| Interview

Melat Kejeta: "Eine Marathonzeit unter 2:20 Stunden ist das nächste Ziel"

Bei den Olympischen Spielen in Sapporo lief Melat Kejeta auf einen hervorragenden sechsten Platz. Es war die beste Leistung einer deutschen Marathonläuferin bei den Spielen seit dem vierten Rang von Katrin Dörre-Heinig 1996 in Atlanta. Die 28-Jährige, die für das Laufteam Kassel startet, hatte bereits bei der Halbmarathon-WM vor knapp einem Jahr mit deutschem Rekord und Silber überrascht, 2019 war sie in Berlin in 2:23:57 Stunden das schnellste Marathondebüt einer deutschen Athletin gelaufen. Nach ihrer Rückkehr aus Japan blickte Melat Kejeta im Interview auf ihre Leistung zurück.
Jörg Wenig

Melat Kejeta, wie bewerten Sie mit etwas Abstand Ihre Leistung in Sapporo? Nach dem Rennen schwang in Ihren Aussagen auch ein bisschen Enttäuschung mit, weil Sie das ganz große Ziel, eine Medaille zu gewinnen, verpasst hatten...

Melat Kejeta:

Ich bin natürlich sehr zufrieden und denke, dass ich bei den Olympischen Spielen mit dem sechsten Platz eine sehr gute Leistung gezeigt habe. Aber ich wollte natürlich eine Medaille gewinnen. Es lief aber auch nicht ganz optimal in Japan. An den Tagen vor dem Rennen hatte ich Magenprobleme, da ich etwas nicht vertragen hatte. Während der ersten zwölf Kilometer, als das Tempo noch sehr verhalten war, schmerzte meine Achillessehne. Als wir dann schneller liefen, wurde das besser. Aber am Ende tat die Sehne wieder weh.

Es war ja erst Ihr zweiter Marathonlauf. Und dann Platz sechs bei Olympia zu erreichen, ist eine außergewöhnliche Leistung.

Melat Kejeta:

Ja, das stimmt natürlich. Das haben mir schon einige gesagt. Ich habe da gar nicht dran gedacht, dass es erst der zweite ist. Ich fühlte mich so als ob ich schon öfter Marathon gelaufen bin.

Können Sie schon sagen, wann Sie wieder starten werden und wann Sie Ihren nächsten Marathon laufen?

Melat Kejeta:

Erst mal mache ich jetzt noch etwas Pause, denn es war schon enorm anstrengend in dieser Hitze in Sapporo Marathon zu laufen. Ich kann mir vorstellen, im Oktober wieder bei einem Straßenrennen zu starten. Und ich möchte schon noch in den Wintermonaten den nächsten Marathon laufen. Ich plane mit Valencia im Dezember.

Gemessen an Ihrer Halbmarathon-Bestzeit sollten Sie in der Lage sein, den deutschen Rekord von Irina Mikitenko, der bei 2:19:19 Stunden steht, recht klar zu unterbieten. Haben Sie diese Zeit im Blick?

Melat Kejeta:

Das nächste Ziel im Marathon ist zunächst, eine Zeit unter 2:20 Stunden zu erreichen. Ob es dann auch für einen deutschen Rekord reicht, müssen wir abwarten. Dafür bräuchte ich sicherlich eine sehr schnelle Strecke und sehr gute Bedingungen. Mittelfristig habe ich den Rekord natürlich im Kopf.

Was reizt Sie mehr: einen Meisterschafts-Marathon zu laufen oder bei einem schnellen City-Marathon zu starten?

Melat Kejeta:

Ich möchte auch in der Zukunft sowohl bei großen Meisterschaften als auch bedeutenden City-Marathonläufen starten. Es ist mein Traum, einmal ein großes Rennen wie Chicago, New York oder London zu gewinnen. Schon in drei Jahren sind ja die nächsten Olympischen Spiele. In Paris möchte ich dann versuchen, die dieses Mal verpasste Medaille zu gewinnen.

Das heißt, der Marathon steht jetzt für Sie eindeutig im Mittelpunkt?

Melat Kejeta:

Ja, ganz sicher konzentriere ich mich auf den Marathon. In der Vorbereitung darauf werde ich aber auch Halbmarathonläufe oder Rennen über kürzere Distanzen laufen, sofern das in die Planung passt. Ich denke, mein Potenzial ist im Marathon am größten.

Der frühere Marathon-Bundestrainer Winfried Aufenanger hat Sie in Kassel in die internationale Spitze geführt. Zuletzt waren Sie viel in Höhentrainingslagern in Kenia und Äthiopien und haben sich dort hochklassigen Laufgruppen angeschlossen. Werden Sie dies weiter so machen?

Melat Kejeta:

Ja, ich werde während einer Marathonvorbereitung auch zukünftig längere Zeit in der Höhe in Äthiopien oder Kenia trainieren. Vor Olympia war ich in den Hügeln von Ngong in der Nähe von Nairobi. Dort habe ich in der Gruppe mit der Marathon-Weltmeisterin Ruth Chepngetich trainiert. Mein Trainer ist aber weiterhin Winfried Aufenanger, ihm verdanke ich meinen Erfolg.

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024