| Weltmeisterschaften 2017

Rico Freimuth hält im Zehnkampf alles für möglich

Nach einem Seuchenjahr hat sich Zehnkämpfer Rico Freimuth (SV Halle) eindrucksvoll zurückgemeldet, in London gilt der WM-Dritte am Freitag und Samstag erneut als Medaillenkandidat - genau wie Kai Kazmirek von der LG Rhein-Wied.
sid/che

Rico Freimuth hatte genug. Der Körper streikte, all die Rückschläge und Verletzungen zermürbten den Zehnkämpfer, Muskeln und Gelenke schrien nach einem Seuchenjahr nach einer Pause - also drückte der WM-Dritte den Reset-Knopf. Vier Monate Wellness-Programm im Winter. „Mein Körper brauchte diese Auszeit unbedingt“, sagte Freimuth, ein Typ wie ein Baum.

Vor der Leichtathletik-WM hat sich Freimuth rechtzeitig zurückgemeldet. Und wie. Mit seiner Bestleistung von Ratingen (8.663 Punkten) ist der 29-Jährige die Nummer eins der Welt, zwei Jahre nach seinem Bronze-Coup gilt Freimuth in London ab Freitag wieder als Medaillenkandidat. „Alles ist möglich“, sagte der Hallenser, der auch seinen DLV-Kollegen Kai Kazmirek zu den Anwärtern auf Edelmetall zählt.

Wer folgt auf Athletenkönig Ashton Eaton?

Vor allem weil der König abgedankt hat - Weltrekordler, Olympiasieger und Titelverteidiger Ashton Eaton. Der US-Amerikaner hat nach Olympia in Rio seine Karriere beendet. Eaton sei „ein mentales Monster“ gewesen, sagte Freimuth, der 2016 keinen Zehnkampf beenden konnte und auch in Rio verletzungsbedingt aufgeben musste: „Ihm war keiner gewachsen.“

Doch nun ist das Rennen um Zehnkampf-Gold so offen wie lange nicht mehr. Ein Weltmeister aus Deutschland? „Klingt richtig geil“, sagte Freimuth – als bislang letzter Deutscher hatte Torsten Voss vor 30 Jahren den Titel für die DDR geholt.

Kevin Mayer der heißeste Kandidat für Gold

Doch auch ohne Eaton ist die Konkurrenz gewaltig, der Olympia-Zweite Kevin Mayer (Frankreich) hat in diesem Jahr noch keinen Zehnkampf bestritten - gilt aber als Favorit. Auch Vizeweltmeister Damian Warner (Kanada) wird wieder hoch gehandelt - genau wie Ilya Shkurenev aus Russland, der als neutraler Athlet starten darf.

„Ich kann mir gut vorstellen, dass man 8.600 Punkte für eine Medaille braucht“, sagte Freimuth – das hat in der Vergangenheit auch schon einmal für Gold gereicht, aber das Niveau ist in der Breite in diesem Jahr extrem hoch. Freimuth kann das, ebenso wie Kazmirek, der in Ratingen 8.478 Zähler hinlegte, aber noch viel Potenzial nach oben hat. Für Mathias Brugger (8.294/SSV Ulm 1846) sind diese Sphären noch zu hoch.

Die Deutschen sind für alle Fälle gewappnet

Das Seuchenjahr 2016 hat Freimuth mental stärker gemacht. Der Körper funktioniert sowieso wieder, aber auch für das Psycho-Duell in London ist er bestens vorbereitet. Es gehe darum, sich so zu motivieren, dass „du dich im Kopf für den Geilsten hältst. Es geht um diesen extremen Zustand“, sagte Freimuth, dessen Vater Uwe mit 8.792 Punkten immer noch der zweitbeste deutsche Zehnkämpfer der Geschichte ist: „Ich fühle mich gut und bin für alle Fälle gewappnet.“

Und wenn es doch nicht mit der erhofften Medaille klappen sollte, würde Freimuth sie auch später nicht haben wollen, wenn ein Konkurrent nachträglich des Dopings überführt würde. „Ich würde die Medaille nicht annehmen, sie lag dann ja acht Jahre bei irgendeinem bescheuerten Doper“, sagte Freimuth und benutzte dann noch ein übles Schimpfwort. Freimuth will die Medaille jetzt haben, in London.

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