| Interview

Mathias Brugger: „Hinter Kevin Mayer ist alles offen“

Ein Athlet wird bei den Hallen-Europameisterschaften in Belgrad (Serbien; 3. bis 5. März) die Fahne der starken deutschen Mehrkämpfer hochhalten: Mathias Brugger (SSV Ulm 1846) ist der einzige DLV-Teilnehmer im Siebenkampf, deutsche Fünfkämpferinnen sind nicht am Start. In welchen Disziplinen der Dritte der letztjährigen Hallen-WM im Vergleich zu seinem Saison-Debüt in Hamburg noch eine Schippe draufpacken will, was er sich ausrechnet im 16 Teilnehmer starken Feld der Allrounder und warum er anders als viele nationale Konkurrenten auch in der Hallensaison auf Mehrkämpfe setzt, verriet er im Vorfeld der Titelkämpfe im Interview.
Silke Bernhart

Mathias Brugger, Sie sind am Mittwoch gemeinsam mit dem Nationalteam in den Flieger nach Belgrad gestiegen. Stäbe, Wettkampf-Kleidung und Schuhe für sieben Disziplinen – Sie waren wohl der deutsche Athlet mit dem meisten Gepäck. Wie viele Koffer mussten Sie schleppen?

Mathias Brugger:

Ich habe nur eine Tasche dabei, wie jeder andere auch. Das geht alles, ich brauche ja auch nicht so viele Schuhe wie draußen. Sechs Paar habe ich mit, die Spikes für die 60 Meter und die Hürden sind dieselben. Aber ich musste ganz schön quetschen! Zum Glück sind wir ja nur bis Montag da, da braucht man nicht so viele Klamotten, sonst wäre es eng geworden.

Sie vertreten bei dieser Meisterschaft erstmals allein die Riege der deutschen Mehrkämpfer – zuletzt war sogar dreimal in Folge einer Ihrer Trainingspartner aus Ulm an Ihrer Seite. Wie wird das sein als Einzelkämpfer?

Mathias Brugger:

Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch gar keine Gedanken gemacht. Natürlich wäre es cool gewesen, wenn Tim [Trainingspartner Tim Nowak] mit dabei gewesen wäre. Es war ja auch knapp, ich glaube, am Ende haben nur neun Punkte gefehlt. Das war schade für ihn. Aber ich werde trotzdem mein Ding durchziehen, so wie ich es auch sonst gemacht hätte. Das Einzige, was anders ist: Dass man im Zimmer niemanden an seiner Seite hat. Ich bin zumindest momentan noch allein im Doppelzimmer. Das ist aber auch nicht so schlecht.

So ganz einsam wird es ohnehin nicht werden – die Mehrkämpfer gelten ja auch international als große Familie. 16 Athleten starten im Siebenkampf. Vor zwei Jahren waren Sie Elfter der Hallen-EM in Prag. 2016 haben Sie Bronze bei der Hallen-WM in Portland geholt. Was ist diesmal drin?

Mathias Brugger:

Die Ausgangslage ist ähnlich wie im letzten Jahr in Portland. Da war Ashton Eaton [Zehnkampf-Weltrekordler aus den USA] die unangefochtene Nummer eins. Dieses Mal ist es Kevin [Kevin Mayer, Olympia-Zweiter aus Frankreich]. Wenn er mit seinen Vorleistungen gut durchkommt, ist er unschlagbar. Aber dahinter ist alles möglich und alles offen. Ich möchte Bestleistung machen – und dann sehen wir weiter. Eine Bestleistung müsste eigentlich für eine Medaille reichen.

Qualifiziert haben Sie sich Ende Januar in Hamburg mit 5.981 Punkten. Sie selbst sagten, das sei ein „solider Wettkampf“ gewesen. Wo können Sie noch eine Schippe draufpacken?

Mathias Brugger:

Eigentlich überall (lacht). So fühle ich mich jedenfalls. Letztes Jahr habe ich in Hamburg nicht ganz 5.900 Punkte gemacht. Da waren größere Schwächen dabei, im Vergleich dazu habe ich mich in diesem Jahr schon mega gesteigert. Und jetzt können wir in einigen Disziplinen von dort aus noch mal einen Schritt nach vorn machen. Im Kugelstoßen, im Hochsprung, im Stabhochsprung war mehr drin, über die Hürden… Natürlich ist das immer auch ein bisschen abhängig von der Tagesform. Aber ich fühle mich gut! Vor Portland habe ich mich nicht so gut gefühlt.

Den letzten Test bei der Hallen-DM in Leipzig mussten Sie allerdings noch aufgrund einer Erkältung absagen…

Mathias Brugger:

Ja, die Gesundheit und die EM waren uns wichtiger. Auch im Training haben wir zurückgesteckt und gesagt: Ich muss erstmal wieder gesund werden. In der letzten Woche konnten wir wieder gut trainieren und auch einige Tests machen, die ganz gut gelaufen sind. Ich bin ohnehin eher ein Wettkampf-Typ. Das Training ist nicht immer erste Sahne, das kommt dann eher im Wettkampf. Darauf vertraue ich, und auf meine mentale Stärke.

Mehrkämpfern fehlt bei Einzel-Starts wie in Leipzig ja auch oft der besondere Reiz. Worauf freuen Sie sich beim Siebenkampf von Belgrad am meisten?

Mathias Brugger:

Ich freue mich vor allem, wieder mit der Nationalmannschaft unterwegs zu sein. Das Team ist nicht so groß – zwar größer als in Portland, aber nicht so groß wie bei Freiluft-Meisterschaften. Da macht es einfach Spaß, weil man sich öfter über den Weg läuft. Was die Disziplinen betrifft, kann ich keine hervorheben. Ich denke, dass es ein richtig rundes Ding wird. Und ich freue mich drauf!

Sie können mittlerweile bei Ihrem dritten internationalen Hallenstart in Folge als routinierter Hallen-Mehrkämpfer gelten. Andere Mehrkämpfer dagegen verzichten in der Halle häufig auf den Siebenkampf. Warum Sie nicht?

Mathias Brugger:

Grundsätzlich war es häufig so, dass ich im Sommer gut war, wenn ich auch im Winter in der Halle gut war. 2015 habe ich mich mit fast 6.000 Punkten für die Hallen-EM qualifiziert, mir dann kurz vorher die Bänder im Fuß angerissen und bin trotzdem noch Elfter geworden. Im Sommer habe ich später meinen ersten 8.000er im Zehnkampf gemacht! Im letzten Jahr konnte ich die gute Form des Winters im Freien aufgrund von Verletzungen nicht so zeigen, das war schade. Aber wir haben viel daraus gelernt. Ich bin jetzt besser vorbereitet und möchte die gute Form aus dem Winter mit nach draußen nehmen.

Was bestreiten Sie lieber: einen Siebenkampf oder einen Zehnkampf?

Mathias Brugger:

Auf jeden Fall den Zehnkampf. Ich bin Zehnkämpfer! Auch die Wurfdisziplinen gehören dazu, in denen habe ich mich noch mal stark verbessert.

Dann formulieren wir die letzte Frage so: Welches Resultat wäre für Sie in Belgrad der perfekte Rückenwind für den nächsten Zehnkampf im Sommer?

Mathias Brugger:

Bestleistung und eine Medaille. Das wäre der beste Rückenwind, den man haben kann! Das habe ich letztes Jahr nach Portland gemerkt. Dieses Gefühl würde ich mir auch für dieses Jahr wünschen.

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