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Laura Müller: Mit Geduld ans Ziel

Darauf musste Laura Müller (LC Rehlingen) lange warten: Mit 52,79 Sekunden knackte sie über 400 Meter in diesem Winter endlich auch in der Halle die 53-Sekunden-Marke. Der Erfolg gibt ihr viel Selbstvertrauen, auch im Sommer ein großes Ziel zu erreichen – dann allerdings über 200 Meter.
Philip Häfner

Laura Müller und die Halle – das war wahrlich keine Liebe auf den ersten Blick. Immer wieder hatte die 400-Meter-Sprinterin dort in der Vergangenheit bittere Enttäuschungen erlebt. Vier Jahre lang wartete sie vergeblich darauf, auch im Winter endlich einmal unter 53 Sekunden zu laufen.

In diesem Jahr gelang ihr das dann aber sogar gleich doppelt. Erst rannte sie beim Erfurt Indoor mit 52,79 Sekunden neue persönliche Bestleistung, die sie anschließend bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig mit 52,92 Sekunden bestätigte.

Auch deshalb fühlte sich der zweite Platz bei den Titelkämpfen für sie an wie ein Sieg. „Ich habe Silber gewonnen und nicht Gold verloren“, sagt Laura Müller, die als Jahresschnellste in Leipzig an den Start ging. Die Regensburgerin Corinna Schwab war im Finale mit 52,65 Sekunden jedoch nicht zu schlagen. „Ich habe mein Bestes gegeben, aber Corinna war einfach super stark. So ist es im Sport: Die Beste gewinnt.“

Leipzig-Trauma abgehakt

Doch warum dauerte es so lang, bis auch in der Halle endlich der Knoten platzte? „Ich denke, ich bin einfach nicht so der Hallentyp“, sagt die 24-Jährige. „Ich bin froh, wenn ich meine eigene Bahn habe und mein eigenes Tempo laufen kann. Diese taktischen Rennen und dieser Körperkontakt in der Halle sind nicht so meins.“

Gerade an die Arena in Leipzig hatte sie dabei schlechte Erinnerungen. Dort hatte die Sprinterin 2017 einen schmerzhaften Zusammenprall mit einem Kameramann erlebt. Und war bereits ein Jahr zuvor an gleicher Stelle nur Minuten nach dem vermeintlichen Titelgewinn disqualifiziert worden, weil sie vor der zweiten Kurve auf eine Linie getreten war. Im vergangenen Jahr ging sie das Rennen dann zu schnell an, brach auf der zweiten Runde ein und wurde bis zum Ziel noch von Nadine Gonska (MTG Mannheim) und Luna Bulmahn (VfL Eintracht Hannover) überholt.

„Man muss das abhaken“, sagt sie. „In den vergangenen Jahren bin ich meistens entweder zu schnell angegangen oder einen Tick zu langsam. Erst in dieser Saison ist es mir vor allem in Erfurt endlich einmal gelungen, mein Tempo zu treffen.“

Wendler-Wirbel um ihre Person

Dabei hatte sie sich zusammen mit ihrem Trainer Ulrich Knapp gar nicht speziell auf die abgelaufene Hallensaison vorbereitet. „Wir haben im Winter vor allem Grundlagen trainiert und die Halle eher aus dem Training heraus bestritten, einfach um zu schauen, wo wir stehen“, sagt sie.

Mit Blick auf den Sommer weiß sich die Vizemeisterin auf einem guten Weg. Dabei lässt sich Laura Müller auch von ein paar sonderbaren Vorkommnissen um ihre Person nicht ablenken. Im Internet war sie zuletzt häufiger mit einer Namenskollegin verwechselt worden: der Lebenspartnerin von Schlagersänger Michael Wendler. Neben fehlgeleiteten Autogrammwünschen erreichten sie auch viele Beleidigungen und sogar Nacktbilder aus dem Playboy-Shooting der anderen Laura Müller.

Auf Instagram hatte sie ihrem Ärger darüber Luft gemacht, zahlreiche Medien hatten das Thema daraufhin aufgegriffen. Mittlerweile hat sich die Lage wieder etwas beruhigt. „Seit dem Post ist nicht so viel passiert. Ich konzentriere mich nach wie vor auf meinen Alltag, das Training und die Uni. Ich habe viele nette Nachrichten bekommen, aber ich denke es gibt wichtigere Themen als diese Verwechslungsstory“, meint die Sportlerin vom LC Rehlingen.

Tendenz geht zu den 200 Metern

Etwa die Frage, auf welcher Strecke sie künftig antreten wird. Die Tendenz geht dabei eher zu den kürzeren Distanzen. Im vergangenen Jahr hatte Müller über 100 Meter für Furore gesorgt und mit 11,15 Sekunden sogar die WM-Norm unterboten.

In diesem Sommer liegt die oberste Priorität auf den 200 Metern. „Auf dieser Strecke sind die Chancen im internationalen Vergleich am größten“, meint sie. „Über 400 Meter ist das Niveau in der Welt momentan einfach Wahnsinn – da laufen sie ganz vorn Zeiten von 48 Sekunden. Aber über 200 Meter kann man mit einer 22er-Zeit durchaus mitmischen.“

Einzelstart bei Olympia als Ziel

Ihr großer Traum ist ein Start im Einzel bei den Olympischen Spielen in Tokio (Japan). In den vergangenen Jahren hatte sie bei Großereignissen häufig Pech. 2016 war sie die Einzelnorm für Olympia in Rio de Janeiro (Brasilien) einen Monat zu spät gelaufen und startete deshalb lediglich in der Staffel; 2017 war sie bei den Weltmeisterschaften in London (Großbritannien) dann fest für einen Einzelstart vorgesehen, doch der Noro-Virus machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Erneut musste sie sich mit der Staffel begnügen.

2019 fanden die Weltmeisterschaften ion Doha (Katar) dann gleich ganz ohne sie statt. Nach dem vielversprechenden Saisonstart zog sie sich Mitte Juni einen Muskelfaserriss zu, verlor wichtige Trainings- und Wettkampfwochen. Hinzu kamen Rückenprobleme. Bei den Deutschen Meisterschaften Anfang August bestritt sie zwar noch den Vorlauf, wurde dann aber von ihrem Heim- und Bundestrainer Ulrich Knapp vorsorglich aus dem Wettbewerb genommen. Kurz darauf brach sie die Saison endgültig ab.

Veränderte Vorbereitung

„Ich hätte den WM-Start vielleicht noch irgendwie erzwingen können. Aber im Leistungssport muss man auf seinen Körper schauen und ein bisschen langfristiger denken. Olympia ist einfach wichtiger. Für meinen Körper war es gut, die nötige Ruhe zu bekommen, um alles ausheilen zu können und danach mit voller Energie in die Vorbereitung zu starten“, erklärt Müller.

In diesem Jahr will sie sich nun für ihre Geduld belohnen. In der Halle ist ihr das bereits gelungen – jetzt will die Rehlingerin auch draußen den nächsten Schritt machen. Die Vorbereitung auf die Freiluftsaison fällt durch die Corona-Pandemie und das jüngste Einreiseverbot der USA für Europäer allerdings anders aus als geplant. Eigentlich wollte der DLV-Kader am 26. März nach Clermont (USA) reisen, wo Ende Mai auch die ersten Wettkämpfe über 100 Meter und 200 Meter vorgesehen waren. Stattdessen findet Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Tokio bis auf Weiteres am Bundesstützpunkt statt.

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