| ISTAF Indoor

6,95 Meter – Alexandra Wester springt in neue Sphären

Diese Leistung hätte sie sich vermutlich nicht einmal selbst in ihren kühnsten Träumen ausgemalt: Weitspringerin Alexandra Wester ist am Samstag beim ISTAF Indoor auf 6,95 Meter gesegelt. Über 60 Meter sorgte Dafne Schippers für Staunen, über 60 Meter Hürden Dimitri Bascou. Eine Überraschung gab's im Stabhochsprung der Männer. Mit einem Sieg im Diskuswurf sorgte Olympiasieger Robert Harting für das perfekte Happy End der Veranstaltung.
Philip Häfner

Die Flugshow in der Mercedes-Benz Arena in Berlin eröffnete am Samstag die Britin Shara Proctor: Mit einem Satz auf 6,91 Meter legte die Vize-Weltmeisterin in Runde zwei vor – Weltjahresbestleistung. Nur wenige Minuten später folgte Alexandra Wester (ASV Köln) mit 6,82 Metern. Die erhoffte Norm für die Hallen-WM in Portland (USA; 17. bis 20. März) war abgehakt. Doch wer geglaubt hatte, dass dies schon das Ende war, der hatte sich getäuscht: In Runde drei legte die 21-Jährige sagenhafte 6,95 Meter nach.

Mit den beiden Sieben-Meter-Springerinnen Heike Drechsler (7,37 m) und Helga Radtke (7,09 m) kamen in der Halle nur zwei Deutsche jemals weiter. Auf ihre genau zehn Tage alte Bestmarke packte Alexandra Wester noch einmal 23 Zentimeter drauf. Ihre Freiluft-Bestleistung aus dem Vorjahr von 6,59 Metern wird spätestens jetzt kein Maßstab mehr sein.

Auch Xenia Stolz (Wiesbadener LV) konnte als Dritte mit einer neuen persönlichen Bestleistung von 6,63 Metern überzeugen. Melanie Bauschke (LAC Olympia 88 Berlin) erzielte bei ihrem Heimspiel 6,51 Meter.

Dafne Schippers zündet Sprintfeuerwerk

Über 60 Meter hieß es: Schnell, schneller, Dafne Schippers. Die Niederländerin zündete bereits im Vorlauf ein Sprintfeuerwerk, als sie ihren letztjährigen Meetingrekord mal eben um fünf Hundertstel auf 7,04 Sekunden verbesserte – nur um dann im Finale noch schneller zu laufen. Mit 7,00 Sekunden festigte Schippers ihre Position als weltbeste Sprinterin und stellte zudem den niederländischen Hallenrekord ein, der 30 Jahre lang gehalten hatte. Die schnelle Holländerin wurde von Marie-Josee Ta Lou (Elfenbeinküste) allerdings bis zuletzt gefordert. Mit 7,06 Sekunden schob diese sich auf Rang zwei der Weltjahresbestenliste vor.

Auch Verena Sailer, die das ISTAF Indoor nach ihrem letztjährigen Rücktritt vom Leistungssport von der Tribüne aus verfolgte, war beeindruckt von Schippers' Leistung. Ihre Prognose: „Sie wird bestimmt bald noch schneller laufen.“ Sailer hatte das Meeting 2014 gewonnen. Bis ihre Nachfolgerinnen aus der jungen DLV-Sprintgarde an solche Erfolge anknüpfen können, wird es wohl noch ein paar Jahre dauern. Chantal Butzek (LC Paderborn; 7,41 sec), Lisa Mayer (LG Langgöns/Oberkleen; 7,43 sec) und Lokalmatadorin Lisa-Marie Kwayie (Neuköllner Sportfreunde; 7,53 sec) sammelten vor großer Kulisse aber schon einmal wertvolle Erfahrungen für die Zukunft.

„Mister ISTAF Indoor“ Kim Collins erneut vorne

Bei den Männern hatten James Dasaolu (Großbritannien; 6,58 sec) und Julian Reus (TV Wattenscheid 01; 6,62 sec) die Vorläufe gewonnen. In die Entscheidung um den Tagessieg konnten beide aber nicht eingreifen: Nach zwei Fehlstarts mussten sie das Rennen von der Seite aus verfolgen. Damit war der Weg frei für Sprint-Oldie Kim Collins (St. Kitts & Nevis), der bereits die ersten beiden Auflagen des ISTAF Indoor gewonnen hatte. In 6,53 Sekunden bestätigte „Mister ISTAF Indoor“ seine Saisonbestleistung, Zweiter wurde der Südafrikaner Henricho Bruintjies (6,62 sec).

