Es geht um Meistertitel und internationale Startplätze! Die Deutschen Jugend-Meisterschaften in Rostock sind der nationale Saisonhöhepunkt für die deutschen U18- und U20-Talente. Lesen Sie hier, wie sich die Nachwuchs-Athletinnen am Sonntag in Rostocker Leichtathletikstadion geschlagen haben.
Jugend-DM Rostock 2023 live
WEIBLICHE JUGEND U20
200 Meter
Holly Okuku hält Nele Jaworski in Schach
Mit 24,17 Sekunden hatte sich Holly Okuku als Schnellste für das letzte Finale der Jugend-DM qualifiziert. Doch im Endlauf wurde die U18-Vize-Europameisterin bis zum Schluss gefordert von Nele Jaworski (VfL Wolfsburg). "Ich dachte mir: 'Holly, bleib cool! Entspannt durchziehen bis zum Schluss'", erzählte die Athletin des Sprintteam Wetzlar, nachdem sie als Siegerin ins Ziel gesprintet war. Als die Zeit durchgesagt wurde, schaute sie kurz ungläubig drein und fasste sich an den Kopf, dann klatschte sie sich selbst Beifall. 23,56 Sekunden bedeuteten für sie einen neuen Hausrekord.
Ihre erste Sorge galt dem Wind. War ihre Marke regulär? Eine Sprintkollegin klärte auf: 1,5 Meter pro Sekunde Rückenwind – die neue deutsche Jahresbestleistung kann also Einzug in die Rekordlisten finden. "Ich hatte mir fest vorgenommen, mit einer PB hier rauszugehen, und das habe ich auch geschafft", freute sich Holly Okuku. "Dabei liegt mir das Wetter gar nicht so. Ich mag lieber Wärme und Sonnenschein."
Es war kühl und die Bahn noch feucht, aber immerhin regnete es nicht mehr, als sie ihr Finale bestritt. Im Ziel ließ sich die Hessin von 100-Meter-Siegerin Chelsea Kadiri (SC Magdeburg) und der Deutschen U18-Meisterin im Dreisprung Masha-Sol Gelitz (GSV Eintracht Baunatal) beglückwünschen. Nele Jaworski, die so stark gegengehalten hatte, wurde ihrerseits mit einer neuen Bestmarke von 23,66 Sekunden belohnt. Auf Platz drei rannte Laura Mier (SC Potsdam; 24,06 sec), die am Samstag bereits Silber über 100 Meter gewonnen hatte.
100 Meter Hürden
Rosina Schneider schlägt zurück
Rosina Schneider riss die Arme in die Höhe und fiel der zweitplatzierten Lia Flotow überglücklich in die Arme. Soeben hatte die neue Deutsche Jugendmeisterin ein Hürden-Finale abgeliefert, das sich, insbesondere bei den nasskalten Bedingungen, sehen lassen konnte: 13,40 Sekunden zeigte die Uhr zunächst an, bevor die Zeit sogar auf 13,38 Sekunden korrigiert wurde. Damit verbesserte die 18-Jährige vom TV Sulz ihre Bestleistung um eine Hundertstelsekunde. Den alten Hausrekord war sie bei sommerlichem Wetter bei der Junioren-Gala in Mannheim gelaufen.
Dort war sie noch der Athletin unterlegen, die sie im Finale von Rostock hinter sich lassen konnte: Lia Flotow. Die Rostockerin kam bei ihrem Heimspiel in 13,46 Sekunden ins Ziel, auch sie war unter regulären Bedingungen nur dreimal schneller gewesen. "Wir geben und nehmen uns nichts", sagte Rosina Schneider anschließend. "In Mannheim war sie vorn, jetzt ich. Ich bin froh, dass ich heute diesen Titel gewinnen konnte, das war mein Ziel."
