Mit der EM in Rom und den Olympischen Spielen in Paris stehen im Sommer gleich zwei internationale Höhepunkte für die besten deutschen Athletinnen und Athleten an. Der Weg dorthin führt über eine optimale Vorbereitung, für die zahlreiche DLV-Asse im März und April verschiedene Trainingslager aufsuchen. Wer schuftet wo? Wir haben nachgefragt!
Beliebtes Trainingslager-Ziel für Athletinnen und Athleten verschiedener Disziplingruppen ist auch in diesem Frühjahr Südafrika. Die warmen Temperaturen und die geringe Zeitverschiebung von nur einer Stunde bieten optimale Trainingsbedingungen. In Stellenbosch ist zudem mit Chauncey Johnson ein Kontaktmann vor Ort, Heimtrainer von Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre (ART Düsseldorf), der mit seinen Kontakten zur Universität, zu der die Trainingsanlagen gehören, eine wertvolle Unterstützung ist.
In Potchefstroom weilen bereits seit Anfang März 35 Athletinnen und Athleten aus dem Bereich Lauf/Gehen. Unter anderem sind die beiden WM-Teilnehmerinnen über 800 Meter Christina Hering (LG Stadtwerke München) und Majtie Kolberg (LG Rhein-Wied) vor Ort. „Alle Schritte führen zu einem größeren Ziel“, kommentiert die Münchnerin ein Instagram-Video, das sie bei einem gemeinsamen Lauf mit ihrer DLV-Kollegin zeigt. „Die Zeit fliegt wie meine Formkurve“, konstatiert der Deutsche Meister über die Hindernisse Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898) – und mit seiner Form geht es seit Ende Januar wieder bergauf.
„Road to Paris“ führt über „Potch“
Für die Trainingsbetreuung vor Ort sind die Mittelstrecken-Bundestrainer Andreas Knauer (Frauen), Georg Schmidt (Männer) und Markus Kubillus (Hindernis) zuständig. Nachwuchs-Bundestrainer Benjamin Stalf hat viele Nachwuchs-Athletinnen und -athleten aus seiner Frankfurter Trainingsgruppe mitgebracht.
Auch die Trainingsgruppe der Langhürdler von Bundestrainer Volker Beck lässt die Fans mit Instagram-Videos an ihrer „Road to Paris“ teilhaben. Nachdem er im Vorjahr das WM-Finale erreicht hat, ist Joshua Abuakus großes Ziel, das auch bei den Olympischen Spielen in der französischen Hauptstadt (1. bis 11. August) zu schaffen. Der Frankfurter absolviert seine Hürden-Einheiten unter anderem gemeinsam mit Emil Agyekum (SCC Berlin), Halbfinalist der WM.
Potchefstroom und Stellenbosch beliebteste Ziele
Die Geher um den Deutschen Rekordler Christopher Linke, Karl Junghannß (LC Top Team Thüringen) und U20-Europameister Frederick Weigel (beide SC Potsdam) haben sich unter Anleitung des neuen Nachwuchs-Bundestrainers Olaf Möldner ebenfalls in Potchefstroom vorbereitet. Unter anderem für den U20-Europameister und für den Olympia-Zweiten Jonathan Hilbert (LG Ohra Energie) steht bereits am Samstag ein Wettkampf an: die Ausscheidung um die Mixed-Staffel-Startplätze für die Team-WM in Antalya (Türkei; 21. April).
Die Mehrkämpfer hingegen haben ihre Zelte auch in diesem Jahr in Stellenbosch aufgeschlagen. Für die Siebenkämpferinnen stehen noch ein paar letzte Trainingstage an, die Zehnkämpfer sind bereits wieder zurück in die Heimat geflogen – mit einer positiven Bilanz. „Das Trainingslager war wieder sehr erfolgreich“, sagt Zehnkampf-Bundestrainer Christopher Hallmann.
Nächste Trainingslager schon im April
Mit einem großen Kompetenzteam vor Ort und einem ständigen Austausch zwischen den anwesenden Trainern konnte eine hohe Trainingsqualität gewährleistet werden. Die Neulinge Felix Wolter (TSV Gräfelfing) und Nils Kremling (LG Telis Finanz Regensburg), die mit ihren Heimtrainern zum ersten Mal dabei waren, haben sich bestens in die Gruppe eingegliedert. Besonders profitieren konnten die Athleten davon, dass die Trainingseinheiten akribisch ausgewertet und per Video analysiert wurden. So konnten die Zehnkämpfer auch die Technik ihrer erfahrenen und versierten Kollegen unter die Lupe nehmen und daraus lernen. Im April geht’s bereits ins nächste Trainingslager nach Belek (Türkei).
Auch die Langsprinter trainieren in Stellenbosch, neben jungen Talenten unter anderem die Berliner 400-Meter-Gruppe von Sven Buggel. Das erste große Saisonziel für Skadi Schier, Alica Schmidt (beide SCC Berlin), Luna Thiel (VfL Wolfsburg), Jean Paul Bredau (SC Potsdam) & Co.: Die World Relays auf den Bahamas Anfang Mai. Vorher steht jedoch in La Palma (Spanien) noch ein weiteres Camp an, während es die Kurzsprinter nach Clermont (Florida) zieht.
