WM in Peking (China), Hallen-EM in Prag (Tschechien), diverse internationale Nachwuchsmeisterschaften, nationale Titelkämpfe und Meetings. leichtathletik.de war 2015 erneut bei vielen Veranstaltungen live vor Ort. Dabei haben sich viele Ereignisse tief ins Gedächtnis eingeprägt. Stellvertretend blicken wir auf ausgewählte Momente zurück. Heute im Fokus: ein überglücklicher Vize-Europameister.
Da stand er: Die Deutschland-Fahne auf dem Rücken, das Grinsen des Vize-Europameisters im Gesicht und seinen ebenfalls glücklichen Trainingskollegen Mathias Brugger an der Seite. Und sprach: „Das ist so geil, der Hammer. Ich freue mich so dermaßen.“ In seine endlose Freude schloss er Mathias Brugger und Trainer Christopher Hallmann gleich mit ein: „Wir haben ein geiles Ding gemacht!“ Wie recht er doch hatte!
Es war einer der Momente, in denen man einem Athleten den Erfolg umso mehr gönnt, weil man bestenfalls nur halbwegs erahnen kann, was er in den Jahren zuvor durchgemacht hat.
Die Rede ist von Arthur Abele.
Immer wieder wurde der Ulmer aus der Bahn geworfen, immer wieder ausgebremst von Verletzungen. Obwohl schon von vielen abgeschrieben, gab er aber nie auf. Sondern kämpfte, wie es sich für einen Zehnkämpfer gehört. Und noch viel mehr, denn es brauchte auch unendlich viel Geduld und einen schier unerschütterlichen Glauben an sich selbst.
Als Arthur Abele dann nach zwei für Athleten und Beobachter unterhaltsamen Siebenkampf-Tagen der Hallen-EM als Silbermedaillengewinner bei mir in der Mixed Zone angekommen war, hatte er gerade den Lohn für den Kampfgeist, die Geduld und seinen Glauben eingeheimst. Nur um zwölf Punkte war er obendrein am deutschen Hallenrekord vorbeigeschrammt.
Fünf Jahre sei er ständig verletzt gewesen, erzählte er. Es waren fünf lange Jahre. „Die meisten geben schon nach einem Jahr auf. Das ist eigentlich völlig falsch. Eine Verletzung dauert meistens ein Jahr, bis sie komplett ausgeheilt ist. Dann hat man die Belastungsverträglichkeit natürlich noch nicht und holt sich eine neue Verletzung. Deshalb: Step by Step!“
Der Appell an alle Leidensgenossen
Und das nahm Arthur Abele in der Prager Arena als Anlass zu einem kurzen, aber umso ernster gemeinten Appell an alle ebenfalls von Verletzungen geplagten Kollegen: „Kneift die Arschbacken zusammen. Und wenn es mal zwei Jahre dauert, dann dauert es halt zwei Jahre. Ihr kommt zurück und dann steht Ihr vielleicht da, wo ich jetzt stehe.“
Es war ein Appell und ein Moment, der nicht nur für den Leistungssport, sondern genauso für das Leben nach oder abseits des Sports gelten darf. Es wird immer wieder Rückschläge und Schicksalsschläge geben. Man sollte sich die Zeit nehmen, diese auszukurieren und zu verarbeiten, um sich dann wieder Schritt für Schritt zurückzukämpfen. Um dann – wie Arthur Abele in Prag – stärker und erfolgreicher zu sein denn je.
Der nächste Rückschlag
Dass es nun den „Schmerzensmann der deutschen Leichtathletik“ (FAZ) im Frühjahr schon wieder mit einem Achillessehneriss böse erwischte, passte leider wieder zu seiner Leidensgeschichte. Aber genauso passte, dass er auch diesmal den Kopf nicht in den Sand steckte, sondern schon nach einem halben Jahr verkündete, dass er dem eigentlichen Heilungsprozess zwei, drei Monate voraus sei.
Und sprach diesmal (wahrscheinlich nicht zum ersten Mal): „Ich habe versprochen, dass ich stärker zurückkommen werde, als ich gegangen bin.“ Es wäre keine Überraschung, wenn es so käme und ich - wie in Prag - ein weiteres Mal den Hut vor Arthur Abele ziehen dürfte.