Bronze ging an eine Siebenkämpferin: Pia Meßing (TV Gladbeck), im Vorjahr Bronzemedaillengewinnerin der U18-EM. In 13,82 Sekunden verpasste sie ihre Bestzeit lediglich um sieben Hundertstelsekunden. Als Vierte (13,85 sec) blieb auch Line Schröder (Hamburger SV) deutlich unter 14 Sekunden.
400 Meter Hürden
Anouk Krause-Jentsch teilt sich das Rennen am besten ein
Lena Leege legte los wie die Feuerwehr. Die Berlinerin auf Bahn sechs ging das Rennen furios an. Doch auf der Zielgeraden schlug die Stunde der deutschen Jahresbesten Anouk Krause-Jentsch (Neuköllner SF). Sie nahm die letzte Hürde gleichzeitig mit der Führenden und konnte auf den letzten Metern noch vorbeiziehen. In 58,17 Sekunden näherte sich Anouk Krause-Jentsch ihrer Bestzeit (57,91 sec), die sie als Sechste der DM in Kassel aufgestellt hatte. Lena Leege hielt in 58,55 Sekunden die drittplatzierte Janne Popp (LAC Quelle Fürth; 59,91 sec) auf Distanz.
Weitsprung
Tabea Eitel wiederholt Vorjahreserfolg in dominanter Manier
Vor einem Jahr in Ulm hatte der Weitsprung der weiblichen U20 zu den Highlights der Jugend-DM in Ulm gezählt. Bei strahlendem Sonnenschein lieferten sich damals Tabea Eitel (LG Filder) und Libby Buder (SC Potsdam) ein spannendes Duell, in dem Tabea Eitel mit 6,48 Meter die Nase vorn hatte. In diesem Jahr sah die Kulisse im Rostocker Leichtathletikstadion gänzlich anders aus und das Wetter präsentierte sich nicht von seiner besten Seite. Bei kühlen Temperaturen und regnerischen Bedingungen setzten die Athletinnen ihre Sprünge in die Grube.
Tabea Eitel machte das allerdings nichts aus. Die 19-Jährige war wie im zurückliegenden Jahr bestens aufgelegt. Der Schlüssel zum Erfolg: Sätze auf 6,17 und 6,12 Meter in den beiden ersten Runden, während sich die Konkurrenz mit der Sechs-Meter-Marke zunächst schwertat. Und die Württembergerin hatte noch nicht alle Karten aufgedeckt: Im dritten Durchgang ließ sie 6,35 Meter folgen und steigerte sich im vierten Versuch gar auf 6,44 Meter. "Der Druck war dann weg und sie konnte befreit aufspringen", kommentierte ihr Trainer Florian Bauder.
Tabea Eitel selbst hatte vor allem "Spaß am Springen", wie sie sagte. "Ich bin ganz entspannt an den Wettkampf rangegangen. Die Konkurrenz habe ich als sehr unterstützend erlebt. Und es ist definitiv noch mehr drin." Für die Kontrahentin, die der Siegerin am nächsten kam, dürfte sich Silber wie Gold anfühlen: Laura Raquel Müller (Unterländer LG), vor zwei Jahren bereits U20-EM-Vierte, hatte die vergangene Saison verletzungsbedingt verpasst. Nun knüpfte sie mit 6,16 Meter wieder an alte Stärke an. Bronze ergatterte Finja Köchling (Eintracht Frankfurt), die neben ihrem besten windunterstützten Sprung auf 6,11 Meter auch regulär die Sechs-Meter-Marke knackte.
Auf Platz vier (5,97 m) konnte die Vorjahreszweite und Deutsche Jugend-Hallenmeisterin Libby Buder ihr starkes Ergebnis von Ulm nicht wiederholen. Fünfte wurde mit 5,92 Meter Siebenkämpferin Pia Meßing (TV Gladbeck), die zuvor bereits Bronze im Hürdensprint errungen hatte und sich zwischen zwei Sprüngen ihre Medaille abholte. Europas Jahresbeste Samira Attermeyer (LG Olympia Dortmund) musste sich nach einem Sicherheitssprung auf 5,47 Meter und zwei ungültigen Versuchen mit Rang zehn begnügen. Sie hatte bei der Junioren-Gala in Mannheim mit 6,55 Metern begeistert.
