Die Zehnkampf-Weltelite trifft sich am Wochenende in Götzis. Und mittendrin: fünf DLV-Athleten. leichtathletik.de berichtet von Disziplin zu Disziplin von den Leistungen der deutschen EM- und Olympia-Hoffnungen.
100 Meter |
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Kai Kazmirek steigt mit Bestzeit ein
Besser hätte der Tag für den Vorjahressieger nicht beginnen können: Im vorletzten Lauf stürmte Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) vorweg und nach 10,62 Sekunden ins Ziel. Damit blieb er 13 Hundertstel unter Hausrekord und 16 Hundertstel unter der Zeit, mit der er 2015 in Götzis in den Zehnkampf gestartet war.
Jubelstürme gab’s anschließend im schnellsten Lauf für Damian Warner: Der Vize-Weltmeister aus Kanada brannte bei 1,1 Metern pro Sekunde Rückenwind herausragende 10,15 Sekunden auf die Bahn – Bestzeit, Meeting-Rekord und die schnellste Zeit, die jemals innerhalb eines Zehnkampfs erzielt wurde. In ordentlichen 10,71 und 10,83 Sekunden sortierten sich in diesem Rennen der WM-Dritte Rico Freimuth (SV Halle) und der Vize-Hallen-Europameister Arthur Abele (SSV Ulm 1846) ein.
Der Jüngste im DLV-Quintett Tim Nowak (SSV Ulm 1846) startete in für ihn guten 11,09 Sekunden in sein Götzis-Debüt. Auf Rang fünf verweilt in der nationalen Rangfolge zunächst Jan Felix Knobel (Königsteiner LV; 11,23 sec) – etwas unter seinen Möglichkeiten, aber kein schlechter Auftritt. Spätestens im Kugelstoßen dürfte er die Sortierung wieder durcheinander wirbeln.
Weitsprung |
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Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt
Gleich der erste Versuch saß: Arthur Abele hob ab, landete und schoss sogleich wieder jubelnd aus der Grube hervor. Mit 7,57 Metern packte er zwei Zentimeter auf seine Bestleistung drauf und sparte sich die Versuche zwei und drei. In den beiden ersten Disziplinen war er am Samstag in Götzis besser als bei der EM 2014 in Zürich (Schweiz), wo er seine Zehnkampf-Bestleistung (8.477 Punkte) aufgestellt hatte.
Das andere Extrem der Gefühlspalette mussten sowohl Jan Felix Knobel als auch Rico Freimuth erleben: Für beide Zehnkämpfer gingen bei wechselnden Winden drei ungültige Versuche in die Ergebnisliste ein. Der Kampf um die Olympia-Norm findet damit für sie in Götzis ein unerwartet frühes Ende. Eine zweite Chance könnten sie am 25./26. Juni in Ratingen ergreifen.
Kai Kazmirek traf keinen Versuch perfekt, und so beendete er den Weitsprung mit einem Kopfschütteln. 7,45 Meter bedeuteten aber dennoch die viertbeste Weite des Tages. Bei seiner Zehnkampf-Bestleistung war er ebenso weit gekommen. Tim Nowak traf nicht ein Mal das Brett. Das Resultat: 6,89 Meter. Ebenfalls unbefriedigend endete der Weitsprung für Damian Warner. Der Acht-Meter-Springer blieb bei 7,12 Metern hängen, verteidigte aber seine Tagesführung (1.901) vor dem Brasilianer Felipe dos Santos (1.900) sowie Kai Kazmirek (1.869) und Arthur Abele (1.851).
Kugelstoßen |
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Aus Fünf mach Zwei
Bei den deutschen Zehnkämpferin ist in Götzis der Wurm drin: Im Kugelstoßen verabschiedete sich der dritte DLV-Athlet aus dem Kampf um die Gesamtwertung. Arthur Abele brachte keinen gültigen Stoß zustande, trat erst leicht mit dem Fuß auf den Ring, dann komplett drüber, und auch der dritte Versuch war ungültig. So platzen von Disziplin zu Disziplin die großen deutschen Hoffnungen auf starke Ergebnisse jenseits der Olympia-Norm von 8.100 Punkten.
Allein Kai Kazmirek lässt sich nicht beirren. Der WM-Sechste wuchtete die Kugel auf 14,05 Meter – auch er kann mehr, war aber mit der 14 vor dem Komma nicht unzufrieden. So hält er nun in der Spitzengruppe alleine die deutschen Farben hoch: Mit 2.600 Punkten hat er sich gar auf Rang zwei nach vorne geschoben. Diese Regionen sind für Tim Nowak (14,07 m) nicht das Ziel, wohl aber die EM-Norm von 7.900 Punkten. Für diese muss er in den nächsten Disziplinen noch eine Schippe draufpacken.
Es führt weiterhin Damian Warner (14,64 m; 2.669), nach 13,27 Metern mit der Kugel rutschte Felipe dos Santos (2.584) einen Platz nach hinten, Kevin Mayer (Frankreich; 2.572) pirscht sich nach 15,22 Metern weiter nach vorn.
