| Halbmarathon-WM Frauen

Melat Kejeta holt Silber und bricht 25 Jahre alten deutschen Rekord

Unfassbare Leistung bei der Halbmarathon-WM in Gdynia (Polen): Melat Kejeta läuft bei ihrer Premiere im DLV-Trikot zu Silber und bricht den 25 Jahre alten deutschen Rekord von Uta Pippig sowie den Europarekord für reine Frauenrennen. In der Teamwertung belegt Deutschland sensationell den dritten Platz. Den Sieg sichert sich Peres Jepchirchir (Kenia) mit Weltrekord in einem reinen Frauenrennen.
Jörg Wenig / Nicolas Walter

Sensation bei den Halbmarathon-Weltmeisterschaften im polnischen Gdynia: Melat Kejeta vom Laufteam Kassel stürmte am Samstag in 1:05:18 Stunde zum Vize-Weltmeister-Titel und verbesserte dabei den deutschen Rekord von Uta Pippig aus dem Jahr 1995 (1:07:58 h) um mehr als zweieinhalb Minuten. Doch damit nicht genug: Diese Zeit bedeutete gleichzeitig Europarekord in einem reinen Frauenrennen. Die bisherige Bestmarke hielt Lornah Kiplagat (Niederlande; 1:05:25 h) aus dem Jahr 2008.

Melat Kejeta, die ursprünglich aus Äthiopien stammt und seit März 2019 die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, lief nur zwei Sekunden hinter der neuen Weltmeisterin Peres Jepchirchir ins Ziel. Die Kenianerin stellte bei idealen Bedingungen an der Ostseeküste mit 1:05:16 Stunde einen Weltrekord für reine Frauenrennen auf. Auch die deutsche Vize-Weltmeisterin und die drittplatzierte Yalemzerf Yehualaw (Äthiopien; 1:05:19 h) blieben unter der bisherigen Marke von 1:05:34 Stunden.

Deutscher 10-Kilometer-Rekord als Durchgangszeit

Melat Kejeta brach mit einer Zwischenzeit von 30:47 Minuten darüber hinaus sogar den deutschen 10-Kilometer-Rekord und ist damit die erste Europäerin seit 2008, die es bei Halbmarathon-Weltmeisterschaften auf das Podium schaffte. „Ich bin sehr, sehr glücklich und freue mich über diese gute Leistung. Klar, ich wollte mein Bestes geben, aber mit diesem Ergebnis hätte ich nicht gerechnet", sagte Melat Kejeta nach ihrem überraschenden zweiten Platz.

„1:05:18 Stunde, das ist eine Hausnummer und absolute Weltspitze. Besser hätte es gar nicht laufen können. Ich fand vor allem den Mut beeindruckend, von Anfang an dieses hohe Temo mitzugehen. Hut ab, sie hat alles richtig gemacht!" ordnete DLV-Bundestrainerin Marathon Katrin Dörre-Heinig die Leistung von Melat Kejeta im Anschluss an das Rennen ein.

DLV-Auswahl mit starker Team-Leistung sensationell auf Rang drei

In der Team-Wertung belegte das deutsche Team sensationell Rang drei und war damit so erfolgreich wie nie zuvor. Neben Melat Kejeta zeigten dabei auch die anderen deutschen Läuferinnen starke Leistungen: So lief Laura Hottenrott (TV Wattenscheid 01) in 1:10:49 Stunde eine neue Bestzeit und belegte damit als zweitbeste Deutsche Platz 26.

„Es lief super. Ich wollte eigentlich verhalten loslaufen, aber das Feeling einer WM hat mich von Anfang an direkt gepusht. Es war eine sehr anspruchsvolle und wellige Strecke. Aber dieses Profil liegt mir total. Die Zeit ist letztlich aber eine große Überraschung für mich. Ich hätte auf einer flachen Strecke durchaus damit gerechnet, aber niemals auf diesem schwierigen Kurs", freute sich Laura Hottenrott.

„Laura hat ein super Resultat erzielt. Ihre gute Form hatte sich zuletzt schon beim 10-Kilometer-Lauf in Berlin angedeutet, aber das muss man trotzdem erstmal zeigen, wenn es darauf ankommt. Der 26. Platz ist ein hervorragenes Ergebnis", so Katrin Dörre-Heinig. Ebenfalls überzeugen konnten Rabea Schöneborn (LG Nord Berlin; 1:12:35 h) und Deborah Schöneborn (LG Nord Berlin; 1:12:39 h). Die Deutsche Meisterin im Marathon aus dem Jahr 2018 Fabienne Königstein (MTG Mannheim) lief nach 1:17:03 Stunde ins Ziel.

Hohes Tempo von Beginn an

Bei kühlen Temperaturen von rund sieben Grad Celsius entwickelte sich von Beginn an ein sehr schnelles Rennen. Eine zwölfköpfige Spitzengruppe hatte die 5-Kilometer-Marke nach 15:20 Minuten erreicht. Kurz vor Kilometer zehn stürzte schließlich in einer engen Kurve die Titelverteidigerin Netsanet Gudeta (Äthiopien), die in der Folge den Rückstand nicht mehr aufholen konnte. Sieben Läuferinnen erreichten die 10-Kilometer-Marke nach 30:47 Minuten –  auch Melat Kejeta, die damit die deutsche Bestzeit von Irina Mikitenko unterbot, die 2008 in Karlsruhe 30:57 Minuten gelaufen war.

Der nächste entscheidende Moment im Rennen kam zwischen Kilometer 17 und 18. Nachdem Weltrekordlerin Ababel Yeshaneh (Äthiopien; 1:04:31 h) die Initiative ergriffen hatte, stürzte sie zusammen mit Joyciline Jepkosgei. Sie konnten den Rückstand nicht mehr aufholen, denn die Spitzengruppe hielt das Tempo hoch. Zugleich fielen Zeineba Yimer (Äthiopien) und Yasemin Can (Türkei) zurück, sodass nur noch drei Läuferinnen vorne übrigblieben: Peres Jepchirchir, Yalemzerf Yehualaw und Melat Kejeta, die auch ein taktisch sehr starkes Rennen lief.

Kurz vor dem Ziel sah es so aus, als ob die Äthiopierin den Titel vor der Kenianerin und der Deutschen gewinnen würde. Doch ein weiteres Missgeschick stellte diese Reihenfolge auf den Kopf: Vor der letzten Kurve, weniger als 100 Meter vor dem Ziel, bog der die Gruppe führende Radfahrer von der Strecke ab – kurzzeitig folgte ihm Yalemzerf Yehualaw in die falsche Richtung. Dadurch lief Peres Jepchirchir noch vorbei und triumphierte. Auf den letzten Metern schob sich schließlich auch noch Melat Kejeta an der enttäuschten Äthiopierin vorbei auf Rang zwei und konnte so den bisher größten Erfolg ihrer Karriere feiern.

Die Läufe der Männer und Frauen bei den Halbmarathon-Weltmeisterschaften können sie sich im Re-Live auf Youtube ansehen.

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik...

Mehr:

Jacob Kiplimo krönt sich zum Weltmeister

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024