| Hypo-Meeting Götzis

Olympia-Vorentscheidung mit zehn DLV-Mehrkämpfern

Das Hypo-Meeting in Götzis (Österreich) bietet am kommenden Wochenende für fünf deutsche Siebenkämpferinnen und fünf deutsche Zehnkämpfer die Gelegenheit, in der Olympia-Qualifikation für Tokio die entscheidenden Weichen zu stellen. Der Showdown im Kampf um die Olympia-Tickets steigt drei Wochen später in Ratingen.
Silke Bernhart

Endlich wieder Mehrkampf der Weltklasse! Was bei Leichtathletik-Fans für Verzückung sorgen dürfte, ist für die Siebenkämpferinnen und Zehnkämpfer in Zeiten der Corona-Pandemie zugleich mit Vorfreude und mit einer gehörigen Portion Unsicherheit verbunden. Denn gerade für die Allrounder waren die Gelegenheiten für hochklassige Auftritte und Standort-Bestimmungen in den vergangenen anderthalb Jahren rar gesät. Und auch die Gestaltung des komplexen Trainings brachte so einige Herausforderungen mit sich.

"Wir mussten die gewohnten Rhythmen verlassen, Trainingslager absagen, auf Klimamaßnahmen verzichten – daher ist es sehr schwer abzuschätzen, in welcher Form die Athleten in Götzis wirklich an den Start gehen werden. Jetzt steigt der Druck und die Frage ist auch: Wie gehen die Athleten damit um?" blickt Zehnkampf-Bundestrainer Christopher Hallmann voraus. Er wird beim Hypo-Meeting in Götzis (Österreich) am Wochenende (29./30. Mai) fünf DLV-Athleten sehen, die sich im Kampf um die drei deutschen Olympia-Tickets positionieren wollen. Allen voran: Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul (USC Mainz).

Der 23-Jährige steht vor seinem ersten Zehnkampf seit dem WM-Triumph 2019 und seit seiner Ellbogen-Operation im vergangenen Sommer. Die ersten zwei Test-Wettkämpfe verliefen vielversprechend, ebenso wie beim Götzis-Debütanten Dennis Hutterer (ASC Darmstadt), der sich mit zwei Vierkampf-Siegen den Startplatz im Mehrkampf-Mekka erkämpft hatte. Aufs und Abs erlebten dagegen in den vergangenen Wochen der WM-Dritte von 2017 Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied), der Sechste der Hallen-EM im Fünfkampf und U23-Athlet Andreas Bechmann (Eintracht Frankfurt) sowie 8.304-Punkte-Athlet Mathias Brugger (SSV Ulm 1846).

Norm oder World Ranking?

Gefordert sind von den Zehnkämpfern für die direkte Olympia-Qualifikation 8.350 Punkte. Es ist eine Marke, die Niklas Kaul und Kai Kazmirek bereits im Jahr 2019 überboten haben, sodass für sie in 2021 eine Bestätigung der guten Verfassung in Form eines Leistungsnachweises von 8.150 Punkten ausreichen würde – sofern 2021 in Götzis, Bernhausen (5./6. Juni) oder beim Stadtwerke Ratingen Mehrkampf Meeting (19./20. Juni) keine drei anderen DLV-Zehnkämpfer mit Olympia-Norm an ihnen vorbeiziehen (zu den Nominierungsrichtlinien).

Schon jetzt ist klar, dass das letzte Wort erst in Ratingen gesprochen wird, wenn auch der leicht am Oberschenkel verletzte Tim Nowak (SSV Ulm 1846) noch in den Kampf um die Olympia-Tickets eingreifen will. Er zählt als WM-Zehnter von Doha zu den Athleten, die sich auch über einen Platz in den Top 24 des World Rankings Chancen auf einen Olympia-Startplatz ausrechnen können, falls im Nominierungszeitraum keine drei DLV-Athleten die Norm überbieten. Weltweit ist dies bisher 15 Athleten gelungen (zur Übersicht).

