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Harald Norpoth feiert 75. Geburtstag

Sein größter Erfolg war ein zweiter Platz. Harald Norpoth aus Telgte bei Münster hat zu seiner Glanzzeit weder einen Olympiasieg noch eine Europameisterschaft errungen. Doch der Name des ehemaligen Langstrecken-Läufers, der am Dienstag seinen 75. Geburtstag feiert, ist in der Leichtathletik weiter präsent.
Peter Middel

Seine Sternstunde erlebte der gebürtige Münsteraner Harald Norpoth 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio (Japan). In einem denkwürdigen 5.000 Meter-Finale gewann er auf einer vom Regen aufgeweichten Aschenbahn hinter Bob Schul (USA; 13:48,8 min) in 13:49,6 Minuten überraschend die Silbermedaille. Diese Plakette war Deutschlands einzige Läufer-Medaille von Tokio.

Dieser Erfolg begleitet den hageren Westfalen, der zu seiner besten Zeit bei einer Körperlänge von 1,85 Metern lediglich 60 Kilogramm auf die Waage brachte, ein Leben lang. Dabei hat er auf seiner sportlichen Visitenkarte noch drei Siege beim Europacup 1965 in Stuttgart, 1967 in Kiew (Ukraine) und 1970 in Stockholm (Schweden) sowie 16 deutsche Meistertitel stehen.

Dreimal nahm der frühere Weltklasse-Läufer an Olympischen Spielen teil. Nach seinem zweiten Platz von Tokio wurde er noch 1968 in Mexiko City Vierter über 1.500 Meter und vier Jahre später in München Sechster über 5.000 Meter. 1966 und 1967 stellte er jeweils Europarekorde über 3.000 und 5.000 Meter auf. Über 2.000 Meter blieb er 1966 in Hagen mit 4:57,8 Minuten als erster Läufer der Welt unter der Fünf-Minuten-Marke.

Außergewöhnliches Talent

Harald Norpoth erzielte 1972 mit 13:20,6 Minuten seine 5.000 Meter-Bestzeit. Eine Leistung, die für sein außergewöhnliches Talent spricht, denn mit dieser Zeit könnte er auch heute noch auf internationaler Ebene vorne mitlaufen. Mit Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen; 13:19,47 min) ist in diesem Jahr nur ein Deutscher schneller gewesen als Norpoth vor 45 Jahren.

Doch Harald Norpoth selbst relativiert. „Es ist schwierig, Vergleiche herzustellen, denn man rennt jetzt auf Kunststoff- und nicht mehr wie wir früher auf Aschenbahnen. Darüber hinaus sind die individuelle Förderung sowie die wissenschaftliche und medizinische Begleitung wesentlich besser als zu meiner Zeit. Ich bin früher dagegen meist allein durch die Wälder von Telgte gelaufen und habe mich dort auf wichtige Rennen vorbereitet."

Weltrekord mit einer Staffel aus dem Münsterland

Die Erfolge des Münsterländers beruhten vor allem auf seinem optimalen Umfeld in Telgte, seiner Bewegungsökonomie, seinem geringen Körpergewicht, seinem taktischen Gespür und seiner Härte gegen sich selbst. Unterstützung erhielt er lediglich von seinen beiden Teamkollegen Franz-Josef Kemper und Wolf-Jochen Schulte-Hillen, mit denen er 1966 in der 3x1.000 Meter-Staffel in 7:01,2 Minuten Weltrekord lief.

Auf diese Leistung ist Harald Norpoth besonders stolz, weil sie von drei Läufern erzielt wurde, die nicht bunt zusammengewürfelt wurden, sondern aus einer Region, dem Münsterland, kamen. Während der Weltverband IAAF für diesen Wettbewerb mittlerweile keine Weltrekorde mehr listet, ist die Marke der drei Münsterländer seit nunmehr 51 Jahren der aktuell gültige deutsche Rekord.

Was heutzutage ebenfalls unvorstellbar ist: Der Top-Langstreckler von einst hat parallel zu seinen leichtathletischen Aktivitäten auch noch in Telgte Fußball gespielt und als Spielertrainer in den Olympiajahren 1964 und 1968 alle Meisterschaftsspiele mitgemacht.

Post von Sepp Herberger

Harald Norpoth ist kein Mann, der in der Vergangenheit lebt. Sorgfältig hatte sein Vater die zahlreichen Zeitungsartikel über die Erfolge seines Sohnes gesammelt, doch er wirft kaum noch einen Blick in die Ordner, die alle im Keller lagern. Auch in seinem Haus sieht man nichts, was an seine frühere Glanzzeit erinnert.

Einen besonderen Stellenwert hat jedoch ein Brief von Ex-Fußball-Bundestrainer Sepp Herberger („Du wärst auch ein guter Fußballer geworden“), in dem er ihm riet, den Trainerschein zu machen. Vor 20 Jahren erwarb der einstige Leichtathletik-Star die auch für die Bundesliga taugliche Lizenz, doch eine Trainerkarriere in der höchsten Spielklasse schlug er nicht ein.

Die Leichtathletik-Szene verfolgt Harald Norpoth noch aufmerksam. Allerdings hat er zu ihr eine gewisse Distanz entwickelt. So stören ihn die zunehmende Kommerzialisierung, die vielen Show-Effekte bei Leichtathletik-Veranstaltungen und die zu laute Musik. Seiner Meinung nach sollte der Sport wieder mehr im Mittelpunkt stehen.

"Glücklich und zufrieden"

Harald Norpoth, der als Diplom-Sportlehrer mehr als 30 Jahre lang an der Bundeswehr-Sportschule Warendorf arbeitete, hat vor zehn Jahren zwei neue Kniegelenke bekommen und kann daher nicht mehr laufen. Allerdings ist er noch immer rank und schlank, denn er hält sich mit Radfahren fit. Mit der Laufkarriere hätten die früheren Knieprobleme nichts zu tun, erklärt Norpoth, die Ursachen liegen seiner Meinung nach eher beim Fußball- und Tennisspielen.

Der frühere Olympia-Zweite, für den die Familie einen recht hohen Stellenwert hat, gibt sich weiter bescheiden und hat zu seinem Ehrentag nur einen Wunsch: „Ich bin glücklich und zufrieden und hoffe, dass dieser Zustand noch einige Jahre noch einige Jahre anhält.“

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