Das DLV-Team hat am dritten Tag der Team-EM in Madrid seine Aufholjagd fortgesetzt: Am Samstag ging es mit Top-Resultaten in Serie sogar vorläufig vor bis auf Platz zwei. Das i-Tüpfelchen setzte Dreispringerin Caroline Joyeux mit einem überragenden Konter. Am Sonntag werden nach weiteren zwölf Wettbewerben die Team-Medaillen verteilt. Italien greift nach der Titelverteidigung, aber das Feld ist eng beisammen.
25 von 37 Wettbewerben sind bei den Team-Europameisterschaften in Madrid (Spanien) absolviert. Und das deutsche Team hat sich von Platz 16 am Donnerstag über Platz sieben am Freitag vorläufig auf Rang zwei nach vorne gearbeitet. Während am Freitag noch die Niederlande deutlich in Führung lagen, hat nun Favorit und Titelverteidiger Italien (290 pt) die Spitze der Zwischenwertung erobert. Deutschland hat 266 Punkte gesammelt, dahinter geht es mit Polen (256,5 pt), den Niederlanden (253,5 pt), Großbritannien (252 pt) und Spanien (249 pt) in Lauerstellung äußerst eng zu.
Für das i-Tüpfelchen eines langen Abends, bei dem sich viele deutsche Höhepunkte aneinanderreihten, sorgte im letzten Wettbewerb Caroline Joyeux (LG Nord Berlin). Mit 14,17 Metern aus dem zweiten Versuch hatte sie lange in Führung gelegen, bis die Schwedin Maja Åskag (14,18 m) sie im sechsten Versuch von der Spitze verdrängte. Doch die Berlinerin konnte kontern: Als letzte Athletin des Tages stand sie am Anlauf und flog noch einmal bis auf 14,42 Meter! Zu ihrer einen Monat alten Bestleistung fehlten nur drei Zentimeter. Nach zwei 14-Meter-Wettkämpfen mit Anlauf auf dem Steg konnte Caroline Joyeux nun auch im Stadion die ersten 14-Meter-Sprünge feiern.
Deutsche Sprintstaffeln in Bestform
Kurz zuvor hatten schon die deutschen Sprintstaffeln das DLV-Team mächtig nach vorne gebracht. Und das auf der schwierigen Bahn zwei und jeweils in neuen Besetzungen, in denen weitere deutsche Sprinterinnen und Sprinter ihre Staffel-Kompetenzen unter Beweis stellten. Erst brachten Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar), Marvin Schulte (ASV Köln), Julian Wagner (TV Wattenscheid 01) und Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV) den Stab in 38,27 Sekunden ins Ziel. Nur eine Hundertstel fehlte zu der Zeit, mit der ein DLV-Quartett im Trainingslager in Kuala Lumpur (Malaysia) die bisher beste Leistung des Jahres hingelegt hatte – Platz zwei hinter den Niederlanden (37,87 sec).
Dann brüllten sich die Jungs auf der Tribüne die Seele aus dem Leib, während Lisa-Marie Kwayie (Neuköllner SF), Sina Mayer (LAZ Zweibrücken), Sophia Junk (LG Rhein-Wied) und Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar) ihre Runde drehten. Nicht alle Wechsel waren optimal, aber die Form stimmte – und somit auch die Zeit von 42,52 Sekunden. Überragend waren am Samstag in Madrid die Niederlande (42,02 sec) und Spanien (42,11 sec), die beide neue Landesrekorde aufstellten.
"Ich wollte den Stab nur so schnell wie möglich an Sina weiterreichen. Ich glaube, wir sahen trotz Bahn zwei ganz gut aus", blickte Startläuferin Lisa-Marie Kwayie auf das Rennen zurück. "Wir haben gestern im Staffeltraining das erste Mal den Wechsel geübt", verriet Sina Mayer. "Das hat direkt gepasst. Dann hatten wir ein gutes Gefühl und haben gesagt, das kriegen wir hin!" – "Der Wechsel von Sina auf mich war nicht ganz rund, aber wir denken beide, dass er gültig war", berichtete Sophia Junk, die am Sonntag noch über 200 Meter startet, "die Kurve war dann super und die Bahn ist schnell." Lisa Mayer genoss ihren ersten Auftritt als Schlussläuferin: "Das war heute für mich die Premiere, ich bin zum allerersten Mal auf der Vier gelaufen, auf diese Aufgabe habe ich mich heute noch mal extra gefreut, das hat mich beflügelt. Auf Bahn zwei war das für uns ein sehr, sehr gutes Rennen. Und hat riesen Spaß gemacht!"
