Der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) Dr. Clemens Prokop wurde beim IAAF-Kongress in Peking (China) nicht in das Council des Weltverbandes gewählt. Über die Gründe kann vielfach spekuliert werden. "Sollte es so sein, dass die Berichte in den deutschen Medien eine Rolle bei den Wahlen zum IAAF-Council gespielt haben, dann bin ich stolz darauf, in einem Land zu leben, dass eine starke und freie Presse hat, die solche Themen mit Nachdruck aufgreift", sagte Clemens am Freitag bei einer Pressekonferenz in Peking.
Der langjährige Leichtathletik-Funktionär Helmut Digel hat sich nach dem Wahlergebnis kritisch und empört zur Ausbootung des DLV aus dem Council des Weltverbandes IAAF geäußert. Der Tübinger berichtete am Mittwoch am Rande des Kongresses in Peking von möglichen Mauscheleien bei der Wahl des Führungsgremiums.
"Hier wird nun zum Beispiel kolportiert, dass der Kandidat aus Saudi-Arabien die Delegierten mit einer schönen Geschenkmappe bedient hat und sie sich deshalb ihm gegenüber offensichtlich auch erkenntlich erwiesen haben", sagte der Sportwissenschaftler Dr. Helmut Digel. Der 71-Jährige hatte sich nicht mehr um ein Amt in der IAAF-Regierung beworben.
Einer der größten Märkte nicht vertreten
Weil DLV-Präsident Clemens Prokop mit seiner Kandidatur scheiterte, ist der Deutsche Leichtathletik-Verband erstmals seit 20 Jahren nicht mehr im Council vertreten. Dies sei für die IAAF ein "Riesenverlust", meinte Digel. Wenn große Leichtathletik-Nationen wie Deutschland nicht repräsentiert sind, "dann ist das natürlich ein Problem für die Weiterentwicklung der Sportart. Wir sind immerhin einer der größten Märkte, in denen Leichtathletik immer noch hochattraktiv angeboten wird", betonte Digel und forderte: "Deutschland muss in diesem Council vertreten sein."
Es sei überraschend, sagte Digel, "dass die höchsten Stimmenpakete Leute aus dem arabischen Raum erreicht haben, obwohl sie so gut wie über keine Leichtathletikstrukturen verfügen. Sie tun eigentlich für die Sportart gar nichts", kritisierte der ehemalige DLV-Präsident.
Keine Geschenke an Delegierte
Die genauen Gründe, warum Dr. Clemens Prokop bei den Delegierten keine Mehrheit erreicht habe, kenne er natürlich nicht. "Wenn das Motiv darin lag, dass ich keine Zuwendungen und Geschenke an andere Delegierte gemacht habe, dann bin ich stolz drauf, unter solchen Voraussetzungen nicht gewählt worden zu sein", sagte der Präsident im ZDF-"Morgenmagazin".
Die Sportart befindet sich nach den jüngsten Doping-Vorwürfen einer ARD-Dokumentation in einer Glaubwürdigkeitskrise. Es sei für die Leichtathletik eine Überlebensfrage, schnell wieder aus dieser Krise herauszukommen und für einen sauberen Sport einzutreten, sagte Clemens Prokop. Auch darin sieht er möglicherweise einen Grund für das enttäuschende Wahlergebnis.
Nicht alle Delegierten sehen es wohlwollend, dass Deutschland ethische Werte definieren will. "Die Deutschen werden als Oberlehrer empfunden, die den Maßstab in Ethik setzen wollen", meinte der DLV-Chef nach der Wahlentscheidung.
Deutsche Positionen zu kritisch im Anti-Doping-Kampf
"Da wird viel hinter vorgehaltener Hand diskutiert und gesprochen. Da wird manchmal verdeckt Kritik geäußert an deutschen Positionen, gerade zu Doping. Es ist keine offene, ehrliche, transparente Diskussion."
Ein weiterer Grund für seine Nichtwahl könne nach Prokop in den Doping-Enthüllungen der ARD liegen. "Sollte die Berichterstattung der deutschen Medien eine Ursache gewesen sein, dann muss ich sagen, bin ich stolz darauf, in einem Land zu leben, in dem eine freie und starke Medienlandschaft auch solche Themen schonungslos aufgreift."
Der Welt-Leichtathletikverband hingegen war hier andere Auffassung. Der neue IAAF-Präsident Sebastian Coe nannte vor seiner Wahl die ARD-Dokumentation eine „Kriegserklärung" an die Leichtathletik. "Ich hoffe, dass Sebastian Coe jetzt nach Ende des Wahlkampfs hier andere Formulierungen wählt", sagte Clemens Prokop.
Mit Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa)