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EM-Historie (IV): Patriz Ilg wird mit Gold und Knie-Fall berühmt

Die Leichtathletik-EM 2018 vom 7. bis zum 12. August im Berliner Olympiastadion wird das größte Sportereignis auf deutschem Boden im kommenden Jahr. Die Europameisterschaften haben eine große Tradition seit ihrer Premiere 1934 in Turin. In unserer historischen EM-Serie präsentieren wir Geschichten, Stars und Sternchen dieser bedeutenden Titelkämpfe. Heute: Von Rom 1974 bis Athen 1982.
Ewald Walker

Es war der Schwabenpfeil Karl Honz (VfB Stuttgart; 45,04 sec), der 1974 in Rom (Italien) die einzige Goldmedaille für den DLV gewann, und es war erst die zweite Europameisterschaft für einen deutschen 400 Meter-Läufer. Auch Rita Wilden (TuS Leverkusen; 50,88 sec) holte mit Bronze eine Medaille über die Stadionrunde. Trotz Silber für die 4x100 Meter-Staffel hinter der Weltrekord laufenden DDR-Staffel (Maletzki, Stecher, Heinich, Eckert), wurde es das schlechteste Abschneiden eines (west-)deutschen EM-Teams. Die DDR dagegen sahnte mit 27 Medaillen (davon zehn goldene) wieder ordentlich ab.

Europameisterschaften geben nicht selten Fingerzeige für die nächsten Olympischen Spiele. So war es auch in Rom. Speerwerferin Ruth Fuchs (SC Motor Jena; 67,22 m), die später Volkskammer- und Bundestagsabgeordnete wurde, holte mit Weltrekord einen ihrer beiden EM-Titel und ließ dann bei den Spielen in Montreal (Kanada) nach dem Triumph 1972 in München das zweite Olympia-Gold folgen. Annelie Erhardt (SC Magdeburg), die erste Olympiasiegerin über 100 Meter Hürden, wurde ebenfalls Europameisterin.

Mit Weltrekord von 1,95 Meter holte Hochspringerin Rosemarie Ackermann (geb. Witschas; SC Cottbus) ihren ersten internationalen Titel. 1976 wurde sie in Montreal Olympiasiegerin. 1979 übersprang die Straddlerin beim ISTAF im Berliner Olympiastadion als erste Frau der Welt die magischen zwei Meter. Gunhild Hofmeister (SC Cottbus), einzige deutsche Mittelstrecklerin mit drei olympischen Medaillen (zweimal Silber, einmal Bronze), wurde souverän Europameisterin über 1.500 Meter.

Marita Koch: Europameisterin mit Weltrekord      

EM Prag (Tschechien) 1978 – Meisterschaft der Leistungsexplosionen mit vier Weltrekorden, einem Europarekord und vielen Meisterschaftsrekorden. War es schon die Blütezeit des Anabolika-Dopings? Nur acht Medaillen die spärliche Ausbeute des Teams West. Marita Koch (SC Empor Rostock) lief in 48,94 Sekunden 400-Meter-Weltrekord, Olympiasiegerin Johanna Klier (geb. Schaller; SC Turbine Erfurt; 12,62 sec) setzte die Tradition über 100 Meter Hürden fort.

Ilona Slupianek (Dynamo Berlin) war nach einer einjährigen Dopingsperre zurückgekommen und holte Gold, genauso wie vier Jahre später in Athen (Griechenland) und bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau (Russland). Ob es die direkte Reaktion auf Slupianeks Dopingsperre war? Jedenfalls wurden die DDR-Athleten künftig zunächst zuhause getestet, bevor sie ins Ausland durften.

Olaf Bayer überrascht mit EM-Gold

Neben Franz-Peter Hofmeisters (Bayer Leverkusen) überraschendem EM-Titel über 400 Meter (45,73 sec) trat Harald Schmid erstmals als Doppel-Europameister über 400 Meter Hürden und mit der 4x400 Meter-Staffel ins internationale Rampenlicht. Überragend: Olaf Bayer (ASK Potsdam) holte über 800 Meter in 1:43,8 Minuten – der bis heute zweitschnellsten Zeit eines Deutschen – Gold vor zwei prominenten Engländern: Steve Ovett und Sebastian Coe. 

Und dann Athen 1982 – die EM der Deutschen! 13 Mal Gold für die DDR, acht Mal für den DLV. „Die Deutschen erdrücken alles“, schrieb L’Équipe. Zwei Jahre nach dem West-Boykott der Olympischen Spiele von Moskau glänzten Athleten mit dem roten Brustring. Ulrike Meyfarth (Bayer Leverkusen) sprang Weltrekord mit 2,02 Meter und 80.000 Zuschauer erhoben sich zu Standing Ovations. Hans-Peter Ferner (MTV 1881 Ingoldstadt; 1:46,33 min) rang über 1.500 Meter sensationell Weltrekordler Sebastian Coe nieder.

Thomas Wessinghage (ASV Köln; 13:28,00 min) holte 5.000 Meter-Gold und Hindernisläufer Patriz Ilg (LAC Quelle Fürth; 8:18.52 min) wurde nicht nur mit seinem Sieg, sondern auch durch seinen Kniefall berühmt. Der 21-jährige Dietmar Mögenburg (Bayer Leverkusen) wurde Hochsprung-Europameister (2,30 m) und zwei Jahre später auch Olympiasieger. Harald Schmid (TV Gelnhausen) sammelte mit Europarekord (47,48 sec; bis heute deutscher Rekord) seinen dritten EM-Titel.

Sprinterin Marlies Göhr sammelt EM-Medaillen

Auf DDR-Seite wurde Marlies Göhr (SC Motor Jena) schnellste Europäerin und holte in Athen zwei ihrer insgesamt 17 EM-Medaillen im Freien und in der Halle. Bärbel Wöckel (SC Motor Jena), als vierfache Olympiasiegerin erfolgreichste deutsche Olympionikin aller Zeiten, holte zweimal Gold (200 und 4x100 m) und einmal Silber (100 m).

Marita Koch (SC Empor Rostock), die 4x400 Meter-Staffel der DDR und Zehnkämpfer Daley Thompson (Großbritannien), erzielten weiter Weltrekorde. Erstmals im Programm: der Marathonlauf und der Siebenkampf der Frauen löste den Fünfkampf ab.

Austragungsorte der Leichtathletik-Europameisterschaften von 1934 bis 2018

1934  Turin (ITA)1969  Athen (GRE)1998  Budapest (HUN)
1938  Paris (FRA)1971  Helsinki (FIN)2002  München (GER)
1946  Oslo (NOR)1974  Rom (ITA)2006  Göteborg (SWE)
1950  Brüssel (BEL)1978  Prag (CZE)2010  Barcelona (ESP)
1954  Bern (SUI)1982  Athen (GRE)2012  Helsinki (FIN)
1958  Stockholm (SWE)1986  Stuttgart (GER)2014  Zürich (SUI)
1962  Belgrad (SRB)1990  Split (CRO)2016  Amsterdam (NED)
1966  Budapest (HUN)1994  Helsinki (FIN)<link http: www.berlin2018.info _blank>2018 Berlin (GER)
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