| Paralympics 2016

Kompletter Medaillensatz für deutsche Leichtathleten bei Paralympics

Kompletter Medaillensatz für deutsche Leichtathleten bei Paralympics
Der fünfte Wettkampftag in Rio de Janeiro endet für die deutsche Mannschaft mit einem kompletten Medaillensatz bei den Paralympics. Die 4x100 Meter-Staffel gewinnt nachträglich Gold, Irmgard Bensusan holt Silber, David Behre Bronze. Erst bejubelte die deutsche Staffel Silber, als dem Ersatzläufer klar wird, dass es doch noch mehr zu feiern gibt.
dpa/nt

Der Ersatzläufer sah es als Erster. Im Sprinttempo rannte Heinrich Popow (TSV Bayer 04 Leverkusen) die Tribüne des Olympiastadions herunter und brüllte immer wieder: "Wechselfehler, Wechselfehler!" Das Team USA wurde disqualifiziert, nachdem es gerade einen Weltrekord gelaufen war. Und die deutsche Sprintstaffel um Markus Rehm (TSV Bayer 04 Leverkusen) wurde zum Sieger erklärt, als sie sich auf ihrer Ehrenrunde gerade schon ausgelassen über Silber freute.

"Das ist krass!"

Es ist die erste Goldmedaille für den Leichtathletik-Star Rehm bei diesen Paralympics – bloß erfuhren er und seine ebenso auf Unterschenkelprothesen laufenden Leverkusener Teamkollegen David Behre, Felix Streng und Johannes Floors davon am Montagabend als Letzte. "Wir kamen gerade auf die Zielgerade zurück und sahen, wie auf der Tribüne alle ausflippten", sagte Rehm. "Wir haben uns gedacht: Ja, wir haben Silber geholt, das ist toll. Aber warum rastet ihr deshalb so aus? Dann habe ich auf die Anzeigetafel geguckt. Das ist krass!"

Platz 1 Deutschland, 40,82 Sekunden, Paralympischer Rekord und auch Europarekord. Das war auf der Anzeigetafel zu lesen. Der vermeintliche Weltrekord der Amerikaner (40,61 sec) erlangte nie Gültigkeit. Dem US-Team war der gleiche Fehler unterlaufen wie schon bei den Paralympics 2012 in London (Großbritannien): Der zweite Läufer berührte den dritten schon vor der Wechselzone.

"Wir sind das bessere Team!"

"Das ist die Regel. Dazu gibt es eine Wechselzone", sagte Rehm. "Sie sind das bessere Rennen gelaufen. Sie hatten die bessere Zeit. Aber sie haben einen Fehler gemacht. Und wir sind das bessere Team!" Ob es sich anders anfühlt, einen Titel nachträglich zugesprochen zu bekommen, als ihn auch tatsächlich auf der Laufbahn zu gewinnen? "Nein", meinte Rehm. "Wir waren auch über Silber glücklich. Wir sind ein tolles Rennen gelaufen und haben unsere Bestzeit unterboten." Welt- und Europameister war dieses Team bereits. Jetzt kam auch noch der so lang ersehnte Paralympics-Sieg dazu.

Für Rehm geht es erst am Samstag weiter. Dann will er in seiner Paradedisziplin Weitsprung die zweite Goldmedaille in Rio gewinnen. Ein ausländischer Journalist fragte ihn am Montagabend, ob er nun der neue Oscar Pistorius der Paralympics sei. Der Südafrikaner war über Jahre der alles überstrahlende Star des Behindertensports, bis er seine Freundin erschoss und dafür zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. "Nein", sagte Rehm dazu. "Er hat viel für unseren Sport getan, keine Frage. Aber wir müssen jetzt neue Helden kreieren."

David Behre ersprintet zusätzlich Bronzemedaille über 200 Meter

Die deutschen Sprinter waren nicht zu stoppen. Nicht einmal zwei Stunden nach Gold mit der Staffel lief David Behre über 200 Meter auf den dritten Platz. Der Leverkusener, dem beide Unterschenkel fehlen, stellte in 21,41 Sekunden einen Europarekord auf. "Das ist megamäßig. Einmal Gold und einmal Bronze an nur einem Abend – ich kann sehr zufrieden sein", sagte Behre – und das am Tag vor seinem 30. Geburtstag.

Sein Staffelkollege Felix Streng brach das Rennen, von einer Erkältung geschwächt, schon nach wenigen Metern wieder ab. Johannes Floors, der ebenfalls zum Gold-Quartett gehörte, wurde mit der persönlichen Bestleistung von 21,81 Sekunden Vierter. Dass er trotzdem noch über 200 Meter antrat und sogar Vierter (21,81 sec) wurde, erklärte er danach so: "Physiotherapie, ein Tapeverband und ganz viel Adrenalin!"

Irmgard Bensusan gewinnt Silber über 400 Meter

Mit dem schnellsten Lauf ihrer Karriere hat sich Irmgard Bensusan die Silbermedaille über 400 Meter gesichert. In 59,62 Sekunden musste die Leverkusenerin nur der Französin Marie-Amelie le Fur den Vortritt lassen, die in 59,27 Sekunden Weltrekord lief. Bei der WM 2015 in Katar war die gebürtige Südafrikanerin Bensusan, deren rechter Unterschenkel gelähmt ist, noch fast vier Sekunden langsamer gewesen.

Quelle: Deutschen Presse-Agentur (dpa)

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