Disziplingruppe Sprung zwischen Portugal und Südafrika
Ebenfalls in Stellenbosch versammelt sich derzeit das Who’s Who der deutschen Hochsprungszene. Christina Honsel (TV Wattenscheid 01) mit Trainerin Brigitte Kurschilgen, Imke Onnen (Hannover 96) mit ihrer Mutter und Trainerin Astrid Fredebold-Onnen, die Bundestrainer Hans-Jörg Thomaskamp und Sebastian Kneifel mit ihren Schützlingen Mateusz Przybylko und Tobias Potye sowie die Deutsche Meisterin Marie-Laurence Jungfleisch (VfB Stuttgart) mit ihrem Coach Tamas Kiss sowie Trainingskollegin und Weitspringerin Laura Raquel Müller (Unterländer LG).
Tobias Potye hatte am Ende der Hallensaison mit Knieproblemen zu kämpfen, bevor ihn Fieber die Hallen-WM-Teilnahme in Glasgow (Schottland) kostete. Die Krankheit ist nun überwunden, auch das Knie schränkt den Vize-Europameister nicht mehr ein. „Er kann alles trainieren, was auf dem Plan steht“, berichtet Sebastian Kneifel. Das ist unter anderem Krafttraining, Schnelligkeitstraining in Spikes und Anlaufkontrollen. Im April soll im nächsten Camp in Belek (Türkei) auch gesprungen werden. Der Europameister von 2018 Mateusz Przybylko, der zuletzt ebenfalls ausgebremst wurde, muss noch Rücksicht auf seinen Fuß nehmen, trainiert aber ebenfalls wieder fleißig.
Die restliche Disziplingruppe Sprung ist überwiegend in Europa geblieben. Dreisprung-Bundestrainer Charles Friedek macht mit einigen Athletinnen Station in Monte Gordo (Portugal). Mit dabei sind auch die EM-Finalistin im Weitsprung Merle Homeier, Dreispringerin Kira Wittmann (beide Hannover 96) und U23-Athletin Anna Gräfin Keyerlingk mit ihrem Coach Frank Reinhardt. Weitspringerin Maryse Luzolo (Königsteiner LV) und ihr Trainer Jürgen Sammert haben sich ebenfalls Monte Gordo für die Vorbereitung auf den Sommer ausgesucht.
Wurf-Nachwuchs ackert gemeinsam in Portugal
Ebenfalls in Portugal befinden sich einige talentierte Nachwuchs-Werferinnen und Werfer – nicht zuletzt Speerwurf-Sensation Max Dehning (TSV Bayer 04 Leverkusen), der mit seinem 90-Meter-Wurf bei der Winterwurf-DM für Aufsehen gesorgt hat. Er konnte nach dem Werfer-Europacup, der Anfang März in Leiria stattfand, gleich in Portugal bleiben. „Beim Europacup war es ja noch kalt und regnerisch, aber jetzt haben wir tolle Trainingsbedingungen“, berichtet der Leitende Bundestrainer Nachwuchs Wurf Steve Harnapp, der die Talente begleitet.
Mit von der Partie sind bis zum kommenden Wochenende auch der U23-Vize-Europameister im Diskuswurf Marius Karges und U20-Europameisterin Curly Brown (beide Eintracht Frankfurt), Speerwurf-Talent Mirja Lukas (TSV Bayer 04 Leverkusen) sowie die U20-Vize-Europameisterin im Hammerwurf Jada Julien (LV 90 Erzgebirge). Mit dem Speerwurf-Vize-Europameister von 2018 Andreas Hofmann (MTG Mannheim), der sich nach seinem Kreuzbandriss zurückkämpfen möchte, haben sie ein gutes Vorbild beim Training vor Augen.
„Wir haben eine Top-Trainingsanlage und einen sehr guten Kraftraum vor Ort“, lobt Steve Harnapp. Dementsprechend motiviert sind die Athletinnen und Athleten und wollen die guten Bedingungen nutzen. „Der Grundstein für eine gute Freiluftsaison ist gelegt.“ Das Wichtigste: Alle Athletinnen und Athleten sind gesund und werden auch von zwei Physios optimal versorgt.
Beste Bedingungen und hohe Umfänge auf Zypern
Einen guten Fitness-Zustand kann auch der Leitende Bundestrainer Wurf/Stoß Sven Lang für die Diskuswurf- und Kugelstoß-Asse vermelden. Unter anderem die Europacup-Starter Clemens Prüfer (SC Potsdam) und Steven Richter (LV 90 Erzgebirge), aber auch die WM-Finalistinnen Kristin Pudenz (SC Potsdam) und Claudine Vita (SC Neubrandenburg) haben kürzlich den Weg ins Trainingslager nach Nikosia (Zypern) angetreten, wo sie bis Ostern bleiben werden.
Mit Diskuswerferin Lea Bork (LV 90 Erzgebirge) und Kugelstoßer Lukas Schober (SG Freital-Weißig 1861) sind zwei Talente dabei, die erst dieses Jahr in die U23 aufgestiegen sind und nun Seite an Seite mit WM-Finalist Henrik Janssen (SC Magdeburg) und dem Olympiasieger von 2016 Christoph Harting (LG Nord Berlin) trainieren. Ein heftiges Gewitter gab es bereits, ansonsten spielte das Wetter aber deutlich besser mit als zuletzt beim Werfer-Europacup. 23 Grad und Sonne bieten beste Bedingungen – ebenso wie die Krafträume und Wurfplätze, wo die Werferinnen und Werfer derzeit im Training hohe Umfänge absolvieren.