Mika Sosna macht's im Ersten
Als die Staffeln das Stadion zum Toben brachten, war die Arbeit von Mika Sosna (TSG Bergedorf) im Grunde schon getan. Er kämpfte zwar noch um eine Verbesserung, doch sein entscheidender Wurf war ihm mit 66,17 Metern direkt in Runde eins gelungen. Nur der Olympiasieger und zweimalige Weltmeister Daniel Ståhl (Schweden; 68,36 m) war an diesem Abend besser. "68 Meter wären für mich in diesem Stadion, bei diesen Bedingungen und dieser Hitze heute nicht möglich gewesen, glaube ich, eine 67 vielleicht. Ich habe versucht, mich zusammenzureißen, weil ich dachte, die anderen Jungs kommen noch mal ran, aber es war ein wirklich schwieriger Wettkampf für mich", erklärte Mika Sosna. "Deutschland zu vertreten ist für mich immer eine Ehre. Es war für mich kein Wettkampf wie jeder andere. Ich bin stolz, hier für Deutschland an den Start zu gehen, und ich hoffe, ich konnte dem Team helfen."
Im Hochsprung spielte Tobias Potye (Cologne Athletics) seine Klasse und seine Routine aus. Mit einem frühen Einstieg bei 2,05 Meter ließ er nichts anbrennen und meisterte nach zwei Höhen im zweiten Versuch die entscheidenden 2,24 Meter im ersten Anlauf. Damit hatte er sich in den Top Drei festgesetzt, für 2,27 Meter – ein Zentimeter über seiner Saison-Bestleistung – reichte es mit nur noch zwei verbliebenen Fehlversuchen nicht. Bei der Team-EM sind im Hochsprung und im Stabhochsprung in Summe maximal vier Fehlversuche erlaubt. Umso bemerkenswerter, dass der Tscheche Jan Štefela als Sieger dieses Wettbewerbs sogar 2,33 Meter überwand.
Eine weitere absolute Weltklasse-Leistung sahen die Fans im Weitsprung der Männer. Olympiasieger Miltiadis Tentoglou (Griechenland) nahm zweimal Anlauf, dann waren mit 8,46 Metern Meisterschaftsrekord und Weltjahresbestleistung perfekt. Auch Thobias Montler (Schweden; 8,08 m), Mattia Furlani (Italien; 8,07 m) und Piotr Tarkowski (Polen; 8,03 m) überboten die Acht-Meter-Marke. Elf deutsche Punkte holte auf Platz sechs Simon Batz (MTG Mannheim; 7,92 m), der den Olympia-Vierten Simon Ehammer (7,89 m) hinter sich ließ. Der Schweizer ließ die Eidgnossen zittern, erst in Runde drei gelang ein gültiger Versuch.
Elena Kelety ganz vorne mit dabei
Jede Menge Punkte sammelten auch die deutschen Asse über 400 Meter Hürden. Besonders Elena Kelety (Frankfurt Athletics), die auf den letzten 50 Metern sogar noch fast bis in die Top Drei stürmte. Am Ende fehlten gegen Fatouma Binta Diallo (Portugal; 54,77 sec), Ayomide Folorunso (Italien; 54,88 sec) und Lina Nielsen (Großbritannien; 54,90 sec) nur wenige Hunderstel zum Podium. In 54,91 Sekunden lieferte Kelety die vierte Zeit der Saison unter 55 Sekunden ab und lief bis auf 22 Hundertstel an ihre Bestleistung heran. Das war auf Platz vier 13 Punkte wert.
