| EM 2018 Berlin

Von Athleten für Athleten

Für Athleten von Athleten - so könnte das inoffizielle Motto der Europameisterschaften 2018 in Berlin lauten. Drei Namen bekannter ehemaliger Top-Athleten finden sich bereits im stetig weiter wachsenden Organisations-Team der Berliner EM (7. bis 12. August 2018).
Alexandra Dersch

Die EM 2018 in Berlin – es soll eine der besten Europameisterschaften aller Zeiten werden. Die Ziele der EM-Macher sind ehrgeizig. Zum einen ist da der Wunsch, täglich mindestens 45.000 Zuschauer ins Berliner Olympiastadion zu bringen. Zum anderen ist da der Anspruch, den etwa 1.500 Athleten gerecht zu werden und ihnen Bedingungen zu schaffen, unter denen sie zu Höchstleistungen auflaufen können. Stolze Ziele, an deren Umsetzung schon heute, knapp zweieinhalb Jahre vor dem ersten Startschuss, akribisch gearbeitet wird.

Mittendrin im großen Rad, was schon heute nur um die Berliner EM rotiert: Miguel Rigau, der ehemalige 400-Meter-Läufer, der auf jahrelange Staffel-Erfahrung zurückblicken kann; Helge Schwarzer, der ewig kreativ-hibbelige Hürdensprinter; und Claudia Grunwald, die unter ihrem Mädchennamen Hoffmann von 1999 bis 2011 mit der 4x400-Meter-Staffel sowie im Einzel über 400 oder 800 Meter bei Europa, Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen im Einsatz war und vier internationale Medaillen sammelte.

In der Summe bringt es das Trio auf 27 internationale Meisterschaften. Ein schier unschätzbar großer Erfahrungsschatz zur Beantwortung der Frage, was Athleten bei einem internationale Top-Ereignis benötigen, um ihre bestmögliche Leistung zu liefern.

Ein Erfahrungsschatz, dessen enormen Wert Frank Kowalski, der Geschäftsführer der BEM 2018 GmbH, gut einschätzen kann. „Als Ausrichter der Leichtathletik-EM sehen wir uns als Dienstleister für die Athleten, die sich 2018 in Berlin wohlfühlen und Top-Leistungen bringen sollen. Und niemand weiß besser, worauf es für Athleten ankommt, als die Athleten selbst“, sagt er. „Darum freue ich mich sehr, dass wir bereits drei Ehemalige ins Team holen konnten, die in ihren Bereichen fachlich sehr kompetent sind und alle positiven Eigenschaften eines Spitzensportlers wie Ehrgeiz und Ausdauer mitbringen.“

Vorbereitung ohne Spikes

Miguel Rigau ist Frank Kowalskis rechte Hand und als Assistent der Geschäftsführung fest in die Veranstaltungs-Planung eingebunden. Für den ehemaligen Viertelmeiler war der Job in Berlin nach dem Ende seiner Leistungssport-Karriere im Vorjahr der logische nächste Schritt, hatte er doch bereits neben dem Sport als Vereinsmanager die Geschicke des LT DSHS Köln in die Hand genommen. „Im Prinzip mache ich hier das, was ich vorher auch gemacht habe, nur eben ohne Spikes“, sagt der 30-Jährige. Was er meint: die jahrelange, akribische Vorbereitung auf den einen großen Tag. Mit Nachdruck eine große Sache vorantreiben. Das Hinfiebern auf den Startschuss.

Ein Gefühl, das vor allem ehemalige Sportler nachempfinden können. „Als Athletin hast du nur für diesen Moment gelebt und gearbeitet“, sagt Claudia Grunwald, die derzeit im Mutterschutz ist, doch nach einem Jahr Elternzeit als Team-Assistentin zurück zur BEM kehren wird. „Ein ähnliches Gefühl erlebe ich auch bei der Arbeit in Berlin. Wir kämpfen gemeinsam darum, dass an Tag X alles perfekt ist.“

Ganz frisch in diesem Team ist seit dem 1. Juni auch Helge Schwarzer. Der Ex-Hürdensprinter soll in Berlin seine Kreativität sprudeln lassen und ist als Manager Digitale Medien für die Inhalte der Website und der Social Media Kanäle verantwortlich. Als Freelancer hatte er zuvor in gleicher Position bei Lagardere das „Team Hamburg 2016“ betreut. „Ich bin ein Freigeist“, sagt der 30-Jährige. „Hier kann ich mich austoben.“

