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Jonathan Hilbert: Heim-DM als Auftakt in die WM-Saison

Der Olympia-Zweite im 50 Kilometer Gehen Jonathan Hilbert startet nach einem Südafrika-Trainingslager die Mission WM-Qualifikation am 15. April bei den Deutschen Meisterschaften im Straßengehen in Erfurt. Schon am Samstag geht's für seinen Thüringer Mitstreiter Karl Junghannß in Dudince auf die Straße.
Sandra Arm

Für Jonathan Hilbert (LG Ohra Energie) gestalteten sich die vergangenen vier Monate mit dem Aufbautraining in mehreren Trainingslagern äußerst abwechslungsreich. „Ich freue mich jedes Mal aufs Neue über diese Zeit. Die Sonnenstunden sind immer eine Wohltat für den Körper. Zum Auftakt ist Balderschwang im Dezember ein richtig schönes Trainingslager. Wir laufen viel Ski, haben dazu Kontakt mit den Läufern und zum Nachwuchs“, berichtet der 27-jährige Geher.

Zuletzt weilte die deutsche Spitze im Gehen in Potchefstroom (Südafrika). Die Vorzüge liegen auf der Hand: top Trainingsbedingungen, ausgezeichnete Trainingsstrecken, viel Sonne und angenehme Temperaturen. Genau das Richtige, um weiter an der Form zu schleifen. „Plan ist Plan“, weiß Jonathan Hilbert. Dieser sah einen geteilten Schwerpunkt vor: nämlich Ausdauer und Schnelligkeit. Doch nicht immer läuft alles rund. Auch diese Erfahrung musste der Olympia-Zweite unter der südafrikanischen Sonne machen.

Südafrikanische Sonne und 1.400 Meter Höhe

Trainiert wurde auf knapp 1.400 Metern Höhe. Vom klassischen Höhentrainingslager wollte Jonathan Hilbert aber nicht sprechen. „Man nennt es neudeutsch 'Reizhöhe', wobei ich die Höhe schon gemerkt habe. Ich bin auch jemand, der damit nicht so super klarkommt. Wir haben bei jeder Einheit Laktat genommen. Und haben festgestellt, dass ich das Schnelligkeitstraining nicht vertragen habe. Der Körper hat sich in der Höhe nicht erholt“, berichtet der EM-Fünfte über 35 Kilometer.

In der Konsequenz wurde das Training umgestellt. Zudem meldete sich zwischendurch noch der empfindliche Magen, Jonathan Hilbert laborierte an einer Gastritis. „Es waren doch recht turbulente Wochen“, resümiert der Geher. Inzwischen hat er die Gastritis mit der kompletten Umstellung der Ernährung wieder in den Griff bekommen.

Sein Magen bereitet häufiger Probleme, gerade in der Kombination mit dem Gefühl der Aufregung. „Ich empfinde die Nervosität vor einem Wettkampf als positiv. Ich freue mich auf diesen Wettkampf. Nur mein Körper kann dies nicht richtig einschätzen und macht Stress. Jetzt müssen wir es auch mental hinbekommen, dass der Körper weiß, diese Aufregung ist etwas Schönes und Positives – ohne dass ich davon Magenprobleme bekomme.“ Jonathan Hilbert setzt aktuell auf viel Meditation und autogenes Training.

Zwei Chancen auf Budapest

Auch in anderen Bereich lässt Jonathan Hilbert nichts unversucht: Noch weiter intensiviert wurde die Zusammenarbeit mit der Erfurter Physiotherapie Rocktäschel beim Thema Kraft. „Spezifische Kraftpläne sollen helfen, die noch zu schwache ausgebildete Muskulatur für das höhere Tempo über 35 Kilometer vorzubereiten“, schrieb er während seines erstes Trainingslagers in Balderschwang in den sozialen Netzwerken. Die zweite Neuerung betrifft das Trainingsmittel Rennrad, das in den Trainingsalltag Einzug gehalten hat. „Wer nichts ändert, kann auch nicht besser werden“, lautet sein Credo.

Umso mehr liegt der Fokus in diesem Sommer auf der Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Budapest (Ungarn; 19. bis 27. August). Und da heißt es auch schnell zu sein, wenn man als Geher das Ticket direkt über die WM-Norm lösen möchte. Gefordert sind 2:29:40 Stunden über 35 Kilometer. „Durch die Fabelzeiten bei der WM in Eugene wurde der Richtwert weiter nach unten gedrückt. Bei der Qualifikation gehe ich davon aus, dass Drei von uns die Norm unterbieten werden. Die Jungs sind schon jetzt gut drauf. Ich bin sehr gespannt“, erklärt Jonathan Hilbert mit Blick auf seine nationale Konkurrenz.