Auch für Hürdensprinterin Cindy Roleder (SC DHfK Leipzig) war Berlin erneut eine Reise wert: Die Vize-Weltmeisterin wiederholte auf der blauen Bahn ihren Erfolg aus dem Vorjahr und siegte mit 7,96 Sekunden. „Ich bin so gerne in Berlin, die Stimmung ist phänomenal“, jubelte sie. Nach dem Start hatte zunächst Kristi Castlin (USA) in Führung gelegen, doch an der vorletzten Hürde stürmte Roleder locker-leicht an ihr vorbei. Die Amerikanerin wurde in 8,06 Sekunden Zweite.

Diese Zeit wäre auch Pamela Dutkiewicz (TV Wattenscheid 01) gerne gelaufen, hätte sie doch die Norm für die Hallen-WM bedeutet. Dieses Ziel verpasste Dutkiewicz, sie lief als Dritte 8,15 Sekunden und muss nun auf die Deutschen Meisterschaften in zwei Wochen in Leipzig hoffen.

Balnuweit mit Norm, Bascou mit Weltklasse-Zeit

Bei den Männern setzte sich der WM-Fünfte Dimitri Bascou mit 7,41 Sekunden an die Spitze der Weltjahresbestenliste. Es war die schnellste Zeit eines Europäers seit 2002, Landesrekord für Frankreich und neuer Meetingrekord. Der alte stand bislang bei 7,51 Sekunden, gehalten von Orlando Ortega. Der Spanier konnte diese Leistung in diesem Jahr zwar erneut bestätigen, musste als Zweiter aber die Überlegenheit Bascous anerkennen.

Als einziger DLV-Starter hatte Erik Balnuweit (SC DHfK Leipzig) das Finale erreicht. Nach 7,69 Sekunden im Vorlauf konnte sich der Hallenspezialist dort noch einmal um drei Hundertstel steigern und mit 7,66 Sekunden die Norm für die Hallen-Weltmeisterschaften unterbieten. Er hat allerdings bereits angekündigt auf einen Start in Portland zu verzichten, seine ganze Konzentration gilt dem Olympiasommer.

Überraschung im Stabhochsprung

Mit 12.648 Besuchern war das ISTAF Indoor in diesem Jahr erneut das zuschauerstärkste Hallenmeeting der Welt. Im Stabhochsprung erlebten die Fans in der ausverkauften Arena eine Überraschung: Nicht Weltrekordler Renaud Lavillenie (Frankreich) oder Vize-Weltmeister Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) flogen am Ende am höchsten – sondern der Brasilianer Thiago Braz da Silva, der mit 5,93 Meter neuen Südamerika-Rekord sprang. Für Lavillenie reichten 5,85 Meter nur zu Platz zwei, Raphael Holzdeppe wurde mit übersprungenen 5,77 Metern Dritter.

Dagegen wartet Malte Mohr (TV Wattenscheid 01) bei seinem Comeback weiter auf ein Erfolgserlebnis. Der Zweite der Hallen-WM 2014 blieb wie schon beim Indoor-Meeting in Karlsruhe erneut ohne gültigen Versuch, er scheiterte drei Mal an 5,30 Metern.

Perfektes Harting-Comeback krönt den Abend

Nach einer kurzen Umbaupause, die den Zuschauern durch einen Auftritt der Band Glasperlenspiel versüßt wurde, stiegen die Diskuswerfer in den Ring. Erstmals wieder mit dabei nach 18 Monaten Wettkampfpause: Olympiasieger Robert Harting (SCC Berlin). Auf dieses Comeback hatte ganz Sportdeutschland gewartet. Und der 31-Jährige enttäuschte seine Anhänger nicht: Nach fünf Durchgängen lag der dreifache Weltmeister mit 60,92 Metern nur auf Rang fünf, doch dann haute er im letzten Versuch einen raus – 64,81 Meter, nur einen Zentimeter unter dem Meetingrekord von Martin Wierig (SC Magdeburg) aus dem Jahr 2014.

Mit einer solchen Leistung hatte Harting wahrscheinlich selbst nicht gerechnet. Noch am Vortag hatte er verkündet, er müsse sich nach seiner langen Auszeit wohl erst einmal hinten anstellen, mit Platz vier wäre er schon zufrieden. Kein Wunder, dass ihn nach seinem Sieg die Emotionen übermannten. „Es kann kein schöneres Comeback geben. Das bleibt immer in meinem Herzen“, sagte er.

Durch den zweiten Platz seines Bruders Christoph (SCC Berlin; 64,34 m) wurde es am Ende sogar noch ein Doppelsieg für die Familie Harting. Es war der perfekte Abschluss eines großartigen Leichtathletik-Abends.

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer <link>Ergebnisrubrik...

Mehr:

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<link news:45963>Alexandra Wester: "Die sieben Meter sind möglich"

Hintergrund:

<link news:45789>Alexandra Wester meldet Olympia-Ambitionen an
<link news:44512>Alexandra Wester wechselt Trainer und Verein

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