Hochspringerin Imke Onnen (Cologne Athletics) hat vor einer Woche mit 1,97 Metern die Direktnorm für die Weltmeisterschaften in Tokio (Japan, 13. bis 21. September) abgehakt. Beim Pfingstsportfest in Rehlingen bestätigte sie am Sonntag mit 1,91 Metern bei schwierigen Bedingungen ihre gute Form. leichtathletik.de hat mit Imke Onnen unter anderem über ihren starken Saisoneinstieg, die neue Leichtigkeit im Training und ihre Pläne für die WM-Saison gesprochen.
Imke Onnen, Sie haben ihren dritten Sieg in Folge beim Rehlinger Pfingstsportfest wegen eines Fehlversuchs zu viel zwar knapp verpasst, mit 1,91 Metern aber erneut eine starke Leistung gezeigt. Wie ordnen Sie dieses Resultat bei schwierigen äußeren Bedingungen ein?
Imke Onnen:
Zusammen mit dem Wettkampf am vorigen Wochenende muss ich sagen, dass ich extrem stolz auf mich bin. Emotional und auch körperlich war ich sehr erschöpft. In Essen hatten wir einen Schwingboden. Da reagiert der Körper immer ganz anders drauf. Deshalb wusste ich, dass der Wettkampf in Rehlingen ganz schön tough für mich wird. Einerseits mache ich mir selbst einen gewissen Druck, von außen wird irgendwie Druck auferlegt und auch weil ich eben erschöpft bin. Daher haben die 1,91 Meter hier einen sehr großen Stellenwert für mich. Das zeigt, dass ich eine super gute Basis habe um die 1,90 Meter. Dann können auch immer besser Leistungspeaks entstehen.
Nachträglich natürlich auch noch herzlichen Glückwunsch zu den 1,97 Metern in Essen und zur WM-Direktnorm. Man hört aber raus, dass das viel Kraft gekostet hat?
Imke Onnen:
Danke schön, und ja genau. Das war super emotional. Es war ja auch meine persönliche Bestleistung und das nach vielen, vielen Jahren. 2019 bin ich das erste Mal 1,96 Meter gesprungen und 2020 noch einmal. Danach waren die Jahre dann zum Teil schon tough, zum Beispiel mir Corona und Co. Ich glaube, ich habe mir gerade letztes Jahr eine gute Basis erarbeitet, habe mich richtig gut zurückgekämpft und konnte mir über die Saison eine gute Ranking-Platzierung aufbauen. Jetzt kann ich da nochmal etwas drauflegen.
Das war in Rehlingen schon Ihr vierter Freiluftwettkampf mit 1,90 Metern oder höher. Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Auftakt?
Imke Onnen:
Ich bin super zufrieden. Wir haben mit den beiden Diamond League Meetings in China begonnen. Dort waren es 1,91 und 1,88 Meter. Beim zweiten hätte auch gerne die 90er Höhe liegen bleiben können. Auch in Doha habe ich schon sehr, sehr viel Potential gezeigt. Ab da wusste ich schon, dieses Jahr muss eine neue Bestleistung her. Danach bin ich ins Trainingslager gefahren, habe mich auf technische Inhalte fokussiert, und dann kam Essen mit der PB. Das hat scheinbar alles ganz gut geklappt mit der Terminierung.
Sie haben bereits angesprochen, dass die alte Bestleistung aus der Halle schon fünf Jahre alt war. Was haben Sie denn anders gemacht, dass es in dieser Saison so früh schon so hoch geht?
Imke Onnen:
Zu der guten Basis aus dem letzten Jahr habe ich für diese Saison sehr viel in meinem Umfeld geändert. Ich habe viel Input von außen dazu bekommen, habe meinen Verein gewechselt und bin so deutlich glücklicher, würde ich sagen. Ich habe mir wieder erarbeitet, dass der Sport mir leicht fällt. Über die vergangenen Jahre war das nicht immer so. Ansonsten war es aber natürlich ganz viel Training, Leichtigkeit alleine reicht da nicht. Man muss schon viel machen und dabei verletzungsfrei bleiben. Ich sollte auch einfach nicht irgendwelche doofen Sachen machen. Letztens habe ich mir beim Training selbst die Wade aufgeschlitzt. So etwas könnte ich mir vielleicht auch mal sparen. (lacht)
Die Hallensaison war ja ebenfalls sehr erfolgreich und Sie haben als eine von nur wenigen DLV-Athletinnen auch an der späten Hallen-WM teilgenommen. Was das von Anfang an so geplant oder hat sich das ergeben?
Imke Onnen:
Ich habe generell immer bestimmte Ziele, es muss aber dafür alles gut zusammen kommen. In der Halle hatte ich schon gehofft, höhere Höhen realisieren zu können. Ich konnte viel Gutes und viel Selbstbewusstsein aus der Hallensaison mitnehmen. Das hat mir gefühlt dann das letzte i-Tüpfelchen für meine Freiluftsaison gegeben.
