Der Berliner Sprinter Maximilian Kessler hat schon im vergangenen Herbst den Weg Richtung 400 Meter eingeschlagen. Mit den Deutschen U20-Meistern über 100 Meter Sebastian Schürmann (SC Preußen Münster) und 200 Meter Till Helbig (LG Wilhelmshaven) wollen der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) und sein neuer Bundestrainer Marco Kleinsteuber zwei starke Nachwuchsprinter für den Langsprint aufbauen. Weitere Änderungen sollen dazu führen, dass die DLV-Langsprinter an die Erfolge der Kurzsprinter anknüpfen können.
Dass er langfristig über die Stadionrunde in die internationale Spitze möchte, steht für Sebastian Schürmann schon länger fest. Seine Trainer Peter Seiffert und der 400-Meter-Europameister von 1982 Hartmut Weber "haben früh meine Stärke erkannt, entspannt, schnell zu laufen", so der 19-Jährige.
Obwohl schon 2013 nach 47,19 Sekunden ein Einzelstart bei der U20-EM im Langsprint möglich gewesen wäre, startete Sebastian Schürmann im Einzel über 100 Meter und über 400 Meter nur in der Staffel. Auch in diesem Jahr schaffte er im Kurzsprint den Sprung zur U20-WM und sicherte sich den Deutschen Meistertitel der U20 über 100 Meter. Mit dem Fokus auf die Schnelligkeit soll die Grundlage für langfristig starke Zeiten auf den 400 Metern gelegt werden.
Mit dem laufenden Wintertraining wird der "sanfte" Weg zum Langsprint vorangetrieben. "Anstatt 150-Meter-Läufe machen wir jetzt zum Beispiel 200-Meter-Läufe. Auch die Pausen sind mal kürzer oder es stehen mehr Läufe auf dem Plan", erzählt der Erstsemester-Student im Fach BWL, der sich im kommenden Jahr auch vermehrt im Wettkampf über 400 Meter zeigen möchte. Die 200 Meter werden aber vorerst die primäre Strecke, auf der die Bestzeit (21,43 sec) gedrückt werden soll. Ein Staffeleinsatz über 4x400 Meter bei der U23-EM ist ebenfalls ein Ziel.
Es soll in die internationale Spitze gehen
Über 400 Meter möchte Sebastian Schürmann langfristig in die internationale Spitze und weiß, dass dafür eine Zeit um 45 Sekunden notwendig ist. Das ist aber Zukunftsmusik und für den Olympiazyklus nach den Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien) anvisiert.
Bis dahin gilt es, die Schnelligkeit im Fokus zu behalten und sich gleichzeitig mit den 400 Metern anzufreunden. "Noch weiß ich nicht so genau, wie ich anlaufen soll. Oft bin ich zu schnell. Aber ich werde das etwas taktischere Laufen lernen und dann auch noch mehr Spaß am Langsprint haben", blickt der Athlet des SC Preußen Münster voraus.
DLV setzt auch auf Umsteiger
Der Plan von Sebastian Schürmann entspricht auch einem Konzept, das der DLV und der neue 400-Meter-Bundestrainer der Männer Marco Kleinsteuber verfolgen. Mit dem Deutschen U20-Meister über 200 Meter Till Helbig hat Kleinsteuber auch als Heimtrainer einen Athleten für seine Gruppe in Magdeburg dazugewonnen, der ähnlich wie Schürmann für die 400 Meter aufgebaut werden soll. Auch Robert Hind (SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken) geht den Umstieg an, den Maximilian Kessler schon verfolgt. Natürlich werden auch weiterhin schon in der Jugend starke Viertelmeiler genauso weiter gefördert.
Rückenwind bekommt das "Umsteiger-Konzept" auch durch die momentan hohe Leistungsdichte der DLV-Kurzsprinter. "Das erhöht die Bereitschaft schon von jungen Athleten, Richtung Langsprint zu denken", erklärt Marco Kleinsteuber. Schnelligkeit ist das Handwerkzeug, dass ein Athlet für Erfolge im Langsprint mitbringen muss, denn einen Langsprinter schnell zu machen ist oft schwieriger als die Sprintausdauer eines Kurzsprinters zu verbessern. Für die nächsten Jahre erhofft sich der Bundestrainer auch durch diesen Ansatz einen Schub für seine Disziplin.
Langsprint durch methodische Änderungen voranbringen
Vor allem im EM-Sechsten Kamghe Gaba (LG Stadtwerke München) sieht Marco Kleinsteuber einen Kandidaten, den er ins Einzelrennen der WM in Peking (China) schicken möchte. Auf dem Weg dorthin kann zunehmende nationale Konkurrenz durch Umsteiger nicht schaden und auch bei den weiteren etablierten Athleten zusätzliche Motivation und Kräfte freisetzen.
Auch bei den erfahrenen Viertelmeilern ist die Kurzsprintfähigkeit im Training mehr in den Mittelpunkt gerückt - Hintergrund ist auch die Beratung durch den ehemaligen britischen Sprint-Cheftrainer Tony Lester. "Alle ziehen mit", berichtet Marco Kleinsteuber, der eine weitere grundsätzliche Änderung in der Methodik nennt: "Um eine größere Nachhaltigkeit in der Entwicklung der Grundlagenfähigkeiten zu erzielen und wegen des frühen Zeitpunktes der Staffel-WM arbeiten wir künftig mit einer Einfachperiodisierung und nicht mehr mit einer Doppelperiodisierung." Einige Athleten trainieren auch -wie die Kurzsprinter - in einer Blockperiodisierung.
Im Winter wird damit durchtrainiert anstatt im Januar und Februar aus dem harten Training herauszugehen, um Hallen-Wettkämpfe vorzubereiten. Wenn sich Athleten in der Hallensaison zeigen wollen, dann werden sie vor allem im Kurzsprint antreten, um die Schnelligkeit zu verbessern. Auf der anderen Seite ist es auch nicht ausgeschlossen, dass der ein oder andere Kaderathlet aus dem Training heraus bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Karlsruhe (21./22. Februar 2015) über 400 Meter an den Start geht.