| Diamond League

Thomas Röhler – der Beste der Besten

Gleicher Ort, gleicher Speerwerfer, aber doch hätten die Bilder nicht unterschiedlicher sein können: Vor elf Tagen war Thomas Röhler nach dem Finale der EM in Zürich (Schweiz) noch mit hängenden Schultern aus dem Stadion geschlichen, am Donnerstag verließ er den Letzigrund mit einem sechs Kilo schweren Diamant-Pokal.
Alexandra Neuhaus

Die Diamond Trophy - das Symbol für den mehr als prestigeträchtigen, da 40.000 US-Dollar schweren Sieg im Diamond Race. Wer an diesem Abend mehr strahlte, der Plastik-Diamant oder sein neuer Besitzer, darüber lässt sich trefflich streiten. Denn Thomas Röhler lieferte in Zürich den besten Wettkampf seines Lebens ab.

„Heute ist wirklich alles aufgegangen“, diktierte der 22-Jährige der Journalistentraube, die beharrlich in der Mixed-Zone auf den neuen deutschen Speerwurf-Star gewartet hatte, geduldig in die Blöcke. „Direkt im ersten Versuch einen richtig weiten Wurf raushauen, das habe ich mit meinem Trainer trainiert. Dann werden die anderen Jungs fest.“ Hat geklappt. 87,63 Meter – so weit hatte er noch nie geworfen. Und der Beweis, dass in einem Speerwurf-Wettkampf nicht nur Kraftwerte und Technik zählen, sondern mindestens ein genauso starker Kopf und eine gute Portion Psychospiel.

Neben dem Preisgeld in Zürich von 10.000 US-Dollar sahnte Thomas Röhler auch den Jackpot von 40.000-US-Dollar ab („Geld wird nicht schlecht, das lege ich an“) und freute sich über die damit auch verbundene schon sichere Qualifikation für die WM 2015 in Peking (China). „Das ist viel wert, denn auch wenn man es ungern zugibt, so eine Quali-Weite ist immer eine kleine Belastung für den Kopf.“

Wettkampf mit WM-Final-Qualität

Dabei bestand die Konkurrenz nicht aus irgendwelchen Werfern – in Zürich kam die Créme de la Créme zusammen. „Das hatte schon den Charakter eines WM-Finals“, sagte auch Röhler. Da war der Olympiasieger Keshorn Walcott (Trinidad und Tobago), da war Weltmeister Vitezslav Vesely (Tschechische Republik), da war Europameister Antti Ruuskanen (Finnland) und nicht zu vergessen der Weltjahresbeste Abdelraham El Sayed (Ägypten) und 90-Meter-Werfer und Medaillensammler Tero Pitkämäki (Finnland).

„Das sind die Jungs, von denen ich mir immer Youtube-Videos angeschaut habe, um von ihnen das Speerwerfen zu lernen“, sagt Thomas Röhler. Wenn man so will, war Thomas Röhler an diesem Abend der Beste der Besten, konnte diese Jungs in Zürich doch noch etwas von dem jungen Deutschen lernen, der mit seinen 22 Jahren strenggenommen immer noch zum Nachwuchs zählt. Eine Tatsache, die man angesichts seiner drei deutschen Meistertitel gerne vergisst.

Reset-Knopf gefunden

Dabei war der Wettkampf im Züricher Letzigrund für Thomas Röhler selber kein einfacher. Die Erinnerungen an seine sportlich wohl bislang größte Niederlage waren frisch. Als Medaillenkandidat angereist verpasste er das EM-Finale als Zwölfter deutlich. 70,31 Meter – indiskutabel für einen Werfern von Röhlers Kaliber. Damals kam er mit dem Boden nicht zurecht, fand keinen Halt.

„Das war, wie mit Badelatschen auf einer nassen Wiese zu werfen“, erinnert sich Röhler, der mit seinen 88 Kilo verteilt auf 1,91 Meter Körpergröße leichter als ein Großteil der anderen Werfer ist und mit seiner bisherigen Abwurftechnik nicht genügend Druck in den neuen Belag des Letzigrunds bekam. Zum Vergleich: Ein Vitezslav Vesely bringt bei 1,86 Metern Körpergröße 92 Kilo auf die Waage. „Ich musste vor dem Diamond League Finale auf Reset drücken, die Erinnerung ausschalten, dafür bin ich stark genug im Kopf“, sagt Tomas Röhler.

90 Meter im Blick

Gemeinsam mit seinem Trainer Harro Schwuchow analysierte er den Wettkampf, drehte an ein paar Stellschrauben. Ein Parameter: die Spikes. „So spitze Dornen hatte ich wohl noch nie unter den Füßen.“ Ein weiteres Detail: Der Winkel, in dem er den Stemmfuß aufsetzte. In Kombination eine Rechnung, die aufging und ihm einen Traum-Wettkampf bescherte. Denn nach Bestleistung im ersten Durchgang war auch die Serie gut wie nie – allein vier Würfe landeten jenseits der 83-Meter-Marke. „Auf diese Stabilität bin ich stolz.“ Mit 87,63 Metern schiebt er sich zudem auf Platz fünf der ewigen deutschen Bestenliste. „Ach ja, ist nett, aber ich bin nicht so der Bestenlisten-Fan“, sagt Röhler zu dieser Statistik.

Mehr Interesse weckt dagegen die 90-Meter-Marke. „Die rückt näher“, stellt er fest und ein feines Lächeln umspielt dabei seine Mundwinkel. „In meinem Kopf gibt es keine Grenzen“, sagt er. „Aber ich werde diese Marke nicht gezielt jagen.“ Wohl aber im kommenden Jahr bewusst Wettkämpfe aufsuchen, die für große Weiten bekannt sind. Denn: „Ich will meine Bestleistung in meiner Karriere schon so gut es geht ausreizen.“ Eine Karriere, die gerade erst begonnen hat.

<link news:36575>Thomas Röhler holt sich Jackpot im Diamond Race

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