Und nach der Hallen-WM haben Sie dann direkt durchtrainiert für einen flüssigen Übergang zum Freiluftauftakt?
Imke Onnen:
Zuerst die Hallen-WM in China, dann Trainingslager in Südafrika, dann wieder China und wieder Trainingslager. Ich war gefühlt zwei drei Monate unterwegs mit nur kurzen Zwischenstopps zu Hause zum Wäschewaschen und Umpacken. Es sind sehr viele Reisen, aber das macht mir gerade sehr viel Spaß, und ich versuche das auszukosten. Ich bin froh, dass ich im Moment die Möglichkeit dazu habe.
Also ist Heimweh kein Problem bei Ihnen? Ich habe mich vorhin kurz mit Ihrer Mutter und Trainerin darüber ausgetauscht, dass Ihr Bruder Eike als ehemaliger Hochspringer nur sehr wenige Wettkämpfe im Ausland absolviert hat.
Imke Onnen:
Nein, tatsächlich gar nicht! Ich habe überhaupt kein Heimweh. Ich glaube, wir sind schon immer auch unterschiedlich gewesen. Ich genieße das total. Man trifft neue Leute, ich mag es, mich mit anderen Hochspringerinnen oder mit Athletinnen aus anderen Disziplinen auszutauschen und internationale Kontakte zu knüpfen. Das Reisen macht mir einfach Spaß. Wann hat man sonst schon die Möglichkeit, nach China zu kommen, auch wenn für Sightseeing vielleicht nur ein halber Tag Zeit bleibt.
Das heißt, Sie versuchen jetzt, möglichst viele internationale Wettkämpfe zu absolvieren, was in der Vergangenheit auch wegen kleinerer Verletzungen nicht immer möglich war?
Imke Onnen:
Ich würde nicht sagen so viele wie möglich, aber schon qualitativ hochwertige internationale Wettkämpfe. Ich möchte bei Gold-Meetings und in der Diamond League starten und konkurrenzfähig sein. Es ist wichtig, dieses Feeling zu haben, damit man nicht besonders aufgeregt zu einer Weltmeisterschaft kommt. Das sind quasi alles kleine Mini-Generalproben. Außerdem macht es super viel Spaß.
Kommen wir kurz zurück zum Rehlinger Pfingstsportfest. Hier haben Sie schon zweimal gewonnen, waren heute Zweite und haben schon angekündigt nächstes Jahr wieder dabei zu sein. Was gefällt Ihnen hier besonders gut?
Imke Onnen:
Ja genau, nächstes Jahr muss der Sieg wieder her (lacht). Wenn ich erstmal von mir ausgehe, kann ich mich an keinen total schlechten Wettkampf in Rehlingen von mir erinnern. Ich hatte immer gute Leistungen. Dabei wird man natürlich beflügelt vom Publikum. Das ist super nah und greifbar. Teilweise sprechen mich noch während dem Wettkampf Leute an, die mich schon in anderen Jahren gesehen haben. Das macht einfach Spaß, weil es so ein familiäres und freundschaftliches Verhältnis ist. Alle sind immer motiviert und klatschen. So musste ich gar nicht selbst anklatschen, das ist total cool.
Und wie sieht mit der erfüllten WM-Norm die weitere Saisonplanung aus?
Imke Onnen:
Ich werde in diesem Monat noch relativ viele Wettkämpfe machen. Zunächst im finnischen Turku am 17. Juni, dann am 24. in Brno. Falls ich nominiert werde, auch die Team-EM. Im Juli werde ich dann wieder eine kleine Trainingsphase einlegen. Anschließend habe ich schon eine Zusage für die Diamond League in London. Da freue ich mich schon riesig. Dann kommen die Deutschen und es geht schon sehr steil auf die WM zu. Es fühlt sich zwar noch sehr weit an, geht aber doch Schlag auf Schlag und sehr schnell bis zur WM
Die WM liegt als Saisonhöhepunkt relativ spät. Haben Sie die Ziele dafür schon formuliert oder ergeben die sich erst im weiteren Saisonverlauf?
Imke Onnen:
Ich habe darüber noch gar nicht so viel nachgedacht, weil es noch so frisch ist, dass ich mich direkt qualifiziert habe. Sonst schaut man eher über das World Ranking, wie man vorher platziert ist. Ich habe jetzt erstmal die 1,97 Meter verarbeitet und so die Möglichkeit, in der Saisongestaltung mit einem Puffer zu reagieren. Falls ich merke, dass es doch zu viele Wettkämpfe sind, kann ich reagieren und muss nicht einer Norm hinterherspringen. Bei der WM will ich dann auf jeden Fall ins Finale und hoch springen.