Platz sechs und elf Punkte brachte Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt; 49,39 sec) in das deutsche Teamergebnis ein. Und das unter erschwerten Bedingungen, denn er musste auf Bahn eins ran. "Auf Bahn eins kann man in der Kurve erst sehr spät die Hürde einsehen, das macht es schwierig", erklärte er. Prompt kam er dann auch an einer Hürde in der zweiten Kurve ein wenig aus dem Rhythmus, konnte aber mit einer starken Zielgeraden noch ein ordentliches Resultat erkämpfen. "Die Power ist da, aber das Rennen war nicht rund, da fehlte es an einigen Ecken. Aber im Vergleich zu den Vorleistungen ist die Platzierung schon okay", stellte er fest. Der Sieg in diesem Rennen ging nach Tschechien an Vit Müller (48,46 sec).
Aileen Kuhn in Europas Spitze
Mit dem Hammer reihte sich Aileen Kuhn (Eintracht Frankfurt) bei ihrem Debüt in der A-Nationalmannschaft in die Reihe der starken deutschen Werferinnen und Werfer ein: Nach einem sicheren Einstieg mit 67,76 Metern konnte sie sich noch auf 69,98 Meter steigern und wurde Fünfte, was dem DLV-Team zwölf Punkte bescherte. Im polnischen Team war einmal mehr Verlass auf die dreimalige Olympiasiegerin Anita Wlodarczyk (73,34 m).
„Die Aufregung hielt sich in Grenzen, weil ich in der U23 schon ein bisschen Erfahrung gesammelt habe. Es war bisher ein mega Erlebnis“, beschrieb Aileen Kuhn ihre Premiere auf großer Bühne. „Ich bin relativ zufrieden. Ich hätte gerne 70 Meter geworfen, das hat leider nicht ganz geklappt, aber ich denke, mit der Platzierung habe ich alles rausgeholt.“ Auf Madrid folgen für die 21-Jährige fast nahtlos die nächsten Höhepunkte, mit der U23-DM in Ulm und der U23-EM in Bergen (Norwegen) sowie den FISU World University Games in Bochum-Wattenscheid. Der Fokus liegt auf der U23-EM, bei der sie als Europas Jahresbeste ganz vorne mitmischen will.
Über 800 Meter mobilisierte Smilla Kolbe (Eintracht Frankfurt) für ihren ersten Auftritt im Nationaltrikot noch einmal alle Kräfte. Im Anschluss an die US-College-Saison konnte sie in ihrem neunten Rennen über die zwei Stadionrunden ein weiteres Mal überzeugen: 2:00,90 Minuten, Platz sieben und zehn Punkte für das DLV-Team. Mit ein paar kleinen Stolperern, einigen Extra-Metern und müden Beinen reichte es nicht ganz nach vorne – für eine Top-Vier-Platzierung wäre eine Zeit unter zwei Minuten notwendig gewesen. Ganz vorne siegte Anais Bourgoin (Frankreich; 1:58,60 min) mit Meisterschaftsrekord.
Manuel Mordi zweistellig
Auf der nicht ganz optimalen Bahn acht außen ohne Kontakt zum Feld musste Manuel Mordi (Hamburger SV) über 110 Meter Hürden ran. Während vorne Jason Joseph (Schweiz) in 13,24 Sekunden Europameister Lorenzo Ndele Simonelli (Italien; 13,27 sec) bezwang, sprintete der Deutsche Meister nach 13,64 Sekunden ins Ziel und blieb dabei in etwa im Bereich seiner Saison-Bestleistung (13,59 sec). Auf Platz sieben gab’s zehn Punkte für das deutsche Team.
Auch Ricarda Lobe (MTG Mannheim) hatte die Außenbahn erwischt. Und leider ein Rennen, das für die Deutsche Meisterin nicht rund lief. Nach mehreren Hürdenberührungen kam sie kurz ganz aus der Balance und rettete auf Platz acht noch 13,20 Sekunden ins Ziel, was in der Summe beider Rennen Platz zwölf bedeutete. „Das ist ärgerlich, denn genau das hatte ich mir heute vorgenommen: keine Hürde mitzunehmen! Das Niveau ist so hoch, da möchte man um jede Sekunde kämpfen“, erklärte Ricarda Lobe. Eine Tausendstel-Entscheidung gab es an der Spitze zwischen Ditaji Kambundji (Schweiz) und Nadine Visser (Niederlande; beide 12,39 sec).