Mit einem Einzelsieg und drei zweiten Plätzen an der Spitze hat das deutsche Team am Freitag die Aufholgjagd bei der Team-EM in Madrid eingeläutet. Nach dem unglücklichen Start am Donnerstag mit nur zwei Punkten als Schlusslicht des Klassements liegt die DLV-Auswahl nach weiteren elf von 37 Wettbewerben mit 120 Punkten auf Platz sieben.
19:45 Uhr im Estadio Vallehermoso in Madrid (Spanien). Und die Team-EM spitzt sich aus deutscher Sicht schon zu Beginn des Abends zu einem ersten Highlight zu: Merlin Hummel (LG Stadtwerke München) betritt auf Position zwei liegend für seinen letzten Wurf den Ring – und schleudert den Hammer in Richtung 82 Meter. Der Versuch ist zwar ungültig, doch er zeigt, worauf sich die Leichtathletik-Fans künftig noch freuen können. Der weiteste reguläre Versuch des 23-Jährigen wird an diesem Abend mit 81,27 Metern vermessen: Neue Bestleistung, Platz zwei noch vor dem Olympia-Zweiten Bence Halasz (Ungarn; 80,63 m) und 15 Punkte fürs DLV-Team. Allein der Olympia-Dritte Mykhaylo Kokhan (Ukraine; 81,66 m) war besser.
Und während Merlin Hummel die Punktejagd für das DLV-Team eröffnet, steht Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim) für ihren fünften Versuch bereit. Mit 18,80 Metern liegt sie zu diesem Zeitpunkt auf Platz vier. Dann befördert sie die Vier-Kilo-Kugel auf 19,58 Meter, schiebt sich hinter Europameisterin Jessica Schilder (Niederlande; 20,14 m) auf Rang zwei nach vorne. Und holt ebenfalls 15 Punkte für das deutsche Team. "Wir hatten am Donnerstag nicht den besten Start. Aber ich fand es so toll, wie wir heute in der Teambesprechung gesagt haben: Wir tragen einander. Wenn jemand Punkte auf der Strecke liegenlässt, dann kann jemand anderes sie wieder aufsammeln. Das hat mich heute auf jeden Fall motiviert."
"Die Power war da, ich wusste, da geht auf jeden Fall viel. Und ich bin froh, dass ich bei dieser Temperatur und der Länge des Wettkampfs so performen konnte", bilanzierte Merlin Hummel. "Ich denke schon wieder ganz viel darüber nach, was ich noch besser machen könnte, aber jetzt sollte ich mich erstmal drüber freuen, wie es hier gelaufen ist. Ich bin super stolz, dass ich hier einer der Leistungsträger bin, aber ich bin eigentlich immer vor allem fokussiert auf meine eigene Leistung."
Meisterschaftsrekord für Karl Bebendorf
Es war ein stimmungsvoller Auftakt in den zweiten Wettkampf-Tag, den aus deutscher Sicht Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898) krönte: Der Hindernisläufer erwischte trotz Temperaturen um 35 Grad ein schnelles Rennen, in dem er sich stets in der Spitzengruppe aufhielt. Am Ende hatte er die meisten Körner und spurtete als Sieger über die Ziellinie – mit neuem Meisterschaftsrekord! Nach 8:20,43 Minuten waren 16 Punkte für das DLV-Team perfekt. "Dafür bin ich hergekommen", lachte er anschließend. "Es war schon mein Anspruch, aufgrund der Meldezeit wusste ich, dass ich das kann. Dass ich hintenraus noch mal pushen konnte, hat mich sehr gefreut. Die Temperaturen und das Klima hier sind verdammt hart. Ich hatte auch ein bisschen Bammel davor, aber das hat zum Glück alles gut geklappt."
Sogar schon vier Einzelsiege hat das Team der Niederlande auf dem Konto, das mit 165,5 Punkten die Gesamtwertung anführt. Dahinter legt Gastgeber Spanien vor Heimpublikum den erwartet starken Auftritt hin (134 pt), dicht gefolgt von Titelverteidiger Italien (133 pt). In den Kampf um das Podium können dahinter auch noch Polen (131,5 pt), Frankreich (126 pt) und Großbritannien (123 pt) eingreifen, die nach elf von 37 Wettbewerben noch vor der DLV-Auswahl liegen. Die deutsche Mannschaft hat nach dem unglücklichen Auftakt am Donnerstag – Schlusslicht mit zwei Punkten – jetzt in Summe 120 Zähler auf dem Konto und auf Rang sieben die Aufholgjagd mit vier Top-Zwei-Platzierungen eingeläutet.