Diskuswurf
Lea Bork trumpft im letzten Durchgang auf
In Runde eins die Führung. Und im letzten Versuch das Meisterstück: So die Wettkampf-Bilanz von Lea Bork (LV 90 Erzgebirge). Die deutsche Jahresbeste begann mit 52,13 Meter, einer Weite, an der sich die Kontrahentinnen die Zähne ausbissen. Zwei weitere Würfe landeten ebenfalls hinter der 50-Meter-Marke. Als ihr Sieg bereits besiegelt war, krönte sie den deutschen Meistertitel mit einer Top-Weite: 53,61 Meter, nicht weit hinter ihrer Bestleistung von Rochlitz (54,20 m).
"Es war das Ziel, direkt im ersten Versuch anzugreifen", sagte Lea Bork anschließend. Ein Plan, der aufging. "Vor dem Wettkampf war ich eigentlich ganz entspannt, gestern war ich aufgeregter", verriet sie. Vor der Jugend-DM hatte eine gehörige Portion Druck auf den jungen Athletinnen gelastet: Für die U20-EM in Jerusalem (Israel; 7. bis 10. August) hatten sich mehr Athletinnen angeboten, als es Startplätze gibt. Fünf Athletinnen waren mit einem Bestwert von mehr als 50 Metern, der geforderten Normweite, angereist. Und im Endeffekt waren es genau diese 50 Meter, die über die Podestplätze entschieden.
Silber gewann eine Athletin, die noch der U18 angehört und bereits bei der Junioren-Gala auf ganzer Linie überzeugt hatte: Curly Brown. Mit 51,24 Metern aus dem fünften Versuch lieferte die U18-Europameisterin die nächste starke Leistung ab. Bronze holte sich mit 50,79 Metern Milina Wepiwe (TSG Wehrheim) und sorgte damit für das nächste Erfolgserlebnis ihrer Familie, nachdem wenige Stunden zuvor ihre jüngere Schwester Nadjela bereits in der U18-Konkurrenz gesiegt hatte. Mit diesen Weiten stehen die deutschen Diskuswerferinnen auch im europäischen Vergleich gut da: Lea Bork liegt auf Rang drei der kontinentalen Rangliste. "Ich hoffe, dass ich das bestätigen kann."
WEIBLICHE U18
200 Meter
Knappes Duell endet mit Gold für Judith Bilepo Mokobe
Bei der letzten Entscheidung in der U18-Wertung jubelte eine Mainzerin: Judith Bilepo Mokobe hatte sich im 200-Meter-Finale in der Kurve nach vorn gearbeitet und auf den letzten Metern in einem knappen Duell gegen Lilith Belau (Neuköllner SF) die Oberhand behalten. Bei leichtem Rückenwind von 0,9 Meter pro Sekunde warf die Anzeigetafel 24,34 Sekunden als Siegzeit aus. Damit schraubte die 16-Jährige ihre Bestzeit von 24,49 Sekunden um mehr als eine Zehntelsekunde nach unten.
Nur fünf Hundertstel dahinter war Lilith Belau als Zweite im Ziel. 100-Meter-Siegerin Pia Pätzel (LG VfL/SSG Bensheim) erweiterte ihre Medaillensammlung mit Bronze (24,64 sec) und verbesserte ihren persönlichen Rekord, der bis dahin bei 24,84 Sekunden gestanden hatte, ebenfalls deutlich.
100 Meter Hürden
Sandy Sakyi rennt im Regen Bestzeit
Als Nummer drei der deutschen Jahresbestenliste war sie nach Rostock gereist, mit Gold und einer neuen Bestzeit geht es für Sandy Sakyi zurück nach Bremen. Die 17-Jährige triumphierte im 100-Meter-Hürden-Finale mit 13,74 Sekunden – eine Steigerung um sechs Hundertstel. "Meine Vorrunden waren noch schlecht", meinte sie nach dem Wettkampf. "Vor dem Finale habe ich mich dann noch einmal konzentriert und dann hat es viel besser geklappt."
