| Berlin 2008 – Berlin 2018

Unsere Zeitreise mit... Katharina Heinig: Die Trainerin Katrin Dörre-Heinig erinnert sich

Steigen Sie ein und schnallen Sie sich an. Wir nehmen Sie mit auf eine Zeitreise. Eine Reise, die im Sommer 2008 bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften im Berliner Olympiastadion beginnt. Eine Reise, die im Sommer 2018 bei den Europameisterschaften in Berlin ihren Höhepunkt finden soll. Berlin 2008 – Berlin 2018. Gestern und heute. Now and then. In dieser Woche ist Ihr Reiseleiter: die Deutsche Marathon-Meisterin Katharina Heinig.
Alexandra Dersch

Katharina Heinig (LG Eintracht Frankfurt) und Katrin Dörre-Heinig – es ist eine besondere Beziehung. Es ist zum einen die Beziehung Mutter-Tochter, es ist aber auch die Beziehung Trainerin-Athletin. Eine Beziehung, die auch oder gerade wegen dieser familiären Vernetzung nicht immer einfach ist. Aber eben auch vielleicht gerade deshalb so gut funktioniert. Für leichtathletik.de zeichnet Katrin Dörre-Heinig Auszüge aus dem sportlichen Leben ihrer Tochter und Athletin nach und malt das Bild einer so sympathischen und willensstarken Athletin, die in ihrer Karriere schon viele Niederlagen einstecken musste und es 2016 in ihrem Schicksalslauf von Berlin all ihren Kritikern gezeigt hat. Im Sommer kehrt sie nach Berlin zur Europameisterschaft zurück.

„Marathonlaufen – diese Faszination verbindet Katharina und mich. Dieser eine Lauf, von dem so viel abhängt. Der Tag X, an dem alles passen muss. Und eben auch nur diese eine Chance, denn einen Marathon, den läufst du nicht in ein paar Tagen noch einmal. Unsere Beziehung Mutter-Tochter, Trainerin-Athletin – das ist nicht immer einfach. Keine Frage. Denn Sport und Privat, das kannst du nicht trennen. Es ist also ein Balanceakt, aber ich glaube, wir meistern das ganz gut und haben in allen Bereichen ein gutes Verhältnis, was ich sehr genieße.

Katharina war schon immer ein willensstarker Mensch, auch schon als 18-Jährige, sprich vor zehn Jahren. Anders als ich es zu meiner Jugend in der DDR konnte, hat Katha, so nennen wir Katharina, ihr Teenager-Alter in vollen Zügen genossen und sich auch oft ablenken lassen. Das zu akzeptieren, fiel mir persönlich manchmal schwer, vielleicht eben weil sich ihre Jugend so sehr von meiner unterschied. Aber sie geht ihren eigenen Weg, das hat sie schon immer gemacht. Auch wenn es von außen oft anders gesehen wird, wir haben sie nie zur Leichtathletik gedrängt. Vielmehr ist sie über einen Schulfreund dorthin gekommen.

Ich bewundere ihre Willensstärke

Wenn Katha eine Schwäche hat, dann ist es, dass sie oft zu gut ist für diese Welt. Sie sagt erst dreimal „Du“, bevor sie „Ich“ sagt. Das hat ihr auch neben dem Sport schon so manche Enttäuschung eingebracht. Sie lernt erst jetzt so nach und nach, dass sie es eben nicht allen Recht machen kann, dass für Erfolg im Leistungssport auch eine Portion Egoismus von Nöten ist.

Ihre Willensstärke ist einer der Punkte, die ich an Katha bewundere. Ein anderer ist ihr Umgang mit Niederlagen. Die musste sie in ihrer Karriere schon diverse Male einstecken. Und eben auch wegstecken. Das hat sie mit Bravour getan. Besser als ich selber, muss ich gestehen. Nehmen wir etwa das Jahr 2016. Es war das Olympia-Jahr, ihr erinnert euch. Olympia – das ist der Traum eines jeden Sportlers. Natürlich auch der von Katha. Doch erst musste sie im Frühjahr aufgrund einer Unterkühlung den Zürich-Marathon abbrechen – der große Traum von Olympia in Rio, er war für sie zerplatzt. Dann konnte sie im Sommer bei der EM nach einer Lebensmittelvergiftung kurz davor im Trainingslager ihr Potential nicht zeigen.

Im Marathon gibt es nur diese eine Chance

Noch heute tut es mir in der Seele weh, wenn ich daran denke. Ich weiß noch, wie sie damals zu mir gesagt hat: „Einmal, Mama, einmal möchte ich auch mal für meine harte Arbeit belohnt werden.“ Genau das ist es wieder, dieses Los der Marathonläuferin, dass du abhängig bist von diesem einen Tag. Es gibt nur diesen einen Lauf. Es gibt keine Wiederholung, keine Chance am nächsten Wochenende, bei dem du zeigen kannst, was du drauf hast. Und wenn dann etwas schief geht, dann ist gleich das ganze Jahr hinüber. Aber Katha hat sich aus diesem Loch herausgekämpft. Mit einem Biss und Durchhaltevermögen, vor dem ich allerhöchsten Respekt habe. Als Trainerin, aber vor allem auch als Mutter.

Der Berlin-Marathon 2016, nur wenige Woche nach dem Olympia-Aus, es war ihr Schicksalslauf. Alles oder nichts. Sprich, hätte dieser Lauf nicht funktioniert, Katha wäre heute keine Leistungssportlerin mehr. Doch es wurde ihr Befreiungslauf. Ihr großer Durchbruch. 2:28:34 Stunden. Endlich unter 2:30 Stunden. Genau auf so einen Lauf haben wir so lange gewartet, genauso einen Lauf hatte ich ihr so gewünscht.

Und ebenso ein Rennen wünsche ich auch in diesem Sommer bei der EM. Berlin – Berlin. Das passt doch. Ich wünsche ihr, dass sie sich von der Stimmung, die sicher gigantisch wird, tragen lässt, dass es nicht zu heiß wird, denn Katha ist keine Hitzeläuferin. Und ihr wünsche ihr, dass sie einfach ihr Ding macht. Egal, was andere denken oder sagen. Denn dann wird es gut!“

  Auszüge aus der Karriere von Katharina Heinig
2008 3. Platz Jugend-DM 3.000 Meter Berlin
2009 Deutsche Juniorenmeisterin Halbmarathon
2010 1. Platz Köln Marathon, es war ihr Debüt, Deutsche Juniorenmeisterin Halbmarathon
2011 Ermüdungsbruch im Fuß, lief trotzdem den Hannover-Marathon und wurde Fünfte, Deutsche Juniorenmeisterin Halbmarathon
2012 3. Platz Deutsche Halbmarathon-Meisterschaften, 11. Platz Hannover-Marathon trotz Magen-Darm-Infekt
2013 Vater Wolfgang übergibt das Training an Mutter Katrin Dörre-Heinig, 7. Platz Hamburg Marathon
2014 2. Platz Deutsche Halbmarathon-Meisterschaften, 28. Platz EM trotz gesundheitlicher Probleme
2015 OP: Ein angeborener Fersensporn, der immer wieder zu Problemen geführt hatte, muss entfernt werden
2016 5. Platz Berlin Marathon in 2:28:34 Stunden – erstmals unter 2:30. Nach dem Aus beim Zürich-Marathon aufgrund von Unterkühlung und der Lebensmittelvergiftung im Sommer.
2017 39. Platz WM, 8. Platz Frankfurt-Marathon und Deutsche Marathon-Meisterin
2018 Nominiert für die EM
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