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Torben Blech – Passende Puzzleteile für sechs Meter?

Sieben DLV-Athletinnen und Athleten haben bei der Hallen-DM in Dortmund ihre ersten Titel auf nationaler Ebene gewonnen, einige von ihnen überraschten damit sich, favorisierte Konkurrenz und die Zuschauer, die coronabedingt wieder „nur“ per Livestream dabei sein konnten. Wir stellen sie vor, heute Stabhochspringer Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen).
Jan-Henner Reitze

Torben Blech
TSV Bayer 04 Leverkusen

Bestleistung:

Stabhochsprung: 5,80 m (2019) Halle: 5,86 m (2021)
Zehnkampf: 7.872 Punkte (2017)

Erfolge:

Silber Universiade 2019
Deutscher Hallenmeister 2021

Mit seinen Höhenflügen, seinem Lieblingslied „Stäänefleefer“ der Band Kasalla und seiner ungewöhnlichen Geschichte als früherer Zehnkämpfer hat Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen) die Stabhochsprung-Szene in diesem Winter weiter aufgemischt. Nach der neuen Bestleistung von 5,86 Meter, dem ersten deutschen Meistertitel bei der Hallen-DM in Dortmund und einer Saison auf neuem Niveau endete der Winter allerdings mit einem kleinen Dämpfer. Bei der Hallen-EM scheiterte der gehandelte Medaillenkandidat schon in der Qualifikation.

Dieser Wettkampf war auch eine Erinnerung an das, woran es noch zu arbeiten gilt. Die Konstanz der einzelnen Versuche, genauso die Routine einen Sprung zu retten, wenn ein Detail wie der Anlauf mal nicht genau passt. Da hat der Leverkusener wegen seiner verspäteten Spezialisierung noch Nachholbedarf. Anderseits profitiert er von seinen außergewöhnlichen Grundlagen in Sachen Athletik, Schnelligkeit und Kraft. Eine ganze Reihe von Trainern, mit denen der Deutsche Hallenmeister immer noch in Kontakt steht, hat einen Anteil daran. „Alle haben mir auf meinem Weg ein wichtiges Puzzlestück mitgegeben“, erklärt der Student.

Gemeinsam mit Heim- und Bundestrainerin Christine Adams und Trainingspartner Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen) soll die Höhenjagd noch lange kein Ende haben, im Gegenteil. Nahziele sind die Olympischen Spiele in Tokio (Japan), aber auch die Sechs-Meter-Marke ist keine Barriere, die der 26-Jährige außer Reichweite sieht.

Erste Liebe Zehnkampf

Im Alter von neun Jahren begann Torben Blech in seiner Heimat beim CVJM Siegen SG mit der Leichtathletik. Der Weg in diese Sportart war vorgezeichnet, da seine Mutter in Jugendzeiten Hürden und Hochsprung betrieben hatte, sowie sein Vater Zehnkämpfer war und bis heute auch als Trainer aktiv ist. Die Begeisterung für alle Disziplinen weckte in den ersten Jahren Armin Kring, alles fand noch auf eher spielerischer Ebene statt.

2007 rückte die Leistung mehr in den Fokus, mit dem Wechsel zur LG Kindelsberg/Kreuztal in die Gruppe von Helmut Menn. Dessen Zwillingssöhne Philipp und Sascha gehören dem gleichen Jahrgang an und waren damit jeweils in der gleichen Altersklasse startberechtigt. „Bei Helmut habe ich die Grundlagen des Zehnkampfs erlernt“, erzählt Torben Blech, der auch gemeinsam mit weiteren starken Trainingspartnern früh Erfolge feierte.

2012 erste deutsche Meistertitel mit der Mannschaft

2010 fehlte bei den Deutschen Schüler-Mehrkampfmeisterschaften in Hannover nach Platz acht im Achtkampf der M15 (4.591 Punkte) in der Mannschaftswertung mit Sascha Menn und Nils Löcher noch ein Pünktchen für die Team-Medaille. Mit Gold über 4x100 Meter bei der Jugend-DM sowie mit der Zehnkampf-Mannschaft bei der Mehrkampf-DM war das zweite U18-Jahr 2012 dann besonders erfolgreich. 2014 war Torben Blech noch einmal Teil der siegreichen Sprintstaffel der LG Kindelsberg/Kreuztal bei der Jugend-DM in Wattenscheid, diesmal in der Altersklasse U20.

