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DM-Titel und Olympia-Norm: Carolina Krafzik und das Glück von Braunschweig

Von der Jagd nach der Qualifikationsnorm zur Final-Kandidatin innerhalb von 24 Stunden: Das Meisterschafts-Wochenende in Braunschweig war für Langhürdenläuferin Carolina Krafzik ein Wechselbad der Gefühle mit einem Happy End und Fingerzeig in Richtung internationaler Konkurrenz.
Birte Grote

„Gestern habe ich hier gestanden und mich geärgert, und jetzt bin ich überglücklich und kann es gerade noch gar nicht fassen, was passiert ist: Der Titel, die schnelle Zeit und die Olympia-Norm zusammen, das muss ich erst einmal sacken lassen“, sagte eine strahlende Carolina Krafzik (VfL Sindelfingen) am Sonntag nach ihrem mitreißenden Final-Lauf, der sie auf Rang drei in Europa und Platz neun in der Welt katapultiert hatte.

Am Vortag war die 26-Jährige bereits ein starkes Rennen gelaufen, bei dem die Zeit nach 55,43 Sekunden stehen geblieben war. Dies war zwar bereits die schnellste Zeit einer Deutschen seit 14 Jahren, doch brutale drei Hundertstel zu langsam für das direkte Olympia-Ticket.

„Ich habe gespürt, dass ich die Zeit in den Beinen hatte und die Norm am nächsten Tag drin ist. Ich musste es dann einfach akzeptieren, dass es beim ersten Versuch nicht geklappt hat und mich stattdessen auf eine gute Nachbereitung des Rennens konzentrieren.“ Gemeinsam mit ihrem Trainer Werner Späth analysierte sie den Vorlauf genau, auf der Suche nach technischen Feinheiten, mit denen die fehlenden Hundertstel noch rausgeholt werden könnten.

„Ich wollte auf gar keinen Fall noch einmal knapp an der Norm scheitern“

„Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass ich noch aktiver an die zweite Kurve rangehen muss, weil man dort den Schwung für die Zielgerade mitnehmen muss. Ansonsten war klar, dass ich vorne Gas geben muss, so wie immer.“

Bereits in der ersten Kurve lag Krafzik vor der Konkurrenz und ging, wie abgesprochen, mutig in die zweite Kurve. „Auf der Zielgeraden habe ich an diese drei Hundertstel gedacht. Ich wollte auf gar keinen Fall noch einmal knapp an der Norm scheitern.“ Auf den letzten 100 Metern nahm die Sindelfingerin dann auch die lauten Anfeuerungsrufe aus dem Publikum deutlich wahr – und hielt ihr schnelles Tempo bis zur Ziellinie durch.

Mit 54,86 Sekunden hatte sie nicht nur die Olympia-Norm ganz deutlich unterboten, sondern sich auch im internationalen Vergleich zu einer ganz realen Finalchance für Tokio ins Spiel gebracht. Damit wollte sie sich nach dem Rennen jedoch noch nicht beschäftigen. „Ich habe mich ja gerade erst qualifiziert. Das Halbfinale ist aber auf jeden Fall mein Ziel.“

Aushängeschild des deutschen Langhürdensprints

Dass sie nur drei Jahre nach ihrem Wechsel von den Kurz- auf die Langhürden nun das Aushängeschild des Langhürdensprints in Deutschland ist, macht Carolina Krafzik vor allem stolz. „Es ist super, wenn man sich so gut platzieren kann. Natürlich bekomme ich mit, was auf internationaler Ebene gelaufen wird und ich freue mich auf die Herausforderung, dort auch mal mitlaufen zu können.“

Bereits 2019 war sie überraschend als Newcomerin auf dieser Strecke ins WM-Halbfinale gelaufen. In Tokio kann Carolina Krafzik nun zeigen, zu welchen Leistungen sie unter besseren Bedingungen zu laufen imstande ist: Ihre neue Bestzeit stellte sie in Braunschweig bei nasskaltem Wetter auf, nachdem sie an zwei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils allein die Rennen von vorne gelaufen war.

Doppelbelastung durch Schule und Sport

Auch abseits der sportlichen Karriere läuft es gut für die nun dreimalige Deutsche Meisterin. Die Lehrprüfung nach ihrem Referendariat hat sie beendet und unterrichtet nun die Fächer Deutsch und Sport an einer Grundschule. „Das ist zwar eine Doppelbelastung und manchmal auch etwas stressig, aber ich könnte nicht nur den Sport machen. Ich brauche auch etwas für den Kopf.“

Diese Aufgabe für den Kopf sieht sie auch in jedem Hürdenlauf: „Die 400 Meter Hürden sind eine Mischung aus Anstrengung und immer wieder neuen Aufgaben durch die Hürden. Man merkt gar nicht so richtig, dass man eine ganze Stadionrunde läuft, weil das Rennen in Abschnitte gegliedert ist, auf die man sich konzentrieren muss.“ Das sei aber auch gleichzeitig das Herausfordernde: „An jeder Hürde kann das Rennen ganz schnell zu Ende gehen oder sich umdrehen, wenn man eine Hürde nicht kriegt oder auch nur einen Schritt mehr machen muss. Das bleibt das Spannende daran.“

Im Video: Furioser Hürdenlauf von Carolina Krafzik zur Olympia-Norm

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