Vor einer Woche ahnte Jacqueline Otchere noch gar nichts von ihrem WM-Start in Eugene. Nun hat sich die Stabhochspringerin Freitagnacht mit im ersten Versuch übersprungenen 4,50 Metern sogar fürs WM-Finale qualifiziert. Dort will sie dann auch das EM-Ticket für München fix buchen.
Von null auf hundert – das ist das Zwischenfazit für Stabhochspringerin Jacqueline Otchere (MTG Mannheim) nach der Qualifikation bei der WM in Eugene (USA) in der Nacht zu Samstag. „Ich kann es gar nicht glauben, was hier passiert ist“, strahlte die 26-Jährige nach ihren übersprungenen 4,50 Metern und der Qualifikation für das WM-Finale in der Nacht zu Montag (2:25 Uhr; MESZ). „Ja, das ist tatsächlich mein bislang größter Erfolg, ich bin total glücklich“, freute sich die dreifache Deutsche Meisterin über ihre Leistung mit einer ungewöhnlichen Vorgeschichte.
Denn vor einer Woche saß sie morgens um sieben in ihrer Wahlheimat Berchtesgaden auf dem Bett, als der unerwartete Anruf kam: ab zur WM nach Eugene! Denn als Nachrückerin über die Weltrangliste ergatterte die Mannheimerin quasi ein Last-Minute-Ticket nach Eugene: „Ich war geschockt, denn die WM war eigentlich abgehakt, ich konnte es gar nicht fassen“.
Odyssee von Berchtesgaden nach Eugene
Sie fuhr dann nach Mannheim, ihrer zweiten Heimat, um die Koffer zu packen. Dann folgte eine Odyssee zur WM. Mit dem (verspäteten) Zug nach Frankfurt, mit dem Flieger über Frankfurt, Toronto, Portland und dem Bus nach Eugene landete sie schließlich im legendären Hayward Field. „Es war eine lange Reise“, so Jacqueline Otchere. Unter der Woche war sie noch mit den besten deutschen Rodlern, Skeletons und Skifahrern im Kraftraum, wenige Tage später auf Höhenflug in Oregon „Ich bin super glücklich, und werde mich jetzt auf das Finale vorbereiten“ war ihr Fokus direkt wieder nach vorn gerichtet.
Dabei lief ihre Vorbereitung auf die Saison eher bescheiden. Wegen Corona konnte sie sechs Wochen nicht trainieren. „Da fehlte natürlich auch das Selbstvertrauen“, sagt sie im Rückblick, „mir fehlte das Gefühl für den Anlauf und den Einstichkasten.“ Jetzt steht sie im WM-Finale, und hat die Norm für die EM in München Mitte August noch gar nicht. 4,60 Meter sind da gefordert.
Das Selbstvertrauen ist bei Jacqueline Otchere zurück
„Das hebe ich mir für das Finale am Sonntag auf“, so Jacqueline Otchere. Das Selbstbewusstsein ist zurückgekehrt. „Es ist schon lustig, dass ich bei der WM im Finale stehe und für die EM noch gar nicht qualifiziert bin“, wunderte sie sich über sich selbst.
Jacqueline Otchere zeichnet Schnelligkeit, turnerische Fähigkeiten und Athletik aus. Sie kommt aus einer sportlichen Familie, hat einen ghanaischen Vater und eine deutsche Mutter. Armand Duplantis, der Weltrekordler und Überflieger bei den Männern, ist in technischer Hinsicht ihr Vorbild. „Man kann eigentlich von allen lernen“, gibt sie sich fast bescheiden. Gestärkt durch eine Reihe unerwarteter Ereignisse will sie im WM-Finale angreifen.