| Historische Serie

Deutsche EM-Gesichter III: Astrid Kumbernuss von EM in Berlin elektrisiert

Die Leichtathletik-EM 2018 vom 7. bis zum 12. August im Berliner Olympiastadion wird 2018 das größte Sportereignis auf deutschem Boden. Die Europameisterschaften haben seit ihrer Premiere 1934 in Turin eine große Tradition. In unserer zweiten historischen Serie präsentieren wir deutsche EM-Gesichter vergangener Titelkämpfe. Heute: Kugelstoß-Legende Astrid Kumbernuss, Olympiasiegerin 1996, dreimalige Weltmeisterin und Europameisterin 1990 in Split.
Ewald Walker

Obwohl ihre leistungssportliche Karriere 18 Jahre gedauert hat, zieht es Astrid Kumbernuss immer noch an den Wurfring. Die Olympiasiegerin, Weltmeisterin und Europameisterin ist Trainerin bei ihrem Heimatverein SC Neubrandenburg. Hier hat sie gemeinsam mit ihrem ehemaligen Trainer und Weggefährten Dieter Kollark die Chinesin Gong Lijiao zur Kugelstoß-Weltmeisterin geformt und ist dabei, mit Claudine Vita – U23-Europameisterin mit dem Diskus – eine weitere Neubrandenburgerin in die Weltspitze zu führen.

„Ich bin als Trainerin dahin zurückgekehrt, wo ich herkomme, wofür mein Herz schlägt“, sagt die inzwischen 47-Jährige. 1987 begann ihre Karriere mit der Silbermedaille im Diskuswerfen bei den U20-Europameisterschaften. Insgesamt zwölf internationale Medaillen gewann sie im Ring und wurde zu einem Weltstar der Leichtathletik.

Der Olympiasieg 1996 in Atlanta (USA) war der wertvollste Erfolg. „Als Olympiasiegerin wird man angesprochen, selbst von Jugendlichen und Schülern“, hat sie in den vergangenen Jahren erfahren. Doch drei WM-Titel 1995, 1997 und 1999 sind nicht minder eindrucksvoll.

Wichtiger Einschnitt bei EM 1990 in Split

Einen wichtigen Einschnitt hat Astrid Kumbernuss bei den Europameisterschaften 1990 in Split (Kroatien) erlebt. Es waren die letzten Titelkämpfe für ein DDR-Team. „Da ist eine neue Welt angebrochen“, sagt sie aus heutiger Sicht. Als 20-Jährige wurde sie mit 20,38 Metern Europameisterin. Sechs deutsche Kugelstoßerinnen standen damals im Finale – außergewöhnlich. „Es war alles so fremd, so ungewohnt“, erinnert sich Kumbernuss an die Wendezeit. „Die westliche Welt hat uns überrollt, wir mussten und konnten nun selbständige Entscheidungen treffen, das waren wir nicht gewohnt“, erinnert sie sich an die damalige Situation.

Der EM-Titel hat Astrid Kumbernuss geholfen, dass sie vom Sponsorenregen, der in Form eines großen Sportartikelherstellers aufgrund der Erfolgsstory der dreifachen Sprint-Europameisterin Katrin Krabbe auf den SC Neubrandenburg herabfiel, auch ihren Anteil abbekommen sollte. Sie war im richtigen Moment Europameisterin geworden.

Die 1990er-Jahre wurden die goldenen Jahre der Astrid Kumbernuss. Sie landete von 1995 bis 1997 eine Serie von 51 Siegen in Folge. Natürlich konnte man damit auch als Kugelstoßerin Geld verdienen. Während nicht wenige Kugelstoßerinnen durch Körperfülle auffielen, war Kumbernuss die „Ästhetin im Ring“, mit einem athletisch geformten Körper präsentierte sie auch ihr Äußeres. „Das Körperbewusstsein war mir wichtig, ich war immer auch ein bisschen eitel“, gesteht sie heute. Der Ring war ihr Laufsteg.

Karriereende 2002 bei der EM in München

Bei der EM in Helsinki (Finnland) 1994 verpasste sie als Favoritin die Titelverteidigung. Die Doping- und Stasidiskussionen um ihren Trainer hatten sie sehr belastet. „Diese Diskussion war vielen wichtiger als meine Silbermedaille“, ist sie noch heute wütend. Diese Verärgerung habe ihr die Motivation für die drei WM-Titel und den Olympiasieg gegeben, erzählt sie.

Den EM-Sieg ihrer Vereinskameradin Franka Dietzsch 1998 in Budapest (Ungarn) hat sie mit ihrem frisch geborenen Sohn am Fernseher verfolgt. Bei ihrem letzten EM-Start 2002 in München sei sie nicht locker gewesen, Platz vier war eine große Enttäuschung. „Die Stimmung im Olympiastadion war jedoch super“, erinnert sie sich noch sehr gut.

Große Bedeutung der Heim-EM

Im September 2005 legte Astrid Kumbernuss die Kugel an historischer Stelle in die Ecke. 5.000 Zuschauer waren nach Elstal (bei Berlin), dem olympischen Dorf der Olympischen Spiele 1936, gekommen, um dem Karriereende von Kumbernuss beizuwohnen. Langanhaltender Beifall begleitete ihren letzten Stoß. 21,22 Meter - erzielt bei ihrem WM-Triumph 1995 in Göteborg und zwei Jahre später in Hamburg - stehen für sie in den Geschichtsbüchern der Leichtathletik.

„Natürlich bin ich im Sommer bei der EM in Berlin dabei“, freut sich Astrid Kumbernuss auf das Großereignis. „Wenn du hier erfolgreich bist, wirst du von Zuschauern und Sponsoren entsprechend wahrgenommen“, hat sie Claudine Vita auf die Bedeutung der Heim-Europameisterschaften eingeschworen. Man merkt Astrid Kumbernuss ihre Vorfreude an. „Ja, die EM in Berlin elektrisiert mich."

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