nach dem ersten kompletten Trainingsaufbau unter Michael Deyhle sogar noch rasanter weiter. „Es war mein erster echter Winteraufbau, der hat sich echt gelohnt. Ich habe meinen Kraftwerte deutlich verbessert“, berichtet der 21-Jährige. „Technisch musste ich erst lernen, wie ich damit umgehe. Aber ich habe es geschafft und komme endlich in dem Leistungsbereich an, wo ich hin möchte.“

Die 70 Meter zu übertreffen, war in diesem Sommer kein Thema mehr – außer in der wackeligen Qualifikation bei der U23-EM (69,85 m). Der zwischenzeitlich entstandene Rückstand zu Merlin Hummel war aufgeholt. Im Finale der U23-EM holte das Duo Silber durch Merlin Hummel (75,61 m) und Bronze durch Sören Klose (73,70 m). Beide sammelten in Budapest (Ungarn) außerdem erste Erfahrungen bei einer WM. Bei den Deutschen Meisterschaften fiel das Duell zwischen den beiden leider aus, weil die Stellplatzkarte von Merlin Hummel nicht rechtzeitig abgebgeben wurde.

Unter Helge Zöllkau endgültig Anschluss an internationale Spitze herstellen

Seinen eingeschlagenen Weg möchte Sören Klose fortsetzen und sich im kommenden Jahr möglichst in der erweiterten internationalen Spitze etablieren. Als Ziel für 2024 hat er sich eine Weite von 78,20 Metern gesetzt. Das ist die Direkt-Norm für die Olympischen Spiele in Paris. Auch bei der EM in Rom (Italien; 7. bis 12. Juni) möchte er seine Leistungsfähigkeit abrufen.  

Seinen Trainingsstandort hat der Deutsche Meister gerade erneut gewechselt, verbunden mit einem Umzug nach Leverkusen. Dort wird er jetzt von Helge Zöllkau trainiert. Michael Deyhle hatte wieder ein Angebot angenommen, für das chinesische Team zu arbeiten. Sören Klose hätte weiter bei ihm trainieren können. Er war sich aber nicht sicher, dass unter diesen Umständen eine für ihn optimale Betreuung sichergestellt werden kann.

Zwar ist mit dem erneuten Trainerwechsel auch ein Risiko verbunden, aber Sören Klose möchte alles daran setzen, seine Entwicklung fortzusetzen. Diese soll auch in Finals bei großen Meisterschaften führen. Nach seinem großen Leistungsschub in diesem Jahr ist dem 21-Jährigen aber auch bewusst, dass weitere Verbesserungen nicht unbedingt so schnell kommen.

Video-Interview: Sören Klose: "Thema Reiz – der fehlt einfach"

Das sagt Bundestrainer Helge Zöllkau:

Der Trainerwechsel zu Michael Deyhle hat eine deutliche Steigerung zur Folge gehabt. Das System hat bei Sören sehr gut gegriffen. Er konnte den Aufbau für das Jahr 2023 verletzungsfrei durchziehen. Es ist bemerkenswert, dass dabei nach einer Steigerung um fünf Meter wieder eine Verbesserung um sechs Meter zu Stande gekommen ist. Er hat sich in allen Zubringerwerten verbessert und konnte das auch technisch umsetzen. Er hat verstanden, dass er über Länge und Geschwindigkeit arbeiten muss, um seine dazu gewonnene Kraft in Weite umzusetzen. Was zum Beispiel die Qualifikation für die WM angeht, hat sich Sören keinen Druck gemacht und alles auf sich zukommen lassen. Das ist ihm sicherlich auch zu Gute gekommen.

Ähnlich wie Merlin Hummel hat Sören mit 21 Jahren erstmals 76 Meter geworfen. In Deutschland ist das zuletzt Markus Esser gelungen, der bei seinen ersten 76-Meter-Würfen sogar noch ein Jahr jünger war. Das ist wirklich toll für den Hammerwurf bei uns. Wenn beide gesund bleiben, haben wir schon für das kommende Jahr bei den Olympischen Spielen zwei vielversprechende Kandidaten und auf jeden Fall für die Spiele 2028.

Sören ist in den vergangenen Jahren deutlich professioneller geworden, sicherlich verbunden mit seinem Alter und dem Erwachsenwerden. Er weiß, was er will. Seine Verbesserung in den vergangenen beiden Jahren war hervorragend. Die Grundbausteine sind gelegt und wenn er diesen Weg weiterverfolgt, entwickelt er sich auch gut weiter.

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