In Sachen Schnelligkeit war es nochmal deutlich vorangegangen, nachdem Ende 2013 die Sprinttrainer Adalbert Roßbach und Udo Hermann die Betreuung übernommen hatten. „Innerhalb eines Jahres habe ich meine 100-Meter-Bestzeit um mehr als drei Zehntel auf 10,94 Sekunden gesteigert“, erinnert sich Torben Blech. Im Wurfbereich wurde er in seinem letzten Jahr bei der LG Kindelsberg/Kreuztal von Jörg Jendrosch betreut. Mit dem Schulabschluss fiel der Entschluss nach Leverkusen zu gehen.

Rücken und Lust auf mehr Wettkämpfe führen zum Stabhochsprung

Der Wechsel in die Mehrkampfgruppe von Axel Berndt brachte den nächsten Schub. „Er hat mich im Zehnkampf richtig auf Vordermann gebracht“, erzählt Torben Blech. Mit den ersten Fünf-Meter-Sprüngen kristallisierte sich der Stabhochsprung schon als Stärke heraus, aber auch in den anderen Disziplinen, außer den ungeliebten 1.500 Metern, deutete alles auf den möglichen Anschluss an die internationale Mehrkampfspitze hin. Dafür sprachen auch die 7.872 Punkte, mit denen sich der damals 22-Jährige für die U23-EM 2017 qualifizierte.

Allerdings bremsten immer wieder Verletzungen die Entwicklung, der Rücken spielte dabei eine zentrale Rolle. „Ich hatte keine strukturellen Probleme wie einen Bandscheibenvorfall. Rotationsbewegungen und ein Gleitwirbel haben für eine ständige Reizung gesorgt. Deshalb konnte ich zwischenzeitlich mal drei bis vier Monate gar nichts machen.“ Als dann bei der U23-EM in Bydgoszcz (Polen) der Weitsprung misslang, damit der Traum von einer Medaille früh vorbei war und danach auch noch die Leiste zwickte, beschloss Torben Blech, ein „Sabbatjahr“ vom Zehnkampf einzulegen und sich auf Einzeldisziplinen wie den Stabhochsprung zu konzentrieren.

Dabei kam eine Verbesserung auf 5,42 Meter heraus, und der frühere Stabhochspringer und heutige Leverkusener Nachwuchstrainer Marvin Caspari sowie der frühere Stabhochsprung-Bundestrainer und heutige Geschäftsführer in Leverkusen Jörn Elberding animierten den Mehrkämpfer, ganz auf diese Disziplin zu setzen. „Gereizt hat mich daran auch, deutlich mehr Wettkämpfe machen zu können als im Zehnkampf“, sagt Torben Blech. Er suchte das Gespräch mit der heutigen Bundestrainerin Christine Adams, die sich als das fehlende Puzzlestück zur Karriere mit dem Stab erwies.

Finetuning verlangt Geduld

Der Prozess, aus der eher groben Technik eines Zehnkämpfers die eines Spezialisten im Stabhochsprung zu machen, ist immer noch nicht abgeschlossen. „In anderen Disziplinen gibt es zwei, drei entscheidende Stellschrauben. Im Stabhochsprung muss ich jetzt an acht verschiedene Dinge denken, die ich als Zehnkämpfer gar nicht gekannt habe. Das fängt schon bei der Rhythmisierung des Anlaufs an“, erzählt der Sportsoldat der Bundeswehr und Psychologie-Student, der die Uni wegen Olympia im Moment hinten anstellt.

Gerät er beispielsweise im Anlauf zu dicht an die Anlage, geht gleich der ganze Sprung völlig in die Hose. Bei drei Chancen pro Höhe kann ein Wettkampf so auch früh zu Ende sein, wie zum Beispiel in der Qualifikation bei der Hallen-EM. „Kleine Fehler lassen mein System kippen. Mehrkampffehler sage ich dazu. Daran gilt es zu arbeiten. Damit es, auch wenn es mal nicht so läuft, trotzdem konstanter geht“, so der Quali-Neunte von Torun.