Hochsprung |
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Kai Kazmirek schiebt sich in die Top Drei
Diesen Samstag werden die deutschen Zehnkämpfer sicher schnell vergessen wollen. Diesmal traf die große Enttäuschung Tim Nowak, der zwar glücklicherweise nicht ohne gültigen Versuch blieb, mit 1,94 Meter aber auch alles andere als zufrieden war. Auf 2,09 Meter hatte er sich in der Hallensaison gesteigert, im Freien ist er auch schon 2,04 Meter gesprungen. Um nun noch die EM-Norm anzugreifen braucht er sechs weitere sehr gute Disziplinen – schwer, aber noch nicht aussichtslos.
Auch Kai Kazmirek kann mehr, als er zeigte: 2,06 Meter bedeuteten zwar die zweitbeste Höhe hinter Überflieger Jeremy Taiwo (USA; 2,18 m), aber 2,15 Meter ist der Deutsche auch schon gesprungen, in Götzis im Vorjahr immerhin 2,09 Meter. Dennoch bescherte ihm sein bester Satz wertvolle 859 Punkte, die ihn im Gesamtklassement (3.459 Punkte) vor bis auf Rang drei brachten. Jeremy Taiwo (3.524) preschte sogar vor bis auf Platz eins. Diesen dürfte er aber schon bald wieder an Damian Warner (2,00 m; 3.472) abgeben, der der beste Viertelmeiler und Hürdensprinter im Feld ist.
400 Meter |
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Kai Kazmirek ringt Damian Warner nieder
In der letzten Disziplin des Tages forderte Kai Kazmirek sogar den Vize-Weltmeister heraus – und hatte die Nase vorn! Während Damian Warner auf den letzten Metern aus dem Tritt kam und in 47,13 Sekunden ins Ziel taumelte, schob sich Kai Kazmirek noch an ihm vorbei erkämpfte sich in starken 47,01 Sekunden den Einzelsieg in der letzten Prüfung des Tages. Ähnlich eng ist es in der Gesamtwertung, wo der Athlet der LG Rhein-Wied mit 4.417 Punkten nur sieben Zähler weniger auf dem Konto hat als der Kanadier. Ein Resultat zwischen 8.400 und 8.500 Punkten ist drin für Kazmirek, im Normalfall dürfte Warner an Tag zwei über die Hürden und im Diskus wieder davonziehen.
Tim Nowak nimmt nach einer Zeit von 50,29 Sekunden ein Zwischenergebnis von 3.912 Punkten mit in den zweiten Tag. Dort braucht er für die EM-Norm deutlich bessere Resultate als bei seinem ersten und bis dato einzigen Männer-Zehnkampf im vergangenen Jahr in Ulm, der bei 7.827 Punkten endete. Derzeit liegt der 20-Jährige rund 90 Punkte unter diesem Ergebnis und wird sich den Traum vom ersten 8.000-Punkte-Resultat in Götzis nicht erfüllen können.
STIMMEN ZUM WETTBEWERB:
Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied)
Ich habe zwischendurch schon gedacht: Mein Gott, was ist hier denn los? Alle raus? Ich hatte fast Angst, dass ich meine Anfangshöhe im Hochsprung nicht schaffe. Obwohl das völlig unberechtigt war. Den Gedanken daran muss ich jetzt schnell aus dem Kopf kriegen. Es war ein guter erster Tag, mit dem Highlight der Bestzeit über 100 Meter. Über 400 Meter wollte ich unbedingt an Damian Warner dranbleiben. Was morgen möglich ist? Da muss man auch das Wetter abwarten.
Rico Freimuth (SV Halle)
Es lief einfach nicht im Weitsprung. Mein Trainer [Wolfgang Kühne] hat schon vorher gesagt, dass ich auf Götzis verzichten und alles auf Ratingen setzen soll. Und er hat eigentlich immer Recht. Irgendwie brauche ich wohl den Druck. Aufs Kugelstoßen habe ich dann verzichtet, auch wegen meiner Schulter, da habe ich schon seit sechs Monaten Schmerzen und werde jetzt erstmal ein MRT machen lassen. Ich hätte hier noch in ein paar Disziplinen testen können. Aber das wollte ich nicht, auch aus Respekt dem Veranstalter gegenüber.
Jan Felix Knobel (Königsteiner LV)
Ich bin mit den Bedingungen einfach nicht zurecht gekommen. Das war mein zweiter Weitsprung-Wettbewerb nach zwei Jahren Pause, es hat einfach die Wettkampf-Praxis gefehlt. Die Situation mit Olympia-Qualifikation und -Norm ist schwer, da ist sehr viel Druck da, daran hat's aber bei mir heute nicht gelegen. Man hat gesehen, dass auch andere im Weitsprung Probleme hatten, Damian Warner, Rico Freimuth... Ich hätte hier gerne einen guten Wettkampf gemacht, im Kugelstoßen habe ich's noch probiert, aber das hat keinen Sinn gemacht. Jetzt ist es so, wie es ist. In Ratingen werden die Karten neu gemischt.
Arthur Abele (SSV Ulm 1846)
Das Kugelstoßen ist bei mir eigentlich eine Bank! Selbst mit einem schlechten Versuch stoße ich sonst 15 Meter. Ich weiß auch nicht, was los war. Ich hatte einfach zu viel Power beim Abdrücken und bin dann mit dem Fuß zu weit über dem Balken gewesen. Ich bin so gut drauf, das ist jetzt sehr enttäuschend.
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