Eine gute Platzierung und Punktzahl in Götzis könnte auch anderen DLV-Athleten am Wochenende diese Tür öffnen. Doch die internationale Konkurrenz ist stark: Angekündigt sind sowohl der Vize-Weltmeister von Doha Maicel Uibo (Estland) als auch der WM-Dritte und fünfmalige Götzis-Sieger Damian Warner (Kanada), der dort in diesem Jahr zum fünften Mal in Folge triumphieren könnte. 20 Zehnkämpfer mit Bestleistungen oberhalb von 8.000 Punkten stehen auf der Teilnehmerliste – ein absolutes Weltklasse-Feld.

Drei DLV-Debütantinnen im Siebenkampf

Nach der Absage der EM-Dritten von Berlin Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt) (wir berichteten) gehen auch im Siebenkampf fünf deutsche Athletinnen an den Start. Drei von ihnen sind erstmals dabei, unter ihnen wenige Tage vor ihrem 20. Geburtstag auch Deutschlands "Jugend-Leichtathletin des Jahres" 2020 Lucie Kienast. Die Athletin vom SV Halle hat im Mai mitten im Abistress bereits einen Siebenkampf mit 6.044 Punkten abgeschlossen, mit einem herausragenden Weitsprung (6,70 m; +2,6 m/sec) und in vielen Disziplinen mit Luft nach oben.

Auch für Louisa Grauvogel (TSV Bayer 04 Leverkusen), die zuletzt ebenso wie Dennis Hutterer national die Tests im Vierkampf für sich entschied, sowie die in der Hallensaison stark verbesserte Vanessa Grimm (Königsteiner LV) steht die Götzis-Premiere bevor. Mit guten Erinnerungen an ihre Bestleistung von 6.293 Punkten kehrt U23-Vize-Europameisterin Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen) nach Götzis zurück. Vereinskollegin Anna Maiwald ist zum vierten Mal in Götzis zu Gast, bisher konnte sie dort jedoch nur einen Siebenkampf beenden.

24 heiß umkämpfte Olympia-Startplätze

Im Siebenkampf lässt der Weltverband World Athletics ebenfalls nur 24 Athletinnen zu den Olympischen Spielen zu. Zum Vergleich: 2016 in Rio gab es je 32 Mehrkampf-Startplätze. Entsprechend hoch ist die weltweit geltende Olympia-Norm von 6.420 Punkten, die aus dem Kreise der DLV-Athletinnen bisher nur Carolin Schäfer (2019) überwinden konnte. Sie zählt damit zu nur neun Siebenkämpferinnen mit direkter Norm, wenngleich auch ihr laut nationaler Nominierungsrichtlinien in 2021 noch der Leistungsnachweis von 6.250 Punkten fehlt..

Mit den US-Amerikanerinnen Erica Bougard und Kendell Williams sowie der Ungarin Xénia Kriszán starten in Götzis drei Athletinnen als Mitfavoritinnen, die den Richtwert für Tokio schon erfüllt haben. Die Marke von 6.420 Punkten würde von den fünf deutschen Starterinnen eine deutliche Steigerung ihrer Bestleistungen erfordern. Es ist ein ambitioniertes Ziel, aber gerade im Mehrkampf sind immer Überraschungen und große Leistungssprünge drin. Wenn's läuft, dann läuft's – und das dann oft in allen Disziplinen.

Anna Maiwald ist derzeit mit Platz 26 im World Ranking am besten positioniert. Sophie Weißenberg (World Ranking: 29) bringt die beste Bestleistung mit. Die Debütantinnen die besseren Test-Resultate. Und Lucie Kienast – für die es zuvorderst um die U23-EM-Qualifikation geht – bei ihrem ersten Auftritt auf großer Bühne vielleicht die entscheidende Lockerheit, die in Götzis schon so oft neue Sterne am Mehrkampf-Himmel hervorgebracht hat.

Der ORF zeigt das Mehrkampf-Meeting 2021 in Götzis voraussichtlich in einem auch in Deutschland empfangbaren Livestream. Update und Links folgen!

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