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Mateusz Przybylko stößt in neue Dimensionen vor

Hochspringer Mateusz Przybylko ist am Sonntag mit seiner Steigerung auf 2,35 Meter in die erste Reihe der weltbesten Hochspringer aufgestiegen. Mit der Leistungsexplosion katapultierte sich der 25-Jährige an die zweite Stelle der Weltjahresbestenliste. Nur vier deutsche Hochspringer sprangen jemals höher, in diesem Jahrtausend lediglich Martin Buß (TSV Bayer 04 Leverkusen) bei seinem Weltmeistertitel 2001 in Edmonton (Kanada).
Harald Koken

Der Höhenflug begann bereits am vergangenen Mittwoch. Da hatte Mateusz Przybylko bei einem internationalen Militär-Wettkampf auf der NATO-Airbase im rheinland-pfälzischen Ramstein als Sieger 2,30 Meter bewältigt und damit die WM-Norm für London erfüllt. Bei 2,33 Metern sah der 25-Jährige vom TSV Bayer 04 Leverkusen schon dort alles andere als chancenlos aus. „Die Höhe wird in Kürze fallen“, hatte sein Trainer Hans-Jörg Thomaskamp da bereits orakelt – und sollte mehr als recht behalten.

Vier Tage später übertraf sein Schützling am Sonntag in Bottrop die persönliche Freiluft-Bestleistung gleich um fünf Zentimeter und überflog 2,35 Meter. „Mateusz Przybylko ist bislang in dieser Saison hinter Mutaz Essa Barshim aus Katar die Nummer zwei“, verkündete Moderator Tim Husel sogleich übers Stadionmikrofon. Das absolut begeisterte Publikum hatte seinen Liebling gefunden.

Auch Dirk Lewald vom gastgebenden LC Adler Bottrop war aus dem Häuschen: „Mateusz ist ein fantastischer Typ. Ich habe noch keinen Sieger gesehen, der sich nach dem Wettbewerb in dieser Herzlichkeit beim Kampfgericht bedankt. Einfach ein sehr sympathischer Kerl“, sagte der Orga-Chef.

Muskelverspannung gelöst

Zwar ließ der Olympia-Teilnehmer und Siebte der Hallen-EM 2,38 Meter – ein Zentimeter über dem deutschen Rekord – auflegen, trat aber nicht mehr an. „Der Oberschenkel hat zugemacht, schon bei 2,32 Meter habe ich ein Kribbeln gespürt“, erklärte Mateusz Przybylko. „Ich werde auch den geplanten Start am Mittwoch in Ostrava absagen.“ Vor den <link>Deutschen Meisterschaften am übernächsten Wochenende in Erfurt (8./9. Juli) will der dreifache Deutsche Hallenmeister am Freitag (30. Juni) in Bühl die Wettkampfschuhe schnüren.

Inzwischen hat sich die Muskelverspannung wieder gelöst. „Ich glaube, dass ein bisschen viel Anspannung da war. Das hatte sicher mit dem Muskeltonus zu tun. Ich gehe davon aus, dass die Beine übermüdet waren“, sagt der 1,95-Meter-Schlaks, der seine frühere Verletzungsanfälligkeit gezielt bekämpft hat. „Ich hatte immer Probleme mit dem Absprung, mit der Pronation. Der Fuß ist da oft weggeknickt. Deshalb haben wir den Anlauf umgestellt, damit ich den Fuß anders aufsetzen kann und die Problemstellung vermieden wird“, erklärt Mateusz Przybylko.

„Entenarsch“ muss weg

Potenzial sieht er noch bei der Lattenüberquerung. „Ich habe über der Latte oft einen kleinen Entenarsch. Ich muss daran arbeiten, dass ich die Pobacken zusammenkneife und sich dadurch die Hüfte hebt. Das ist schwierig“, verrät Mateusz Przybylko. „Wir machen spezielle Kraftübungen auf der Matte. Hüfte heben, Hüfte hoch, das ist für mich oberstes Gebot. Aber das hängt auch viel mit der Konzentration zusammen.“

Viel Energie gewinnt er durch die Harmonie in seiner Trainingsgruppe, zu der auch Freundin Jennifer Montag gehört. Bei der U20-Sprinterin läuft es im Moment ebenfalls wie am Schnürchen, verbesserte sie sich doch in dieser Saison über 100 Meter bereits auf 11,29 Sekunden und gilt als eine der großen deutschen Hoffnungen bei den U20-Europameisterschaften in Grosseto (Italien; 20. bis 23. Juli).

Tattoo dokumentiert familiäre Verbundenheit

Wie seine jüngeren Brüder Kacper und Jacub – beide bekannte Fußball-Profis – trägt Mateusz Przybylko ein Tatoo auf dem Oberarm. „Wir haben jahrelang überlegt, wie wir unsere familiäre Verbundenheit nach außen dokumentieren könnten, wie wir zeigen könnten: Hey, die Familie ist uns total wichtig. Schließlich haben wir uns auf den Oberarm 'La Familia' tätowieren lassen. Ich hab's links, die Jungs rechts, weil sie Rechtshänder sind“, erklärt der Linkshänder.

Mit der Leichtathletik begonnen hat Mateusz Przybylko als Elfjähriger im heimischen Bielefeld. Nach der zehnten Klasse erfolgte der Wechsel nach Leverkusen. Dort hat er Abitur gemacht, aber die speziell auf Leistungssportler zugeschnittene Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement nach kurzer Zeit wieder abgebrochen. „Ich habe für ein Jahr die Option dieser besonderen Ausbildung gezogen, muss aber zugeben, dass ich mich total gelangweilt habe. Die Arbeit war monoton, die ganze Zeit nur rumsitzen, das war nichts für mich. Ich muss mich bewegen. Dann kam die Möglichkeit, Sportsoldat zu werden und mich noch mehr auf den Sport zu konzentrieren.“ Eine gute Entscheidung, wie sich am Sonntag gezeigt hat.

Mehr: 

<link news:58073>Mateusz Przybylko steigert sich in Bottrop auf 2,35 Meter

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