| Interview der Woche

Eliud Kipchoge: „Habe Marathon-Geschichte geschrieben“

Eliud Kipchoge krönte den 45. Berlin-Marathon mit einem famosen Weltrekord von 2:01:39 Stunden. Der 33-jährige Kenianer lief vom Start weg sein eigenes Tempo und führte durchweg. Im Ziel hatte er den alten Weltrekord seines Landsmannes Dennis Kimetto, der vor vier Jahren in Berlin 2:02:57 Stunden gelaufen war, um 1:18 Minuten verbessert. Es war bereits der elfte Weltrekord in der Geschichte des Berlin-Marathons. Dies ist die größte Steigerung des Männer-Weltrekordes im Marathon seit über 50 Jahren. Im Interview spricht der neue Rekordhalter über das jetzt schon historische Rennen, aber auch über seine ungeheure mentale und körperliche Stärke.
Christian Ermert

Eliud Kipchoge, im dritten Versuch haben Sie es in Berlin geschafft, den Marathon-Weltrekord zu verbessern. Was fühlen Sie jetzt?

Eliud Kipchoge:

Ich bin dankbar. Und glücklich. Und fühle mich großartig. Aber vor allem möchte ich mich bei meinem Coach Patrick Sang, meinen Teamkollegen, meinem Manager und auch den Veranstaltern des Berlin-Marathons bedanken, dass sie mir das ermöglicht haben. Und bei den Zuschauern, die mich vom ersten bis zum letzten Meter unterstützt haben. Ihre Anfeuerungen waren Musik in meinen Ohren. Ich glaube, das alles wird immer mehr Menschen zum Laufen inspirieren.

Sie haben den Weltrekord nicht nur unterboten. Sie haben ihn pulverisiert, indem Sie die alte Marke Ihres Landsmannes Dennis Kimetto, der vor vier Jahren in Berlin 2:02:57 gelaufen war, um 1:18 Minuten unterboten haben. Dies ist die größte Steigerung des Männer-Weltrekordes im Marathon seit über 50 Jahren. Damals verbesserte Derek Clayton aus Australien die Marke des Japaners Morio Shigematsu von 2:12:00 auf 2:09:37 Stunden. Ist Ihnen bewusst, was Sie damit geleistet haben?

Eliud Kipchoge:

Ja. Ich denke, ich habe damit Marathon-Geschichte geschrieben.

Wenn Sie die Rennen von Monza, als Sie unter nicht ganz regulären Bedingungen 2:00:25 Stunden gelaufen sind, und von Berlin vergleichen – was denken Sie dann?

Eliud Kipchoge:

Man kann Marathonrennen nicht miteinander vergleichen. Jedes einzelne ist etwas ganz Besonderes und steht für sich allein.

Ihr letzter Tempomacher war schon nach 25 Kilometern aus dem Rennen, Sie sind die letzten 17 Kilometer allein gelaufen. Und man hatte den Eindruck, dass Sie immer einen Tick schneller wurden, sobald einer der Tempomacher aus dem Rennen war. War das so geplant?

Eliud Kipchoge:

Mein Training hat mir das ermöglicht. Ich habe in den letzten vier Monaten sehr gut trainiert und konnte mich im Rennen völlig auf meine Fähigkeiten verlassen. Der Plan war, die erste Hälfte in 61 Minuten zu laufen. Und natürlich wünscht man sich dann, dass man die zweite Hälfte noch ein wenig schneller laufen kann. Als ich bei Kilometer 15 gemerkt habe, dass das Tempo etwas langsamer wurde, habe ich zusammen mit meinen Tempomachern beschleunigt.

Den Kilometer zwischen 40 und 41 sind Sie in beeindruckenden 2:46 Minuten gelaufen. Sie wirkten kein bisschen müde …

Eliud Kipchoge:

… zu diesem Zeitpunkt war mir klar, dass ich den Weltrekord unterbieten würde. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass eine Zeit unter 2:02 Stunden möglich ist.

Was sind Ihre nächsten Pläne, denken Sie schon an die Olympischen Spiele 2020 in Tokio?

Eliud Kipchoge:

Ich würde gerne mal eine 2:02 laufen (schmunzelt). Das fehlt mir ja noch. Ich bin 2:04 und 2:03 gelaufen und jetzt auch 2:01 – wer weiß, was die Zukunft bringt. Aber meine konkreten Pläne mache ich immer mit meinem Team in Kenia. Wir setzen uns zusammen und überlegen, wie es weitergeht. Ich will auf jeden Fall nach Berlin zurückkommen. Berlin ist für mich – für ewig.

Haben Sie einen Rat für die vielen Hobby-Marathonläufer, die Sie mit Ihren Leistungen inspirieren?

Eliud Kipchoge:

Es gibt für niemanden Grenzen und es ist alles möglich. Man sollte über seine Grenzen hinausgehen und es mit dem Unvorstellbaren aufnehmen. Die Magie liegt in der harten Arbeit, im Selbstvertrauen und in der Zuversicht, dass man alles schaffen kann. Die Fähigkeit, die eigenen Ziele zu erreichen, ist nicht denkbar ohne harte Arbeit und Zuversicht.

In Berlin huschte auch nach über 40 Kilometern immer mal wieder ein Lächeln über ihr Gesicht. Trotz großer Anstrengung …

Eliud Kipchoge:

… wenn man von Schmerzen geplagt wird, sollte man versuchen, diese Schmerzen zu vergessen. Das geht nur durch Lächeln und das Glück bei der Freude am Laufen.

Woher kommt Ihre ungeheure mentale Stärke am Tag des Wettkampfs?

Eliud Kipchoge:

Ich vertraue auf meine Vorbereitung und mein Training. Je besser ich mich auf mein Training verlassen kann, umso entspannter bin ich am Wettkampftag. Um mich zu beruhigen und zu konzentrieren denke ich an das, was ich in all diesen Monaten beim Training gemacht habe. Und ich vertraue auf meine Planung.

Aber es gibt doch auch für Sie harte Phasen in Training und Wettkampf. Wie gehen Sie damit um?

Eliud Kipchoge:

Ich betrachte Herausforderungen als Teil des Laufens. Es gehört zum Laufen genauso wie zum Leben, dass auf dem Weg Schwierigkeiten zu meistern sind. Wenn also am Tag eines Marathonlaufs irgendwelche Hindernisse auftreten, dann betrachte ich das als sportliche Herausforderung, die sich überwinden lässt. Ich nehme die Herausforderung an und versuche sie zu bewältigen.

Mehr:

<link news:65392>2:01:39 Stunden – Eliud Kipchoge läuft in neue Sphären

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