Für ein weiteres Spitzen-Resultat sorgte im Diskuswurf Shanice Craft (SV Halle). Und dabei war Durchhaltevermögen angesagt. Denn erst im dritten Versuch gelang ihr der erste 60-Meter-Wurf. Und erst in Runde sechs erzielte sie mit all ihrer Erfahrung ihre Tagesbestweite, die sie hinter Jorinde van Klinken (Niederlande; 64,61 m) noch von Platz drei auf Platz zwei nach vorne brachte. Bemerkenswert: Vor elf Jahren war sie das erste Mal bei einer Team-EM am Start, im Alter von 21 Jahren, auch damals wurde sie – mit 65,07 Metern – Zweite.
Bestzeit für Johanna Martin
Die Wettbewerbe auf der Bahn hatte die Jüngste im deutschen Team eröffnet – und das mit einer neuen Bestleistung: U20-Talent Johanna Martin (1. LAV Rostock) vertrat auf der Stadionrunde die deutschen Farben, in einem Rennen mit Hallen-Weltrekordlerin Femke Bol (Niederlande), die in Meisterschaftsrekord von 49,48 Sekunden für Furore sorgte. Johanna Martin bestritt das Rennen mutig und kämpfte sich auf der Zielgeraden als Sechste über die Ziellinie. Im vorher gestarteten B-Rennen war nur eine Athletin schneller, und so konnte sie mit neuem Hausrekord von 51,55 Sekunden zehn Punkte für das deutsche Team verbuchen.
Keinen guten Tag erwischte dagegen Jean Paul Bredau (VfL Wolfsburg), der kurz darauf seine Stadionrunde absolvierte. Und das ausgerechnet am Tag seines 26. Geburtstags. Schon früh wurde deutlich, dass er den Anschluss ans Feld nicht halten kann. Schließlich kam er nach 46,64 Sekunden als Achter des A-Rennens ins Ziel, auch die Läufer im B-Rennen waren schneller, sodass er sich am Ende auf Rang 16 einsortierte.
Elena Burkard und Alexander Stepanov vorne mit dabei
Zweistellige Punktzahlen steuerten in der Hitze von Madrid Elena Burkard (LG farbtex Nordschwarzwald) und Alexander Stepanov (VfL Sindelfingen) auch bei. Und das mit beherzten Rennen, die sie jeweils auf den sechsten Platz brachten. Elena Burkard lief über 5.000 Meter ein kontrolliertes Rennen in der Spitze des Feldes, auch als sich sechs Läuferinnen absetzen konnten, war sie vorne mit dabei. Bei der letzten Tempoverschärfung von Europameisterin Nadia Battocletti (Italien; 15:56,01 min) musste sie abreißen lassen, elf Punkte waren ihr aber nach 16:10,06 Minuten sicher.
Über 800 Meter bewies Alexander Stepanov, dass er sein neues Niveau auch in einem wichtigen internationalen Rennen abrufen kann: Der 20-Jährige setzte etwa 200 Meter vor dem Ziel seinen Spurt an und schien kurzzeitig sogar um eine Top-Drei-Platzierung zu laufen, auf der Zielgerade gingen dann ein wenig die Kräfte aus. In 1:45,82 Minuten lief er dennoch die zweitbeste Zeit seiner Karriere. An der Spitze stellte Sieger Mohamed Attaoui (Spanien) in 1:44,01 Minuten einen neuen Meisterschaftsrekord auf.
Gute Sprint-Ergebnisse zum Tagesabschluss
Den Schlusspunkt unter die Bahn-Wettbewerbe setzten die Sprinterinnen und Sprinter über 100 Meter. Team-Kapitänin Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar) steuerte in 11,26 Sekunden elf Punkte zum Teamergebnis bei, damit war sie auf Rang sechs zwei Plätze und eine Zehntel besser als bei ihrem Team-EM-Start zwei Jahre zuvor in Chorzów. Lucas Ansah-Preprah (Hamburger SV) brachte bei seiner Einzel-Premiere im Rahmen einer Team-EM in 10,15 Sekunden sogar die fünftschnellste Zeit des Tages auf die Bahn. Beide untermauerten damit ihr stabil hohes Niveau.
Noch einen Punkt konnte Pascal Boden (Dresdner SC 1898) im Dreisprung für das DLV-Team erzittern: Nach zwei ungültigen Versuchen brauchte der 22-Jährige, der für den verletzten Steven Freund (LAC Erdgas Chemnitz) ins DLV-Team nachgerückt war, einen gültigen Versuch, um sich in die Punktewertung zu schieben. Der gelang zwar, mit 14,59 Metern blieb er dabei allerdings unter seinen Möglichkeiten und verpasste einen Platz in den Top Acht, welcher ihm weitere Sprünge beschert hätte.