| Hallen-EM 2017

Die Kämpferin von der Schwäbischen Alb - Alina Reh peilt in Belgrad das Finale an

Im Nachwuchsbereich hat Deutschlands zweimalige "Jugend-Leichtathletin des Jahres" Alina Reh mehrere Jahre lang abgeräumt. Nach einer schwierigen Saison 2016 ist sie nun auch in der Frauenklasse obenauf und steht vor ihrer internationalen Premiere im Kreise der Großen bei der Hallen-EM in Belgrad. Dort peilt sie im 3.000-Meter-Vorlauf am Freitag (12:15 Uhr) das Finale am Sonntag (16:30 Uhr) an.
Ewald Walker

„Ich hatte so Bock, hier zu laufen“, schrie Alina Reh (SSV Ulm 1846) bei den Deutschen Hallenmeisterschaften am 19. Februar in Leipzig ihre Freude hinter der Ziellinie heraus. Zuvor war sie wie aufgedreht 15 Runden an der Spitze des 3.000-Meter-Feldes gerannt. Am Ende ließ sie selbst der Hindernis-Europameisterin Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) keine Chance. Sie unterbot mit 8:53,56 Minuten ihre Bestleistung gleich um sieben Sekunden und blieb deutlich unter der Norm für die Hallen-EM in Belgrad (Serbien; 3. bis 5. März).

„Es war beeindruckend, wie Alina 15 Runden lang Tempo gemacht hat“, sagte Brigitte Kraus (ASV Köln), Vize-Weltmeisterin 1983 in Helsinki (Finnland) über 3.000 Meter und dreifache Hallen-Europameisterin. „Die junge Frau hat eine totale ‚ich will‘ Mentalität“, zollte sie der jungen Läuferin größte Anerkennung – ein kleiner Ritterschlag für die 19-Jährige. Denn Brigitte Kraus hält mit 4:03,64 Minuten seit 32 Jahren den deutschen 1.500-Meter-Hallenrekord und ist mit 63 nationalen Titeln Rekordmeisterin im DLV.

Schnee schippen fürs Training auf der Schwäbischen Alb

„Der Winter war wieder hart“, sagt Alina Reh. Die junge Frau ist geprägt von der Landschaft und der Natur der Schwäbischen Alb. Sich durchbeißen gegen Widrigkeiten ist dort ein Lebensprinzip. Kalt war es, bis zu 40 Zentimeter Schnee lagen in ihrem Wohnort Laichingen, da ist viel Motivation erforderlich, um jeden Tag zweimal rauszugehen und um wöchentlich rund 100 Kilometer zu laufen. „Und dann musste ich allein ein 200 Meter-Stück die Bahn vom Schnee räumen, um Tempoläufe zu machen“, sagt der Lockenkopf. Ihre Leidenschaft fürs Laufen hat sie trotz Schnee und Kälte motiviert.

Rückblick: 2015 war das Jahr der Alina Reh. Sie wurde zweifache U20-Europameisterin über 3.000 und 5.000 Meter und entthronte in Nürnberg die damals nach einer Verletzung noch nicht wieder ganz fitte Deutsche Serienmeisterin Sabrina Mockenhaupt (damals LG Sieg) über 5.000 Meter.

Doch Anfang 2016 riss der Faden: Alina Reh erlitt nach ihrem Wechsel zum SSV Ulm 1846 zwei Ermüdungsbrüche, hinzu kamen zwei Trainerwechsel. „Ich habe eine harte Zeit hinter mir“, sagt die Laichingerin. Denn während ihre Konkurrentin Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer 04 Leverkusen) Bestzeiten in Serie sowie sechs deutsche U20-Rekorde ablieferte, musste Alina Reh zuschauen. Zum Ende der Saison kam Alina Reh allerdings wieder in Fahrt, lief bei der U20-WM als schnellste Europäerin deutschen U20-Rekord über 5.000 Meter und beendete ihre Jugendkarriere mit zwei Titel bei der U20-DM.

Trainerwechsel geglückt

Seit knapp einem Jahr wird Alina Reh nun von Jürgen Austin-Kerl trainiert. Der 47-Jährige ist als Stabsfeldwebel bei der Bundeswehr in Ulm stationiert und war in seiner aktiven Zeit auf den 10.000 Metern (29:21,80 min), im Halbmarathon (64:22 min) und Marathon (2:18:37 h) schnell unterwegs. Beste Voraussetzungen, um in den meisten Trainingseinheiten mit Alina Reh selbst mitzulaufen. „Wir haben viel alternativ trainiert und im mentalen Bereich gearbeitet“, blickt Jürgen Austin-Kerl auf die schwierigen Monate im Vorjahr zurück.

Dies hat offensichtlich Wirkung gezeigt, denn die Rückkehr auf die blaue Bahn in Leipzig war schon spektakulär. Alina Reh ist wieder obenauf, wie Konstanze Klosterhalfen. „Wir verstehen uns gut, liegen bei internationalen Meisterschaften zusammen auf einem Zimmer“, sagt Alina Reh. Auch bei der Hallen-EM am Wochenende in Belgrad werden die beiden „flotten Mädels“ wieder zusammen sein. Während für die Leverkusenerin über 1.500 Meter sogar eine Medaille in Reichweite sein könnte, schätzt Alina Reh ihre Chancen realistisch ein. „Das Finale ist mein Ziel“, sagt sie. Das ist nicht unrealistisch. Liegt die 19-Jährige doch in Sachen Saisonbestzeit auf Rang zehn des Starterfeldes. Ein ganz großes Ziel vereint Klosterhalfen und Reh: 2020 wollen sie gemeinsam nach Tokio (Japan) zu den Olympischen Spielen.

Die Kämpferin von der Schwäbischen Alb hat auch ihr Leben neben dem Sport geordnet. Nach dem Abitur hat Alina Reh die anderthalbjährige Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau abgeschlossen. Morgens arbeitet sie im REWE-Geschäft ihrer Mutter in Laichingen, dann hat sie den Rücken frei fürs Training. Zu Beginn des Jahres war sie auch auf Langlauf-Ski unterwegs. Dann wieder 100 bis 120 Kilometer die Woche in Laufschuhen. Es waren Kilometer in eine Saison, die vielversprechend gestartet ist. Leipzig und Belgrad sollen nur der Anfang gewesen sein.

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