Dennoch ging es insgesamt deutlich schneller voran als erwartet. Schon in seiner ersten Saison als Spezialist steigerte sich der Leverkusener bis auf 5,80 Meter und fuhr gleich zu seiner ersten WM nach Doha (Katar), wo er allerdings wegen Rückenproblemen die Quali vorzeitig abbrach. Nach einem etwas durchwachsenen Jahr 2020 brachte die zurückliegende Hallensaison mit den vier der sechs bisher größten Höhen wieder Fortschritte.

Sechs Meter sollen keine Grenze sein

Seine Freude am Wettkampf lebt Torben Blech dank Trainingspartner Bo Kanda Lita Baehre auch im Training aus. Die beiden machen viele ihrer Einheiten zu einem Zweikampf und sind heiß, im Sommer noch höher zu fliegen als bisher. Die Gedanken reichen nicht nur bis Tokio, sondern auch weit darüber hinaus.

„Der Quälerei und dem umfangreichen Training eines Zehnkämpfers trauere ich nicht hinterher. Trotzdem bin ich ein ehrgeiziger Typ und arbeite hart daran, noch besser zu werden“, erklärt Torben Blech. „Ich will endlich auch bei internationalen Meisterschaften zeigen, was ich über die Saison schon geleistet habe. Auch für die sechs Meter bringe ich die körperlichen Voraussetzungen mit. Der deutsche Rekord von 6,01 Metern ist auf jeden Fall ein Ziel, wie es eins für jeden Stabhochspringer sein sollte. Ob es funktioniert, wird man sehen.“

Eine Rückkehr zum Zehnkampf kann sich der 26-Jährige zum Abschluss seiner Karriere aus Spaß vorstellen. Das soll aber noch ferne Zukunftsmusik sein. „Björn Otto ist seinen deutschen Rekord mit 35 Jahren gesprungen. Deshalb sage ich mir: Gib dir Zeit.“

Video: 5,72 Meter: Torben Blech erstmals Deutscher Meister
Video-Interview: Torben Blech:"Super stolz und super happy"

Das sagt Bundestrainerin Christine Adams

Dass die Hallensaison von Anfang an so gut lief, hat mich überrascht. Im Training gab es doch viele technische Probleme und schlechte Einheiten. Torben tut sich schwer, außerhalb des Wettkampfes vernünftige Sprünge aus langem Anlauf zu machen. Er muss sich voll treffen, im Training fehlt dazu das Adrenalin. Als es dann richtig losging, konnte er die Probleme abstellen. Er hat in der Saison starke Sprünge gezeigt. Die biomechanischen Werte bei der Hallen-DM waren fantastisch. So gut, dass seine Bestleistung von 5,86 Metern nicht als Ausrutscher nach oben zu bewerten sind, sondern eher, dass es in Richtung 5,90 Meter gehen kann.

Allerdings gibt es zwischendrin auch immer Sprünge, die ganz weit weg von diesem Niveau sind. Dabei gibt es aus Sicht der Biomechanik nur kleine Unterschiede. In Torun hat Torben bei 5,70 Metern drei solche Versuche gehabt und es war vorbei. Da zeigt sich auch, dass es noch fehlt mit der Energie zu spielen. Das beste Lernalter liegt zwischen 12 und 14 Jahren, und das später nachzuholen ist schwierig. Deshalb gibt es im Stabhochsprung auch keine Späteinsteiger wie etwa im Sprint, die dann noch in die Spitze kommen können. Torben bringt auf der anderen Seite mit 7,40 Metern im Weitsprung oder 10,80 Sekunden über 100 Meter athletische Vorteile gegenüber vielen Konkurrenten mit. Auch sein Absprung ist mit 4,50 Metern weltweit betrachtet sehr weit. Wichtig ist aber auch, dass er seine athletischen Stärken behält. Davon lebt er. Es reicht nicht, ihm ein bisschen Turnen und Arbeit am Stab beizubringen.

Förderlich ist sein Spaß auch an großen Wettkämpfen. Wenn Torben gefragt wird, ob er in der Nähe zu einem kleinen Wettkampf fahren will oder mit Reisestrapazen zur Diamond League, würde er sich ohne zu zögern für die Diamond League entscheiden. Wir versuchen eine Regelmäßigkeit an Meetings im Sommer zu erreichen, das Wettkampfgefühl geht schnell verloren. Auf der anderen Seite bleibt auch der Rücken eine Schwachstelle, so dass genügend Regenerationszeit bedacht werden muss.

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