
Das Thema mentale Gesundheit ist seit vielen Jahren fester Bestandteil im Leistungssport – und war bei der diesjährigen Olympiade so präsent wie noch nie. Einer der deutschen Top-Athleten fehlte aber in Tokio: David Storl. Wir haben mit dem Kugelstoßer über seine Verletzung und die daraus resultierende Olympia-Absage gesprochen – und wie er damit umgeht.
David, wie fühlst du dich aktuell?
David Storl:
Die letzten Monate waren schwer, denn vieles hat sich leider so entwickelt, wie wir es nicht erhofft hatten. Ich wäre gern in Tokio angetreten und habe die Spiele mit einem weinenden Auge verfolgt. Aber es war die richtige Entscheidung und wer weiß, wofür es gut war. Die nächsten Jahre sind vollgepackt mit internationalen Meisterschaften, auf die ich mich sehr freue.
Aktuell fühle ich mich echt gut, das Training geht voran und wir machen jeden Tag Fortschritte. Natürlich ist die Situation nicht ideal und im Mai wurde durch den Bandscheibenvorfall alles auf den Kopf gestellt. Das gesamte Team um mich herum, Trainer und Physiotherapeut geben jeden Tag alles, damit ich relativ schnell wieder ins „normale“ Training einsteigen kann.
Was ging in dir vor nach der Diagnose „Bandscheibenvorfall“?
David Storl:
Direkt am Tag der Diagnose war ich erstmal geschockt. Ich hatte kaum Schmerzen und war darum ein bisschen überfahren von der Diagnose. Natürlich zerbricht dann erstmal viel, vor allem, wenn man in einem so guten Zustand war wie ich im Mai. Das Training lief richtig aussichtsreich und wir waren sehr optimistisch. Aber man kommt nicht weiter, wenn man den Kopf in den Sand steckt.
Wie sieht die Behandlung aus und wie läuft es bisher?
David Storl:
Die Behandlung begann sofort nach der Diagnose. Zuallererst musste der Druck auf den Nerv reduziert werden. Da stand auch lange Zeit eine Operation im Raum. Aber ich habe sehr gut auf den konservativen Behandlungsweg angesprochen und aktuell bin ich dabei, die abgeschwächte Muskulatur wieder zu aktivieren und zu stärken. Dazu kommen ausgiebige Behandlungen durch mein Physio-Team. Das ist alles sehr gut koordiniert und auch die Trainingsinhalte von meinem Coach unterstützen den Prozess der Wiederherstellung extrem gut. Geduld ist gefragt. Mit so einer schwerwiegenden Verletzung bringt es nichts, kurzfristig zu denken. Das braucht einfach Zeit.
Wie gelingt es dir, optimistisch zu bleiben?
David Storl:
Ich versuche, mich durch die täglichen Fortschritte zu motivieren. Es ist tatsächlich so, dass die Problematik jeden Tag reagiert und wir stetig vorankommen. Auch ein kugelstoßspezifisches Training kann ich schon wieder realisieren und es tut gut zu sehen, wie das alles verläuft. Rückschläge gehören dazu, aber ich versuche, mich davon eher noch mehr motivieren zu lassen. Das ist zwar extrem aufreibend, aber machbar. Ich habe auch Unterstützung durch einen Mentalcoach, der mir hilft, den ganzen Prozess auch im Kopf zu verarbeiten und vor allem, den Kopf oben zu lassen.
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