Athleten-Sprech nicht verlernt

Genau wie Claudia Grunwald hat Helge Schwarzer die WM 2009 in Berlin als Athlet live miterlebt. Ein Moment, der unvergleichlich bleibt. „Das Halbfinale 2009, in einem ausverkauften Stadion, alle klatschen, als dein Name ertönt – das war DER Moment in meinem Sportlerleben“, sagt er rückblickend. „Dieses Gefühl in Worte zu fassen, diese Begeisterung und Gänsehaut-Atmosphäre zu transportieren, das wird die Aufgabe sein. Meine Erinnerungen an 2009 sind die größte Motivation für mich, hier an den Start zu gehen.“

An den Start gehen – die Sprache der Athleten, sie sprechen sie allesamt noch fehlerfrei. „Wir kämpfen alle für die gleiche Sache“, sagt Claudia Grunwald. „Wie damals in der Staffel“, ergänzt Miguel Rigau. Und Ex-Hürdensprinter Helge Schwarzer sieht sich zurückversetzt in eine Zeit, in der er als Athlet in einer zweieinhalbjährigen, harten Vorbereitungsphase steckte: „An deren Ende möchte ich eine bestmögliche Performance abliefern.“

Es ist genau diese Sprache, dieses Gefühl, mit der sie auch mit den heute aktiven Athleten kommunizieren wollen. „Den Athleten-Sprech, wenn du den einmal drauf hast, dann geht dir das ins Blut über. Das ist ein Gefühl, das kann man nicht lernen“, sagt Schwarzer. „Auch heute, zwei Jahre nach meinem Karriere-Ende, habe ich sofort wieder eine Gesprächsbasis, wenn ich auf aktive Athleten treffe.“ Eine Ebene, die er bei der Umsetzung der Web- und Social-Media-Inhalte nutzen will.

Augen geöffnet

Die Athleten mit all ihren Bedürfnissen, ihren Sichtweisen, ihrem Denken – es ist ein blindes Verständnis, das den Dreien in ihrem beruflichen Alltag und bei der Realisierung einer Athleten-Wohlfühl-EM entgegen kommt. „Uns braucht niemand zu erklären, was Athleten etwa vor ihren Wettkämpfen im Hotel brauchen, wie sie empfangen werden möchten“, sagt Claudia Grunwald.

Und doch mussten auch die drei ehemaligen Athleten bereits erfahren, dass eine EM-Organisation kein reines Wunschkonzert ist und es bürokratische oder auch politische Hürden gibt, die nicht so einfach zu überwinden sind. „Als Athlet wird dir ja immer alles fertig serviert“, sagt Claudia Grunwald. „Du machst dir gar keine Gedanken darum, wie viel Vorlauf manche Dinge, wie zum Beispiel der Zeitplan, brauchen, wer alles mitzusprechen hat und welche Details insgesamt zu beachten sind.“

Eine Erfahrung, die auch Miguel Rigau schon machen musste. „Im Nachgang zu meiner eigenen Karriere sind mir hier schon manchmal die Augen geöffnet worden zu gewissen Zwängen, die ich als Athlet gar nicht so gesehen habe und deren Überwindung ich mir früher einfacher vorgestellt hätte.“

Wohlbefinden als Schlüssel zur erfolgreichen EM

Denn unterm Strich geht es nicht nur um das persönliche Wohlbefinden der einzelnen Athleten. Aber deren immense Bedeutung haben die Berliner als Schlüssel einer insgesamt erfolgreichen EM ausgemacht. „Eine Veranstaltung wird nach außen hin als gut wahrgenommen, wenn die Athleten sich wohlfühlen, denn dieses Gefühl transportiert sich auf die Zuschauerränge im Stadion und sogar auf die Menschen auf dem Sofa vor dem Fernseher zu Hause. So entsteht eine nachhaltige Begeisterung für die Sportart und das ist es, was wir als unseren größten Auftrag sehen“, sagt Miguel Rigau.

In zweieinhalb Jahren will er zusammen mit Claudia Grunwald, Helge Schwarzer und dem ganzen BEM-Team auf eine EM zurückblicken, die auch ihre Ex-Athleten-Herzen höher hat schlagen lassen. „Klar wollen wir ein volles Stadion. Aber das schönste Lob wäre, wenn die Athleten, also die, die schon heute Blut und Wasser für diese EM schwitzen, mit einem Hochgefühl aus dem Stadion kommen und sich von uns verstanden gefühlt haben. Das würde auch uns sehr glücklich machen“, sagt Miguel Rigau. Eben eine EM von Athleten für Athleten.

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