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Speerwerfer als „Leuchttürme der deutschen Leichtathletik"

Die deutschen Speerwerfer haben eine überragende Saison hingelegt. Weltmeistertitel, Weltjahresbestleistung, Deutsche Rekorde – die Geschichte mit dem 800 Gramm-Speer ist eine Erfolgsgeschichte. „Es macht Spaß, mit diesem Team zu arbeiten“, gibt Bundestrainer Boris Obergföll unumwunden zu.
Ewald Walker

Es war einmal… So wird man in einigen Jahren vielleicht davon erzählen, dass es in einer Leichtathletik-Disziplin eine deutsche Übermacht gegeben hat wie selten zuvor. Es handelt sich dabei um das Speerwurf-Märchen in Schwarz-Rot-Gold. Mit Thomas Röhler (LC Jena) stellt der DLV den Olympiasieger, mit Johannes Vetter (LG Offenburg) den aktuellen Weltmeister. 

Johannes Vetter (94,44 Meter) und Thomas Röhler (93,90) führen zudem die diesjährige  Weltbestenliste an. 14 der 15 besten Weiten des Jahres gehen auf ihr Konto. Zusammen mit Andreas Hoffmann (MTG Mannheim, 88,79 Meter)* und Lars Hamann (Dresdner SC; 86,71 m) rangieren vier Deutsche unter den elf Weltbesten, dicht gefolgt vom Mainzer Julian Weber (85,85 m, der sich früh in der Saison verletzt hat. Und in der ewigen Weltbestenliste finden sich mit Vetter, Röhler und dem ehemaligen Deutschen Rekordhalter Raymund Hecht (SC Magdeburg, 92,60 Meter) drei DLV-Werfer unter den ersten Sieben.

„Wir sind so etwas wie die Leuchttürme in der deutschen Leichtathletik-Szene“, sagt so auch Bundestrainer Boris Obergföll (Offenburg) völlig zurecht. Der Erfolg ist um so bemerkenswerter, da das Leistungsniveau sich international stark nach oben entwickelt hat. „Noch nie war das Niveau in unserer Disziplin so hoch“, sagt Obergföll, der im Speerwurf mit einer Bestleistung von 90,44 Metern selbst zur Weltspitze zählte und zwei WM-Bronzemedaillen gewann.

Erfolgsrezept: Teamwork und gegenseitiger Austausch

Die Frage nach dem Erfolgsgeheimnis drängt sich auf. „Der Erfolgt hängt von vielen Faktoren ab", sagt Obergföll. Zuallererst spricht er vom Team und dem Teamgeist, der unter den Speerwerfern herrscht. Ständiger Austausch unter den Trainern in Jena, Mannheim, Offenburg und Potsdam. „Jeder honoriert die Leistung des anderen“, ist Obergföll überzeigt. Man tausche sich regelmäßig aus über biomechanische Feinheiten des Speerwerfens. „Wir alle wissen, dass die finanzielle Förderung von der Leistung des gesamten Teams abhängt", sagt der ehemalige Weltklasse-Werfer.

Bei aller Team-Orientierung: Auch im Speerwerfen sind lauter Individualisten am Werk. Allein sechs deutsche Speerwerfer zählen zur erweiterten Weltklasse, als Sechster im Bunde hat 2017 auch der Potsdamer Bernhard Seifert (84,62 m) die WM-Norm überboten. Speerwerfen boomt. „Es macht großen Spaß, als Bundestrainer zu arbeiten“, hört man einen zufriedenen Bundestrainer sagen.

Saison 2017 auch ohne Diamond Trophy "überragend"

„2017 ist eine überragende Saison“, weiß Weltmeister Johannes Vetter um die außergewöhnliche Situation. Mit seinem Deutschen Rekord von 94,44 Metern in Luzern (Schweiz) hat er nicht nur in Deutschland viele Fans gewonnen, sondern auch in der Schweiz.

Dies bekam er beim Diamond League-Finale in Zürich zu spüren, wo die deutschen Speerwerfer in den Mittelpunkt gerückt waren. Dass der Tscheche Jakub Vadlejch, Schützling von Weltrekordhalter Jan Zelezny, das Finale und damit die 50.000 Dollar-Prämie kassierte, tat der überragenden Saison von Vetter und Röhler keinen Abbruch. “Vier Würfe über 85 Meter, das ist doch super“, kommentierte der Offenburger seine Leistung (86,15 m als Vierter) im Letzigrund.

Neue Ziele vor Augen

Drei Diamond League-Meetings hatte Thomas Röhler in dieser Saison gewonnen, die Wiederholung seines Gesamtsieges von 2015 gelang ihm als Zweiter mit 86,59 Metern jedoch nicht. „Ich hätte mir die Beibehaltung des bisherigen Modus mit der Punktewertung aus den vorherigen Meetings gewünscht“, sagte Röhler. Denn damit werde auch die Stabilität und das hohe Niveau während der gesamten Saison gewürdigt, so Röhler.

Thomas Röhler hat ein klares Ziel vor Augen. „Eine Tages 100 Meter werfen“, das hat er ständig im Kopf. Er halte dies für menschlich machbar, sagt er im Brustton der Überzeugung. Nach dem letzten Wettkampf am Sonntag (27. August) beim ISTAF in Berlin wird er den Speer ebenso wie seine Kollegen für eine Weile in die Ecke stellen. Erst im Februar, im Winter also, will der Olympiasieger ihn wieder herausholen. Vielleicht für den ganz großen Wurf, oder die Fortführung des Speerwurf-Märchens?

*Andreas Hofmann hat sich am Samstag bei der Universiade in Taipeh (Taiwan) sogar auf 91,07 Meter gesteigert und hinter dem Taiwanesen Chao-Tsun Cheng (91,36 m) Silber gewonnen. Dies hat die Reihenfolge der Weltbestenliste noch einmal durcheinander gewürfelt.

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