Optimale Trainingsbedingungen: In Leverkusen sind am Mittwoch ein neues Wurfhaus und der neue Stabhochsprung-Messplatz eröffnet worden. Wurfgeräte können aus dem neuen Haus in alle Richtungen fliegen. In der Leichtathletik-Halle können die Sprünge der Stab-Artisten in Echtzeit bis ins kleinste Detail wissenschaftlich ausgewertet werden – das ist weltweit einzigartig.
Gespickt mit Elektroden überwindet Marvin Caspari die Latte der Stabhochsprunganlage. Der 22–Jährige hat mit einigen Sprüngen die Funktion des neuen Messplatzes in der Leverkusener Leichtathletikhalle demonstriert. Es ist ein Vorstoß in neue Dimensionen der Trainingssteuerung. Die Stabhochspringer des DLV haben die letzten Jahre zahlreiche internationale Medaillen abgeräumt. Die 450.000 Euro teure Anlage soll weitere Reserven der Erfolgsdisziplin erschließen.
Der komplexe Messplatz an der Stabhochsprunganlage ist weltweit einmalig. Die Kombination von Kraftmessplattformen, einem dynamometrischen Einstichkasten und zahlreichen synchronisierten Videokameras macht dreidimensionale Bewegungsanalysen in Echtzeit möglich. In einer Präsentation erläutert Trainingswissenschaftler Dr. Falk Schade vom Olympiastützpunkt Rheinland eindrucksvoll den Aufbau und die technischen Möglichkeiten des Systems.
Professioneller Wettbewerbsvorteil
„Ziel des Stab-Messplatzes ist die Effektivierung und Aktivierung des Leistungstrainings über die Optimierung von Trainingsbetrieb und wissenschaftlicher Trainingsbegleitung“, steht auf der Leinwand der Power-Point-Präsentation. Durch das weltweite Alleinstellungsmerkmal besteht ein Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.
Die energetische Interaktion zwischen Athlet und Stab wird dabei genauer unter die Lupe genommen. Über dezidierte Erkenntnisse zwischen Anfangsenergie beim Absprung, Energiegewinn über den Stab und dem Niveau der daraus resultierenden Endenergie für die Lattenüberquerung kann am Bewegungsablauf gefeilt werden. Die aufgezeichneten Dynamometrie- und Videometrie-Daten stehen für Sofort-Auswertungen zur Verfügung. Anschauliche Vergleiche verschiedener Versuche und mit anderen Springern werden möglich.
Kompetenzzentrum Stabhochsprung
Bundestrainer Jörn Elberding, die Olympia-Vierte Silke Spiegelburg und der Deutsche Hallenrekordhalter Dany Ecker sind begeistert von den Möglichkeiten des Systems. Dr. Falk Schade und Jörn Elberding bremsen die Erwartungshaltung jedoch etwas. Die Vielfalt der Möglichkeiten benötigen weitere Zeit und Erfahrung im Umgang mit dem Messsystem. In der gewohnt engen Kooperation mit dem DLV-Trainerteam und den Trainingswissenschaftlern soll herausgearbeitet werden, wie die erfassten Daten in trainingsmethodische Veränderungen umzusetzen sind.
Mehr als fünfzehn Stab-Bundeskader-Athleten trainieren am Bundesstützpunkt in Leverkusen. Neben dem Bundestrainer ist mit der ehemaligen Weltklasse-Stabhochspringerin und jetzigen DLV-Nachwuchstrainerin Christine Adams und Erfolgscoach Leszek Klima ein hoch kompetentes Trainerteam engagiert, das Sprung-Talente entwickelt. Mit der High-Tech-Vorrichtung kann dieser Prozess weiter professionalisiert werden.
Architektonische Sportförderung
Optimierte Trainingsbedingungen schafft auch das neue Wurfhaus. Die Gastgeber des TSV Bayer 04 Leverkusen, der Vorsitzende Klaus Beck, der Abteilungsleiter der Leichtathletik Joachim Strauss und Jürgen Beckmann von der Bayer AG begrüßten zur Eröffnung zahlreiche Gäste im Ambiente der neuen Wurf-Trainingsstätte.
Die Förderer der Projekte, das Bundesinnenministerium, das Land Nordrhein-Westfalen, der Deutsche Olympischen Sportbund (DOSB), der Olympiastützpunkt Rheinland und der Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) folgten ebenso gebannt der Vorstellung des Wurfhauses wie Olympiasiegerin Heide Ecker-Rosendahl. Hammerwurf-Bundestrainer Helge Zöllkau demonstrierte die Funktionalitäten gemeinsam mit den Speerwerferinnen Linda Stahl und Katharina Molitor sowie Hammerwerfer Markus Esser.
Luxus für die Werfer
In Kooperation der Trainer und der verantwortlichen Architekten wurde eine komplexe Trainingsstätte für die Wurfdisziplinen geschaffen. Die Athleten können in mehrere Richtungen werfen. Dazu können die Geschwindigkeiten des Wurfgerätes lasergesteuert erfasst und auf einer Simultananzeige verfolgt werden. Ergänzt wird die Anlage um einen Kraftraum.
Markus Esser zeigte seine Ambitionen für die Europameisterschaften in Zürich (Schweiz; 12. bis 17. August) eindrucksvoll durch mehrere Würfe aus dem neuen Haus. Die Olympia-Dritte Linda Stahl und Katharina Molitor unterstrichen dass sie nach den bereits erfüllten EM-Normen, das Wurfhaus zur weiteren Optimierung ihrer Trainingsprozesse nutzen werden.
DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen dankte allen Partnern, die die beiden aufwändigen Projekte an einem der leistungsstärksten Bundesstützpunkte des DLV innerhalb kürzester Zeit möglich gemacht haben. „Nur durch die, kooperative, vertrauensvolle und hochengagierte Zusammenarbeit aller Beteiligten konnten die Projekte professionell realisiert werden."
Er ist sich sicher: Die Investitionen von Bund, Land und Verein werden es dem DLV ermöglichen im Stabhochsprung und im Wurf weiterhin auf höchstem internationalen Niveau wettbewerbsfähig zu sein.