Im Vorfeld hatte sie mit einem Platz in den Top Drei geliebäugelt. Die Hürdensprinterinnen hatten ein straffes Programm zu absolvieren: Auf die Vorläufe um 11:30 Uhr folgten bereits um 12:50 Uhr die Halbfinals, der Endlauf stand um 13:40 Uhr an. Den Urlaub, der für die Deutsche U18-Meisterin nun ansteht, hat sie sich damit redlich verdient.
Bitter verlief das Finale für die deutsche Jahresbeste Samita Schatz (Pulheimer SC), die eine Bestmarke von 13,61 Sekunden nach Rostock mitgebracht hatte. Sie trat in die drittletzte Hürde und wurde mit 14,41 Sekunden Letzte. Über Silber jubelte hingegen Elenor Servatius (Athletic-Team Wittlich; 13,80 sec). Bronzemedaillengewinnerin Amira Adio (TV Gladbeck) unterbot zum ersten Mal in ihrer Karriere die 14-Sekunden-Marke – um drei Hundertstel.
400 Meter Hürden
Tausendstel-Krimi
Der Zieleinlauf brachte keine Klarheit. Mit bloßem Auge war nicht zu erkennen, ob Mara-Sophie Schmitz (LG Idar-Oberstein) oder Ina Ehrmann (LG Dornburg) die Ziellinie als Erste überquert hatte. Zu zweit waren sie auf den letzten Metern an der lange führenden Isabell Frank (TS Göppingen) vorbeigezogen. Auch die Zeitmessung spuckte für beide Langhürdlerinnen 61,70 Sekunden aus. Also musste die Tausendstel-Auswertung her. Und die erklärte Mara-Sophie Schmitz zur neuen Deutschen U18-Meisterin vor der zeitgleichen Ina Ehrmann. Auf Platz drei rannte Isabell Frank nach 62,30 Sekunden ins Ziel.
Diskuswurf
Nadjela Wepiwe trotzt dem Regen
Die Diskuswerferinnen hatten nicht die besten Witterungsbedingungen erwischt: Es regnete während des gesamten Wettkampfes. Am besten kam mit den schwierigen Wetterverhältnissen Nadjela Wepiwe (TSG Wehrheim) zurecht. Die 16-Jährige beförderte ihre Ein-Kilo-Scheibe im dritten Durchgang auf 46,67 Meter. Nur acht Zentimeter fehlten ihr zur "PB". Das war der Goldwurf und der einzige, den sie richtig traf. So wurde auch ihre Familie, unter anderem Schwester Milina Wepiwe, U18-EM-Teilnehmerin des Vorjahres, für das lange Ausharren im Regen belohnt.
"Es hat schlecht angefangen und wurde dann deutlich besser", bilanzierte Nadjela Wepiwe. "Ich hatte schon ein paarmal Wettkämpfe im Regen, deshalb war das nichts Neues für mich." Der regennasse, rutschige Ring störte sie mehr als der permanente Nieselregen. Silber und Bronze gingen an den SCC Berlin: Zweite wurde Soraya Sprenger, deren einziger gültigen Versuch bei 44,53 Meter landete. Bronze schnappte sich die Deutsche U18-Meisterin im Kugelstoßen Emily Scherf. Die Top Drei waren die einzigen Werferinnen, denen es gelang, die 40 Meter zu übertreffen.
Nach getaner Arbeit nahm Nadjela Wepiwe stolz ihre Goldmedaille entgegen und machte sich ihrerseits zum Anfeuern bereit: Um 13:40 Uhr beginnt das Diskuswerfen der U20. Dann wird diesmal die jüngere Schwester der älteren die Daumen drücken.
Jugend-DM Rostock 2023 live