Auf dem Weg nach Budapest hat er zwei Quali-Chancen: die Heim-DM in Erfurt (15. April) und die Team-EM in Podebrady (Tschechien; 21. Mai). „In Erfurt ist es das Ziel, eine ordentliche Zeit zu gehen. Ich werde aber alles geben, um die Norm zu schaffen“, gibt er sich kämpferisch. Dass es für ihn nur zwei Wettkämpfe vor der WM werden, sei kein Nachteil: „Ich brauche keine zehn Wettkämpfe und davon ein, zwei gute. Ich kann nicht drei Rennen abliefern und dabei 100 Prozent geben. Das ist mental für mich eine andere Herausforderung. Ich brauche einfach den Abstand zwischendurch.“

Karl Junghannß vor Saisoneinstieg in Dudince

Bei seinem Thüringer Mitstreiter Karl Junghannß (LC Top Team Thüringen) werden es im Idealfall drei Auftritte bis zur WM. Einsteigen wird der 26-Jährige bereits am Samstag (25. März) im slowakischen Dudince. Nach einer mehrmonatigen Verletzungspause – bei ihm wurde Ende des vergangenen Jahres im Anschluss an den Frankfurt Marathon ein Ödem im Oberschenkel diagnostiziert – sollen die 20 Kilometer eine erste Standortbestimmung werden. „Die Verletzung war eine Überlastungsreaktion, die sich schon Wochen vor dem Marathon angekündigt hat. Weshalb wir auch überlegt haben, ob ich dort starte oder nicht. Zu dem Zeitpunkt hat es sich nicht so schlecht angefühlt. Nach meinem Start musste ich dann erstmal pausieren“, erklärt Karl Junghannß, der dann drei Monate auf das Gehen verzichten musste.

Da die Diagnose zum Saisonabschluss erfolgte, konnte Junghannß die Verletzung ohne Termindruck Schritt für Schritt auskurieren. Südafrika war sein erstes Trainingslager, in dem er wieder normal trainieren konnte. Hauptsächlich Kraft und Ausdauer. „Das hat gut funktioniert und sich sehr gut angefühlt.“ Angebahnt hatte er das mit einem alternativem Programm, das viele Rad- und Krafteinheiten beinhaltete. Nun folgt der Saisoneinstieg.

Warum nicht direkt über 35 Kilometer? „Für mich wären diese am Anfang wohl etwas zu viel. Zum Reinkommen sind die 20 Kilometer nach der Verletzungspause ideal. Zumal auch der Druck nicht allzu groß sein wird“, sagt Karl Junghannß, der sich trotzdem viel zutraut. „Ich bin in der Form, um einen konkurrenzfähigen Wettkampf zu zeigen. Ich denke, dass ich in Richtung Bestzeit gehen kann.“ Auf Dudince folgen für ihn die Heim-DM und die Team-EM, dann aber über 35 Kilometer.

Mixed-Staffel in Paris?

Die erst 2022 offiziell ins internationale Wettkampf-Programm eingeführte Distanz von 35 Kilometern könnte schon im Olympia-Jahr 2024 der Vergangenheit angehören. Stattdessen soll es in Paris (Frankreich) eine Mixed-Staffel über die Marathon-Strecke geben. Eine endgültige Entscheidung zu den Plänen steht immer noch aus. Der Plan des Leichtathletik-Weltverbandes stößt bei den meisten Athleten auf Unverständnis, anderthalb Jahre vor den Olympischen Sommerspielen wissen die Athleten nicht, worauf sie hintrainieren.

Allzu sehr möchte Jonathan Hilbert die aktuelle Diskussion nicht an sich herankommen lassen und sich Energien sparen: „Momentan können wir nichts ändern und bewirken. Es muss schnellstmöglich eine Klärung her und eine vernünftige Kommunikation mit dem Weltverband geben.“ Als "gute Idee und interessantes Format“ empfindet Karl Junghannß die Mixed-Staffel. Aber: „Wie das Ganze aussehen soll, das hätte man eher festlegen müssen und nicht ein Jahr vorher bzw. im Qualifikationszeitraum.“ Vorerst zählt für beide Thüringer Geher nur eins: das gemeinsame WM-Ticket.

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