Wendelin Acker (TSV Burladingen) war der erfolgreichste deutsche Teilnehmer bei den Masters-Europameisterschaften im italienischen Pescara Ende September. Sechs Mal durfte der 90-Jährige bei der Siegerehrung die Nationalhymne hören. Der Württemberger gewann in allen fünf Wurfdisziplinen und im Wurf-Fünfkampf den EM-Titel. Seine Erfolge schlugen in der Heimat hohe Wellen: Unter anderem der Bürgermeister von Burladingen gratulierte.
Wendelin Acker, nochmals herzlichen Glückwunsch zu den sage und schreibe sechs Goldmedaillen in Pescara. Sie kommen seitdem aus dem Feiern gar nicht mehr raus. Am 12. Oktober hat sie die Stadt Burladingen groß geehrt, wie war das?
Wendelin Acker:
Das war schon sehr rührend. Ich wollte den Trubel gar nicht, doch das wurde über mich hinweg entschieden. Es war bewegend, in einem Umzug durch die Stadt zur Stadthalle geleitet zu werden und die vielen Menschen zu sehen, die sich mit mir gefreut haben.
Der Burladinger Bürgermeister Davide Licht hat Sie sogar in Pescara überrascht und war am Wochenende im Stadion…
Wendelin Acker:
Ich wusste das gar nicht, hatte keine Ahnung. Da waren zehn weiße T-Shirts auf der Tribüne. Als der Wettkampf rum war, traute ich meinen Augen nicht: Der Bürgermeister war da, von der Zeitung war jemand da, damit hätte ich nie gerechnet.
Wie waren die Tage in Pescara für Sie? Sechs Starts, sechs Goldmedaillen – ist alles so aufgegangen, wie Sie es sich vorgestellt hatten?
Wendelin Acker:
Dass ich sechs Mal oben stehen durfte, das war sehr überaschend. Sehr rührend, die Nationalhymne zu hören. Nicht nur für mich, für ganz Burladingen, für die ganze Region. Geliebäugelt hatte ich mit ein oder zwei Titeln. Dass ich sechs Mal oben stehe, damit hatte ich nicht gerechnet. Umso schöner war es.
Wie sind Sie an die Wettkämpfe heran gegangen?
Wendelin Acker:
Ich habe mir jeweils meine Jahresbestleistung zum Ziel gesetzt. Das hat mich zusätzlich motiviert und meist habe ich es erreicht.
Nehmen Sie uns mal mit – wie ist es, als 90-Jähriger solch eine Wettkampfreise zu machen?
Wendelin Acker:
Ich hatte gar keine Probleme und habe alles gut überstanden. Meine Kinder haben sich abgewechselt, mich zu begleiten. In der ersten Woche war mein Sohn Klaus da, dann kamen Monika und Matthias. Ich habe sogar zwischendrin einen Ausflug nach Rom gemacht. Das war sehr interessant, ich war noch nie in Rom.
Wie sind Sie zur Leichtathletik gekommen?
Wendelin Acker:
Ich bin 1947 mit 14 Jahren in den TSV Burladingen, für den ich heute noch starte, eingetreten und war sehr lange Turner. 1963 wurde ich motiviert, es doch mal mit der Leichtathletik zu versuchen. Im Laufe der Jahre hat sich heraus kristallisiert, dass es für mich die Wurfdisziplinen sind. Ich komme dort nicht von der Kraft, sondern von der Beweglichkeit und der Dynamik. Als ich 1996 in Rente gegangen bin, konnte ich mich mehr mit der Leichtathletik befassen. Vorher musste ich arbeiten, ich war 29 Jahre lang Zimmermann, und mich um die Familie kümmern. Jetzt bin ich seit 27 Jahren zuhause und mir war noch nie langweilig. Mit meiner Frau bin ich seit 60 Jahren verheiratet und sie hat mein Engagement im Sport immer unterstützt. Bis vor drei Jahren war ich im Vorstand des TSV Burladingen aktiv.
Wie sieht Ihre Vorbereitung aus?
Wendelin Acker:
Ich trainiere hauptsächlich zuhause, habe dort einen kleinen Fitnessraum, in dem ich mich fit halten kann. Einmal pro Woche gehe ich ins Stadion zum Werfen.
Was planen Sie fürs nächste Jahr?
Wendelin Acker:
Ich möchte weiter Wettkämpfe in der näheren Umgebung machen. Ich freue mich immer dort alte Kameraden wieder zu sehen, mit ihnen zu reden und auch mal ein Bierchen zu trinken. Regionale Wettkämpfe sind toll. Auch internationale Meisterschaften haben ihren Reiz zu einem großen Teil dadurch, dass man Leute wieder treffen und Freundschaften pflegen kann. Für 2024 hoffe ich, dass ich gesund bleibe. Dann sind die Weltmeisterschaften in Göteborg mein Ziel. Meine Söhne haben sich das schon in ihre Kalender eingetragen, damit sie mich begleiten können.