Mit zwei rasanten Läufen in 6,59 und 6,60 Sekunden über 60 Meter ist Kevin Kranz bei den hessischen Hallenmeisterschaften in Frankfurt erfolgreich in die Saison gestartet. Im Interview spricht er darüber, was in der Vorbereitung dieses Jahr anders war und verrät, was er sich für die Titelkämpfe bei der Hallen-DM in Leipzig vornimmt und ob es ihn auch mal wieder auf die 200 Meter zieht.
Kevin Kranz, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem gelungenen Saisoneinstieg unter dem Hallendach. Wie fällt Ihre persönliche Bilanz nach den ersten drei Rennen im Jahr 2024 aus?
Kevin Kranz:
Ich bin sehr zufrieden. Die drei Rennen waren super – auch wenn ich beim ersten nicht viel gemacht habe, das war zum Reinkommen. Im zweiten habe ich dann ein bisschen mehr Gas gegeben und gesehen, dass ich was drauf habe. Da habe ich im Finale noch einmal Vollgas gegeben. Die 6,59 Sekunden sind für den Einstieg super. So kann die Saison losgehen.
Haben Sie sich die hessischen Hallenmeisterschaften in Frankfurt bewusst für Ihren Auftakt ausgewählt? Als gebürtiger Frankfurter hatten Sie hier ein ganz besonderes Heimspiel...
Kevin Kranz:
Tatsächlich habe ich mir das so herausgesucht. Ich hätte parallel bei einem Meeting in Kasachstan starten können. Aber ich wollte auf jeden Fall hier bei den hessischen Meisterschaften starten. Weil ich das für den Einstieg super finde, einen Wettkampf zu haben, bei dem ich einfach mal machen kann und meine Ruhe habe. Wo nicht so viel Druck dahinter ist.
Wie sind Sie damit zurecht gekommen, dass alle drei Rennen – Vor-, Zwischenlauf und Finale – zeitlich sehr eng getaktet waren? Ist das ein gutes Training für internationale Meisterschaften?
Kevin Kranz:
An sich finde ich es gut. Weil man zwischendurch nicht so viel Zeit hat, um sich neu warm machen zu müssen. Man kann noch ein bisschen Koordination oder ein bis zwei Sprints machen und direkt ins nächste Rennen gehen. Nach den drei Rennen habe ich allerdings gemerkt, dass das super anstrengend war. Nach dem Wettkampf hat mir gefühlt alles wehgetan. Aber das ist immer der erste Wettkampf, und daher fand ich das richtig gut und bin jetzt gut aufgestellt für die nächsten Wettkämpfe, die in der Regel nicht drei Runden haben.
Mit Ihren 6,59 Sekunden haben Sie nur knapp die Norm für die Hallen-WM in Glasgow verpasst, die bei 6,58 Sekunden steht. Ärgern Sie sich darüber?
Kevin Kranz:
Auf keinen Fall. Wir planen nicht mit der Hallen-WM, weil diese so spät in der Saison ist und wir schon relativ früh nach Florida fliegen, um uns auf die Staffel-WM vorzubereiten. Deswegen war das eh nicht geplant. Aber grundsätzlich spricht nichts dagegen, dass ich die Norm noch laufe.
6,59 Sekunden sind Sie zuletzt im Februar 2022 gelaufen. Was ist in diesem Winter noch möglich?
Kevin Kranz:
Ich denke, da geht auf jeden Fall noch was. Da ist noch einiges im Tank, wie mein Trainer sagen würde. Ich habe eine super Vorbereitung gemacht und zum ersten Mal seit zwei Jahren keine Probleme oder irgendwelche Verletzungen, die mein Training eingeschränkt haben. Deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass da noch was geht.
Vielleicht so viel wie 2021, das für Sie auf die Halle bezogen ein wahres Sahnejahr war. Damals sind Sie mit 6,52 Sekunden nicht nur bei der Hallen-DM zum Titel und deutschen Rekord gelaufen, sondern wurden auch Zweiter bei der Hallen-EM. Was können wir bei den nationalen Titelkämpfen in Leipzig von Ihnen erwarten?
Kevin Kranz:
Ich freue mich sehr auf Leipzig. Natürlich nehme ich mir nicht vor, Zweiter oder Dritter zu werden. Ich will gewinnen und mir den Meistertitel zurückholen. Ich weiß, dass ich das kann. Zudem will ich noch mal meinen Rekord beziehungsweise meine PB angreifen, da ich jetzt das erste Mal wieder in einer Form bin, in der ich das schaffen kann. Ich lasse mich überraschen, bin aber sehr zuversichtlich, dass ich da einiges abliefern kann.
Um Ihre Form zeigen zu können, muss zunächst der Start gelingen. Bei den Deutschen Meisterschaften im Sommer 2023 sind Sie im Startblock mit den Fingern weggeknickt und wurden disqualifiziert. Haben Sie bestimmte Fingerkräftigungen trainiert oder sonstige Maßnahmen getroffen, damit das nicht noch einmal passiert?
