Die Deutschen Hallenmeisterschaften in Karlsruhe haben sieben junge Titelträger hervorgebracht, die noch nie zuvor bei den Erwachsenen ganz oben auf dem DM-Treppchen gestanden haben. Wir stellen neue Gesichter und Aufsteiger vor. Einige der „Neuen Meister“ gehören trotz ihrer Jugend schon zu den bekannten Athleten der Szene. Heute an der Reihe: Hochspringerin Imke Onnen (LG Hannover).
Imke Onnen
LG Hannover
*17. August 1994
Größe: 1,90 Meter
Gewicht: 65 Kilo
Hochsprung
Bestleistung: 1,84 m (2013); Halle: 1,86 m (2015)
Deutsche Hallenmeisterin 2015
Wenn Imke Onnen von ihrem Erlebnis Hallen-DM 2015 spricht, sprudelt die Freude nur so aus ihr heraus. Das liegt einerseits daran, dass die 20-Jährige generell ein fröhlicher Typ ist und andererseits daran, dass dieser frühe Sonntagnachmittag in der Karlsruher Messehalle ihr bisheriges Highlight der jungen Sportkarriere gewesen ist.
"Es war eine tolle Stimmung. Ich hatte einfach Spaß. Dazu kam, dass ich im richtigen Moment Nerven bewahrt habe", erklärte die Hochspringerin, die als einzige Athletin 1,86 Meter übersprang und damit ihre Bestleistung einstellte. In Abwesenheit der verletzungsbedingt im gesamten Winter fehlenden Titelverteidigerin Marie-Laurence Jungfleisch (LAV Stadtwerke Tübingen) bedeutete das Gold.
Zum Flow in diesem Wettkampf bei Imke Onnen trug auch bei, dass ihr großer Bruder Eike (LG Hannover) parallel im Wettbewerb der Männer am Start war. Der 33-Jährige holte mit 2,15 Metern Silber. "Wir haben uns gegenseitig unterstützt", erzählt Imke Onnen. "Es ist ein riesen Vorteil, ihn in der Hinterhand zu haben." Das gilt auch im Trainingsalltag. Eike Onnen war schon bei großen Meisterschaften wie Welt- und Europameisterschaften dabei und kann einiges an Erfahrung weitergeben. In Richtung Sommer setzt er wieder mehr auf den Sport und will es Richtung Olympia 2016 noch einmal wissen.
Leidenschaft entfacht
Leichtathletik ist in der Familie Onnen ein fester Bestandteil des Alltags. Mutter Astrid, frühere Deutsche Meisterin im Fünfkampf, trainiert Imke und ihre Brüder. Auch unter anderem Zehnkämpfer Maximilian Gilde (LG Hannover) gehört zur Gruppe, deren Zusammenhalt die junge Athletin schätzt.
„Natürlich streiten wir auch mal. Das ist ganz normal bei Mutter und Tochter“, erzählt Imke über das Verhältnis zu ihrer Mutter und Trainerin. „Aber wir trennen zwischen dem Mutter-Tochter-Verhältnis und dem zwischen Trainerin und Athletin.“
Das Nesthäkchen der Onnen-Familie, zu der neben Eike die zwei weiteren Brüder Lasse und Kjell sowie Schwester Maie zählen, brauchte etwas, bis auch bei ihr die Leidenschaft für die Leichtathletik entfacht wurde. "Ich trainiere erst seit fünf Jahren leistungsorientiert. Vorher habe ich Tennis gespielt und mich meinem Jugendleben gewidmet", erzählt die Schülerin, die auf einer sportorientierten Schule gerade ihr Abitur baut. „Dass ich mit dem Sport angefangen habe, hat mir auch auf persönlicher Ebene geholfen, mich zu entwickeln. Auch auf schulischer Ebene hatte das einen Einfluss. Ich bin disziplinierter geworden. Außerdem schätze ich das Gemeinschaftsgefühl bei Wettkämpfen.“
Zwangspause bringt Zeit, um Defizite abzubauen
Schnell stellten sich erste Erfolge wie die Teilnahme an Deutschen Jugendmeisterschaften ein, im Jahr 2013 ging es zur U20-EM. Das vergangene Jahr war in Sachen Wettkämpfe allerdings eines zum Vergessen. Ein Ermüdungsbruch im Fuß zog sich lange hin. "Ich bin fünf Monate auf Krücken gegangen", erinnert sich die Hochspringerin.
Auch wenn es manchmal schwer fiel, versuchte sie auch in dieser Zeit positiv zu denken. "Ich habe die Zeit genutzt, um an meinen Defiziten in Sachen Körperspannung und Athletik zu arbeiten. Ich bin groß und schnell gewachsen. Da ist es schwierig gewesen, meine langen Beine unter Kontrolle zu bekommen. Das war ein Nachteil."
Die vielen zusätzlichen Stabilisierungsübungen und Einheiten im Kraftraum haben sich in der Vorbereitung auf den Winter ausgezahlt. "Ich konnte viel mehr Sprünge realisieren, weil ich nicht mehr so stark auf die Körperspannung achten muss", erklärt die Deutsche Hallenmeisterin ihre Steigerung in der zurückliegenden Saison, die aber zwischenzeitlich am seidenen Faden hing und ausgebremst wurde. Beim Saisonauftakt in Clarholz knickte Imke Onnen im Absprung um und holte sich eine Bänder-Überdehnung. Im Training bedeutete das: kürzer treten.
U23-EM und 1,90 Meter anvisiert
Das Gefühl, ihr Potenzial noch nicht vollständig ausgeschöpft zu haben und besonders das positive Erlebnis Hallen-DM geben der Nachwuchsathletin einen zusätzlichen Motivationsschub. Im Sommer ist die U23-EM in Tallinn (Estland; 9. bis 12. Juli) anvisiert, für die eine Bestätigung der Bestleistung aus der Halle von 1,86 Meter als Norm gefordert ist. Außerdem ist spätestens seit den vielversprechenden aber noch vergeblichen Versuchen an 1,90 Meter in Karlsruhe diese Marke ein Ziel.
Abseits der Normen und Höhen möchte Imke Onnen vor allem das Gefühl bewahren, dass sie zu ihrem ersten DM-Titel bei den "Großen" begleitet hat. "Das Wichtigste ist, Spaß zu haben. Sonst kann man so gut sein, wie man will. Man verkrampft und kann nicht hoch springen."
Video: <link video:11868>Imke Onnen: "Wollte Marke toppen"</link>
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Das sagt Bundestrainerin Brigitte Kurschilgen: |
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Imke hat in diesem Winter mehrfach gute Leistungen gezeigt, Breits bei den Norddeutschen in Berlin stellte sie eine Bestleistung mit 1,86 Metern auf, diese Leistung konnte sie bei der Hallen-DM wiederholen und damit überraschend den Titel erlangen. Imke hat erst relativ spät mit der Leichtathletik begonnen, dann aber eine kontinuierliche Entwicklung verzeichnet. Sie hat größere Verletzungsproblematiken im Bereich des Sprunggelenks. Imke hat ihr Potenzial aus meiner Sicht in der Entwicklung der Kraftfähigkeiten. Sie ist eine sehr große, relativ schnelle Athletin, eine gute Voraussetzung für eine Hochspringerin. Der Sprung über 1,86 Meter bei der Hallen-DM hat bereits in diesem Jahr ein Potential für 1,90 Meter gezeigt, womit sie bei der U23-EM sicher im Finale stehen kann.