Mit einem Lächeln im Gesicht nutzte Anna Hahner die idealen Bedingungen beim Berlin-Marathon am Sonntag zu einer neuen Bestzeit. Als Belohnung für 2:26:44 Stunden gibt es nun eine Sachertorte und 16 Tafeln Schokolade. Im Interview erzählt die 24-Jährige über ein Rennen, bei dem sie enorm viel Spaß hatte, ihre Pläne im kommenden Jahr und Olympia 2016 in Rio de Janeiro (Brasilien).
Anna Hahner, wie fühlen sich Ihre Beine knapp zwei Stunden nach dem Zieleinlauf an?
Anna Hahner:
Gut. Es wäre jetzt gelogen, wenn ich sagen würde, sie wären ganz frisch. Aber dafür, dass ich eben einen Marathon gelaufen bin, fühlen sie sich richtig gut an.
Sie scheinen sich insgesamt sehr gut zu fühlen, das hat man auch auf der Strecke gespürt. Sie haben fast bis zum Ende durchgelächelt…
Anna Hahner:
Ich habe mir ganz bewusst vorgenommen, bei diesem Rennen Spaß zu haben. Ich liebe das Laufen, es ist meine Leidenschaft, und das will ich auch zeigen. Hinzu kam, dass mich so viele Zuschauer entlang der Strecke immer wieder angefeuert haben. Das war so schön. Natürlich ist der Marathon anstrengend, aber ich habe mir gesagt, so lange du lächeln kannst, fällt es dir leichter. So konnte ich ein paar anstrengende Momente weglächeln. (lacht)
Man kann während eines so wichtigen Rennens mit dem „Tunnelblick“ unterwegs sein oder man kann versuchen, die Stimmung komplett aufzusaugen, um daraus positive Energie zu gewinnen. Warum ist für Sie die zweite Variante die bessere?
Anna Hahner:
Mich puscht das unglaublich, ich möchte mich auf die Stimmung einlassen. Ich habe während des Rennens sogar viele Leute an der Strecke erkannt, die Begeisterung wollte ich mitnehmen. Das war eine ganz bewusste Entscheidung. Mich hat das unglaublich angetrieben.
Dabei muss man aber auch ein Stück weit Kontrolle abgeben. Oder sagen wir es so. Sie mussten Ihren Tempomachern blind vertrauen.
Anna Hahner:
Stimmt, das habe ich heute wirklich abgegeben. Normalerweise bin ich ein Mensch, der gerne die Kontrolle behält. Aber meine Begleiter haben einen super Job gemacht. Ich wollte mich bewusst nicht mit Zwischenzeiten beschäftigen, das kann einen ja auch negativ beeinflussen. Ich musste heute einfach nur hinterherlaufen.
Einer Ihrer Begleiter, der Berliner Mike Wollherr, musste früher als geplant aus dem Rennen. Hat Sie das verunsichert?
Anna Hahner:
Ich habe das natürlich mitbekommen, aber dafür hatte ich ja drei Begleiter. Es kann immer sein, dass mal einer ausfällt. Aber Marcel Bräutigam und Herrmann Achmüller haben das super gemacht. Hermann ist sofort zu mir gekommen und meinte: Anna, mich wirst du heute vor Kilometer 40 nicht los. Das war ein gutes Gefühl. Er hat auch ständig zu mir gesagt, ich solle Spaß haben, den Lauf einfach genießen. Wir hatten eine gemeinsame Mission und das hat geklappt.
Sie hatten ein starkes Jahr: Der Sieg beim Wien-Marathon im Frühjahr, nun die neue Bestzeit. Wie geht es weiter?
Anna Hahner:
Jetzt schalte ich erstmal etwas runter. Dann planen wir das neue Jahr. Ich möchte nächstes Jahr wieder zwei Marathons laufen. Welche das sind, werden wir sehen. Wir wollen im Frühjahr wieder nach Kenia ins Höhentraining gehen, darauf freue ich mich jetzt schon. Das ist einfach toll, dort im Kreis von so vielen Weltklasseläufern trainieren zu können. Die Details stehen aber noch nicht fest.
Ihr Fernziel sind die Olympischen Spiele in Rio. Bis dahin setzen Sie ganz auf große City-Marathons, die WM in Peking 2015 soll keine Rolle spielen. Wäre es nicht wichtig, vor dem Olympia-Marathon ein großes Rennen ohne die Mitarbeit von Tempomachern zu laufen?
Anna Hahner:
Ich bin im Training oft alleine unterwegs. Ich habe das Selbstvertrauen, auch ohne Tempomacher schnell laufen zu können. In Wien war ich am Ende auch auf mich gestellt, habe im direkten Duell die lange Zeit Führende noch überholt. Ich kann auch im Kampf Frau-gegen-Frau laufen nicht nur mit einer festgelegten Marschroute. Jedes dieser großen Rennen auf einem Niveau wie hier in Berlin bringt mich ein Stück weiter, diese Erfahrung möchte ich auch 2015 gerne wieder im Herbst und im Frühjahr machen, um noch stärker zu werden. Ich glaube, dass das ein guter Weg ist, um dann hoffentlich in Top-Form in Rio dabei zu sein.
Sie sind die siebtschnellste deutsche Marathonläuferin aller Zeiten. Nur drei Deutsche haben es unter 2:25 Stunden geschafft. Sie sind noch sehr jung und alles deutet darauf hin, dass Sie auch diese Marke bald erreichen können. Ist Ihnen das alles schon so richtig bewusst?
Anna Hahner:
Ich spüre die Anerkennung, wenn ich auf Top-Läuferinnen aus Kenia treffe, bevor sie nach deinem Vornamen fragen, wollen sie erstmal deine persönliche Bestzeit wissen. Wenn ich dann sage, dass ich eine 2:27 gelaufen bin, dann wird man schon akzeptiert als Läuferin. Auch Irina Mikitenko hat uns schon gesagt, dass wir noch viel Potenzial hätten - das von so einer großen Marathon-Läuferin zu hören, das tut schon gut.
Für Ihre Berliner Bestzeit gibt es nun eine Sachertorte vom Sponsor…
Anna Hahner:
Das stimmt (lacht). Also das war so: In Wien habe ich für meinen Sieg eine Sachertorte vom Veranstalter bekommen. Man muss wissen, ich liebe Schokolade. Vor Berlin haben wir überlegt, was es denn hier geben könnte. Da kamen wir dann auf Currywurst. Da meinte ich, das sei nicht so mein Ding, ich mag es lieber süß. Daraufhin bekam ich für eine Bestzeit eine Sachertorte versprochen. Und für jede Sekunden unter 2:27 Stunden gibt es sogar noch eine Tafel Schokolade dazu - das macht 16. Da freue ich mich schon drauf - Lisa bekommt aber auch was ab.