Kevin Kranz:
(lacht) Tatsächlich habe ich das nicht kommen sehen und musste dann sozusagen Straftraining machen. Da haben wir eine Session sehr lange diese Startposition gehalten, damit mir das nicht noch mal passiert. Und seitdem arbeiten wir auch mehr mit Startsignalen, die unterschiedlich sind. So dass man nicht weiß, wann das Startsignal kommt – das kann mal länger und mal kürzer dauern. Somit haben wir da dran gearbeitet und ich glaube nicht, dass mir so etwas noch mal passiert.
Sie haben bereits von einer Vorbereitung ohne Probleme gesprochen. Im vergangenen Jahr hatten Sie nach der Hallensaison mit Fußproblemen zu kämpfen und sind erst spät in die Freiluftsaison eingestiegen. Machen Sie zur Prävention etwas bewusst anders oder konnten ergründen, wie es dazu kam?
Kevin Kranz:
Speziell dafür machen wir jetzt nichts. Das war ein Problem, das wir uns selbst eingebrockt hatten. Ich hatte eine Woche vor meinem letzten Hallen-Wettkampf einen neuen Spike ausprobiert, so einen mit einer kompletten Carbonplatte. Das hatte sich zunächst zwar sehr gut angefühlt, hat im Endeffekt aber dafür gesorgt, dass ich mir das Sesambein gebrochen habe im Fuß. Jetzt benutze ich wieder ganz normale Spikes und somit dürfte das nicht noch mal passieren. Jetzt wird nichts mehr ausprobiert, keine Bouncer und keine Spikes mit Carbonplatte.
Drücken wir die Daumen – und blicken zugleich auf den Sommer, der mit gleich zwei Höhepunkten wartet: der EM in Rom und den Olympischen Spielen in Paris. Wie sieht Ihr Fahrplan aus, worauf richtet sich Ihr Fokus, was sind Ihre Ziele?
Kevin Kranz:
Ich denke, bei Jedem ist das höchste Ziel immer Olympia. Das war bei mir beim letzten Mal sehr blöd, weil ich an sich als einziger 100-Meter-Läufer für Tokio qualifiziert gewesen wäre. Aber dann hatte ich mir eine Verletzung zugezogen, was mich extrem zurückgeworfen hat. Deswegen ist mein oberstes Ziel dieses Jahr ein Einzelstart bei Olympia. Für Rom ist mein Ziel ebenfalls ein Einzelstart über 100 Meter. Natürlich ist da aber die Hoffnung vor allem in die Staffel gesetzt. Denn wenn wir gut durch kommen, können wir da auch eine Medaille machen.
Das stimmt, der deutsche Männersprint ist sehr gut besetzt. Wie ist das bei Ihnen – verfolgen Sie aktiv, was die Konkurrenz macht? Beobachten Sie das aktuelle Wettkampfgeschehen?
Kevin Kranz:
Man bekommt schon mit, was so passiert. Aber großartig darauf achten, das mache ich nicht. Mein Fokus ist schon eher auf mir selbst und nicht auf den anderen.
Dann bleiben wir bei Ihnen und kommen noch einmal auf die gute Vorbereitung von Ihnen in diesem Jahr zurück. Wie sah diese konkret aus? Haben Sie viel im Warmen trainiert?
Kevin Kranz:
An sich hat sich an der Vorbereitung nicht viel verändert. Die ist ungefähr so, wie ich sie vor meiner Supersaison 2021 gemacht habe. Der Unterschied liegt darin, dass ich dieses Jahr alles machen konnte und nicht wegen irgendwelchen Schmerzen etwas weglassen musste – das ist schon mal super. Wir waren zweimal in Teneriffa, einmal mit dem Team im November und dann noch einmal vor zwei Wochen mit dem DLV-Sprint.
Steht auch schon das nächste Trainingslager auf dem Plan? Sie haben vorhin bereits Florida angesprochen...
Kevin Kranz:
Für mich geht es am 11. April nach Florida, einige andere fliegen schon zehn Tage früher hin. Von da aus geht es im Optimalfall direkt auf die Bahamas zur Staffel-WM, und dann dann ist ja schon der Saisonbeginn im Freien.
Kommen wir kurz zurück zur laufenden Hallensaison. Wie wird die für Sie weitergehen?
Kevin Kranz:
Am Sonntag ist bei mir ein Start beim ISTAF Indoor in Düsseldorf geplant und die Woche drauf den Sonntag laufe ich in Paris bei einem Meeting. Und danach sind schon die Deutschen.
Anders als bei internationalen Hallen-Meisterschaften wird es dort auch 200 Meter geben. Käme das für Sie auch mal wieder in Frage oder bleiben Sie auf der Geraden?
Kevin Kranz:
Grundsätzlich habe ich das früher mal gemacht. Danach hatte ich aber immer wieder Probleme, die dafür gesorgt haben, dass ich nicht 100 Prozent trainieren konnte. Und da ist es schwer, zusätzlich noch für die 200 Meter zu trainieren. Deswegen haben wir das erst einmal hinten angestellt. Ich kann mir aber vorstellen, dass ich, wenn ich eine gute 100 Meter laufe, früher oder später auch mal wieder einen 200er laufe – aber auf keinen Fall in der Halle. (lacht)
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