| WM 2017

Rico Freimuth: „Mir war klar: Das wird ein guter Tag“

Bei der WM in London (Großbritannien) hat Rico Freimuth (SV Halle) am Samstag die Silbermedaille gewonnen. Nach Bronze zwei Jahre zuvor durfte der Zehnkämpfer diesmal mit 8.564 Punkten eine Stufe auf dem Podest höher steigen. In der Mixed Zone sprach der 29-Jährige anschließend darüber, wie sich diese internationale Medaille von seiner ersten unterscheidet und welche Ziele er für seine Karriere noch hat.
Jan-Henner Reitze

Rico Freimuth, herzlichen Glückwunsch zu Silber. Sie haben zwei harte Tage hinter sich. Wie fühlen Sie sich als Vize-Weltmeister?

Rico Freimuth:

Die Müdigkeit ist verflogen. Ich muss aber alles noch sacken lassen. Die Freude überwiegt ohne Ende. Das ist klar.

Nehmen Sie uns noch einmal mit durch Ihren zweiten Wettkampftag…

Rico Freimuth:

Ich wusste, ich muss sofort da sein. Das ist mir gelungen. Die Hürden waren ein Kracher. Beim Diskus hatte ich zuerst kurz Probleme. Diese habe ich schnell überwunden. Danach war für mich klar: Das wird ein guter Tag. Es geht über 4.200 Punkte und mir war bewusst, es muss Silber werden.

Der Franzose Kevin Mayer hat hier Gold gewonnen. Er stand im Stabhochsprung nach zwei ungültigen Versuchen bei seiner Anfangshöhe vor dem Aus. Was haben Sie in diesem Moment gedacht?

Rico Freimuth:

Ich habe ihm gewünscht, dass er drüber springt. So wollte ich nicht gewinnen. Deshalb habe ich mir gewünscht, dass er drüber springt. Er hat sich den Sieg verdient.

Was bedeutet Ihnen diese Medaille, nachdem es im vergangenen Olympiajahr gar nicht lief?

Rico Freimuth:

Nach dem vergangenen Jahr mit drei abgebrochenen Wettkämpfen und vielen Verletzungen habe ich am Anfang dieser Saison nicht daran gedacht, dass ich einen Zehnkampf über 8.600 Punkte und einen weiteren knapp an dieses Niveau heran machen würde. Ich habe versucht, konzentrierter und intensiver an meine Aufgaben zu gehen. Ich bin stolz darauf, dass ich mit 29 noch ein solches Niveau habe. Der Wettkampf hier lief bei vielen Konkurrenten durchwachsen. Das zeigt, dass man die Nerven bewahren muss. Die habe ich sehr gut im Griff gehabt und konnte mein Niveau abrufen. Wenn mal eine Disziplin nicht so gelaufen ist, war es egal. Es geht im Kampf Mann gegen Mann. Das habe ich gut gemeistert.

Sie haben 2015 Bronze gewonnen, jetzt Silber. Kommen Sie Gold immer näher?

Rico Freimuth:

Ich habe schon zu Kevin gesagt, dass ich jetzt diese beiden Medaillenfarben habe und als nächstes Gold haben möchte. Er hat erst einmal gelacht. Aber man muss sich immer neue Ziele setzen. Noch denke ich aber nicht an WM-Gold. Im nächsten Jahr steht eine EM an. Die echte Vorbereitung darauf geht im Januar los. Ich habe bis dahin erst einmal mit dem Studium zu tun und brauche im Winter einfach Zeit für mich. Die Karten werden dann wieder neu gemischt. Es können auch neue Konkurrenten aufkommen.

Welche Medaille war schwieriger für Sie, diesmal Silber oder Bronze vor zwei Jahren?

Rico Freimuth:

Bronze. Wenn man noch keine Medaille hat, ist es schwieriger. Ich stand mega unter Stress, hatte schlechte Laune und wollte unbedingt eine Medaille. Bronze in Peking hat für mich alles bedeutet. Sie war der nächste Schritt in meiner Karriere. Es war der Opener für das, was ich jetzt geschafft habe. Diesmal war meine Laune viel besser. Ich habe zwischendurch Musik gehört. Das ist jetzt meine Art. Ob es körperlich einfacher war, kann ich nicht sagen, aber vom Kopf eindeutig ja.

Wenn Sie nach vorne blicken, wo sehen Sie noch Potenzial? Woran wollen Sie arbeiten?

Rico Freimuth:

Ich habe mich in diesem Jahr in meinen Kraftwerten extrem verbessert. Die sind nach oben geschossen. Ich habe im Winter nur studiert, hatte noch Nachhilfe und ich habe täglich Krafttraining gemacht. Dadurch hat sich auch meine Technik etwas verändert. Im Kugelstoßen habe ich schon 15,62 Meter gestoßen. Unter anderem das möchte ich stabilisieren und technische Defizite weiter ausmerzen. Wenn ich dabei meine Schnelligkeit behalte, ist das ein Ansatzpunkt. Dann kann ich auch einmal mehr als 8.700 Punkte machen. Das wird zwar schwierig, wäre aber der nächste Schritt.

Wie lange planen Sie Ihre Karriere noch? Was sind die langfristigen Ziele?

Rico Freimuth:

Ich habe zwei WM-Medaillen. Ich möchte auf jeden Fall noch eine EM-Medaille. Und ich möchte auch eine Olympia-Medaille. Dafür würde ich nochmal alles hinten anstellen. Ich hoffe, dass ich so lange gesund bleibe.

Auch Ihr Trainingspartner Michael Schrader war schon einmal Vize-Weltmeister. Im Moment kämpft er nach einer schweren Knieverletzung um die Fortsetzung seiner Karriere. Ist es für Sie ein Ziel, noch einmal mit ihm gemeinsam zu starten?

Rico Freimuth:

Was ihm wiederfahren ist, hat mir das Herz gebrochen. Ich weiß noch, als ich den Anruf bekommen und selbst geweint habe. So nahe ging es mir. Zwischen uns passt kein Blatt Papier. Wir sind wie Brüder. Mit ihm nochmal an der Startlinie zu stehen, wäre für mich ein großer Traum. Eine Prognose gibt es aber nicht. Wir können nur hoffen, dass es noch einmal klappt.

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